Premier unter Druck

Jetzt ermittelt Polizei wegen Boris Johnsons Partys

Großbritanniens Premier Boris Johnson steht das Wasser zum Hals. (ARCHIVBILD)
Veröffentlicht: 25. Jänner 2022 11:57 Uhr
Die Londoner Polizei ermittelt zu mehreren Partys im Amtssitz von Premierminister Boris Johnson und in anderen Regierungsgebäuden. "Ich kann bestätigen, dass die Metropolitan Police zu einer Reihe von Veranstaltungen im Zusammenhang mit potenziellen Verstößen gegen die Corona-Auflagen ermittelt (...)", sagte Scotland-Yard-Chefin Cressida Dick am Dienstag.

Eigentlich war in dieser Woche mit der Veröffentlichung des Berichts der Spitzenbeamtin Sue Gray gerechnet worden. Der Premier selbst begrüßte die Ermittlungen der Polizei. "Ich glaube, das wird der Öffentlichkeit die Klarheit geben, die sie braucht, und dabei helfen, einen Schlussstrich zu ziehen", sagte Johnson im Parlament. Ein Sprecher hatte zuvor betont, Johnson werde vollumfänglich kooperieren.

Illegale Partys: Johnson unter Druck

Der britische Premier steht seit Wochen wegen Berichten über mutmaßlich illegale Partys in seinem Amtssitz massiv unter Druck. Laufend gibt es neue Enthüllungen über Feiern. Ihm droht ein Misstrauensvotum.

Die Ermittlungen der Polizei stellen eine neue Eskalationsstufe in der "Partygate"-Affäre dar. Andererseits könnten sie Johnson Luft verschaffen, wie unter anderem der ITV-Korrespondent Paul Brand kommentierte. "Es kauft ihm Zeit und lässt Erinnerungen verblassen", schrieb Brand auf Twitter.

Johnson entschuldigte sich

Johnson entschuldigte sich zuletzt wiederholt für diverse Partys und mögliche Fehleinschätzungen - auch bei Königin Elizabeth. Die Enthüllungen haben die Zustimmungswerte für den Premier und für seine Konservative Partei einbrechen lassen. Dem Premierminister schlägt auch aus den eigenen Reihen immer mehr Gegenwind entgegen. Eine parteiinterne Revolte konnte Johnson kürzlich abwehren. Es kamen nicht genügend Stimmen zusammen, um innerhalb der Konservativen Partei im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Doch die Rufe nach einem Rücktritt verhallen nicht. Mit einem freiwilligen Abgang Johnsons wird allerdings kaum gerechnet.

Zuletzt hatte der Fernsehsender ITV berichtet, Johnson habe im Juni 2020 in seinem Amtssitz 10 Downing Street in größerer Gesellschaft Geburtstag gefeiert. Private Treffen in Innenräumen waren damals nicht erlaubt. Die Regierung dementierte den Bericht vom Montag im Grundsatz nicht.

Verheerende Reaktionen auf Ermittlungen

Die Reaktionen in den Dienstagsausgaben der Zeitungen auf die jüngste enthüllte Party waren verheerend. Viele Zeitungen nahmen ein Foto Johnsons mit einer Geburtstagstorte auf die Titelseite. Die "Sun" titelte spöttisch "You can't have your birthday cake...and eat it, Boris" - eine Anspielung auf ein englisches Sprichwort, das ins Gegenteil verwandelt als Johnsons Motto gilt. Im Original bedeutet es: Man kann einen Kuchen nicht essen und gleichzeitig für später aufbewahren. Besonders während der Brexit-Verhandlungen war Johnson aber offenkundig der Meinung, er könne das sehr wohl - und wollte die Vorteile der EU-Mitgliedschaft trotz Austritts gerne behalten. In Brüssel wurde das als Rosinenpicken bezeichnet und abgeblockt. Für Spott sorgte auch, dass Johnson zu Beginn der Pandemie immer wieder betont hatte, man solle sich so lange die Hände waschen, bis man zweimal "Happy Birthday" gesungen habe.

Bei der angeblichen Feier am 19. Juni 2020 zu Johnsons 56. Geburtstag soll seine heutige Frau Carrie dem ITV-Bericht zufolge "Happy Birthday" als Ständchen angestimmt haben. Neben der Torte soll es auch ein Picknick mit Leckereien einer bekannten Kaufhaus-und Feinkostkette gegeben haben. Auch die Designerin Lulu Lytle, die damals für viel Geld die Dienstwohnung der Johnsons renovierte, soll dabei gewesen sein. Später seien mehrere Familienmitglieder zu einer privaten Feier in der Wohnung der Johnsons gewesen.

Eine Regierungssprecherin bestritt den Bericht über die Zusammenkunft nicht, wertete sie aber trotz anhaltender Kritik daran nicht als Party, sondern als kurzes Treffen von Mitarbeitern im Anschluss an eine Besprechung, um dem Premier zu gratulieren. Johnson sei weniger als zehn Minuten dabei gewesen. Insgesamt habe das Event nur 20 bis 30 Minuten gedauert. Den Bericht über Gäste in der Dienstwohnung wies die Sprecherin als "komplett unwahr" zurück. Johnson habe lediglich eine kleine Gruppe von Familienmitgliedern im Freien empfangen.

Oppositionschef Keir Starmer von der Labour Party kritisierte die Regierung als "chaotisch und steuerlos" und forderte zum wiederholten Mal Johnsons Rücktritt. "Er muss gehen", bekräftigte Starmer.

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(Quelle: apa)

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