Beim Streit über den von Großbritannien zum 31. Oktober geplanten Brexit geht es vor allem darum, dass Johnson das bereits ausgehandelte Austrittsabkommen noch einmal aufschnüren will, um die sogenannte Backstop-Klausel zu streichen. Die EU lehnt das kategorisch ab und verweist darauf, dass die Klausel verhindern soll, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen.
Johnson droht mit "No Deal"
Johnson sieht den Backstop hingegen als ein "Instrument der Einkerkerung", weil es das britische Nordirland in Zollunion und Binnenmarkt halten könnte, wenn bei den noch ausstehenden Verhandlungen über die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien keine Einigkeit erzielt wird. Aus EU-Kreisen hieß es am Sonntag, man sei bereit mit Johnson über Alternativen zum Backstop zu reden. Vorschläge dafür müssten aber von britischer Seite kommen.
Johnson hatte zuletzt wiederholt betont, er sei überzeugt, dass ein geregelter EU-Austritt zum derzeitigen Brexit-Stichtag am 31. Oktober machbar sei. Notfalls will er sein Land aber auch ohne ein Brexit-Abkommen aus der EU führen. Letzteres Szenario dürfte vor allem für die Wirtschaft erhebliche Konsequenzen haben, weil nach derzeitigem Stand der Dinge wieder Zölle und Grenzkontrollen eingeführt werden müssten. Dem TV-Sender Sky News sagte Johnson am Rande des G-7-Gipfels, er sehe eine "realistische Chance" auf eine Einigung. Zugleich betonte er allerdings, dass das von seiner Vorgängerin Theresa May ausgehandelte Austrittsabkommen tot sei. Das müssten die europäischen Freunde anerkennen.
Gespräche beim G7-Gipfel
Johnson wiederholte zudem Drohungen, im Fall eines No-Deal-Brexits noch ausstehende Zahlungen an die EU kürzen. Wenn es keinen Deal gebe, werde man rechtlich nicht gebunden sein, 39 Milliarden Pfund zu zahlen, sagte Johnson. Sky News und die "Mail on Sunday" hatte zuvor berichtet, es könnten eventuell nur noch neun Milliarden Pfund gezahlt werden. Grund sei, dass es keine Kosten in Zusammenhang mit einer Übergangsperiode gebe. Das Büro von Johnson war zunächst nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Aus EU-Kreisen hieß es am Sonntag nach dem Treffen zwischen Johnson und Tusk, das Thema sei von der britischen Seite nicht angesprochen worden. Zudem wurde betont, dass die von Johnson genannte Summe von 39 Milliarden Pfund (43 Mrd. Euro) keine EU-Zahl sei. Den Angaben zufolge könnte die Abschlussrechnung niedriger ausfallen. Sie werde bekanntgegeben, wenn feststehe, wann Großbritannien die EU verlasse, hieß es.
Der G-7-Gipfel in Biarritz endet an diesem Montag. Es wurde erwartet, dass Johnson zum Abschluss noch eine Pressekonferenz gibt.
(Quelle: salzburg24)