Welt

Justizausschuss schickt StGB-Reform ins Plenum

Veröffentlicht: 30. Juni 2015 17:03 Uhr
Der Justizausschuss schickt zwei große Reformen in die Juli-Plenarsitzungen des Nationalrates: Die Strafgesetzbuch-Reform wurde am Dienstag von SPÖ, ÖVP und NEOS beschlossen, die Weisungsrechtsreform von SPÖ, ÖVP und FPÖ. Die Grünen trugen beide Reformen nicht mit. Die Urheberrechtsreform war zwar kein Thema im Ausschuss, wird aber dennoch im Juli-Plenum beschlossen.

Dafür haben SPÖ und ÖVP bei der vorigen Nationalratssitzung mit einem Fristsetzungsantrag gesorgt. Denn die Opposition hatte sich noch intensive Diskussionen - die NEOS etwa ein Expertenhearing - gewünscht. SPÖ und ÖVP wollten ein "Zerfleddern" des ohnehin schon lange diskutierten Kompromiss-Entwurfs verhindern und sorgten mit der Fristsetzung dafür, dass die Novelle im Juli-Plenum auch ohne Ausschussberatung beschlossen werden kann.

Über den Ausschussbeschluss zur Strafrechts- und zur Weisungsrechtsreform freute sich Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP): Damit seien "einmal mehr wichtige Reformvorhaben aus dem Justizbereich auf dem Weg". Beide Reformen sollen mit 1. Jänner 2016 in Kraft treten.

Hauptziel der Strafrechtsreform ist eine ausgewogene Balance der Strafrahmen zwischen Vermögensdelikten und Delikten gegen Leib und Leben. Dafür werden Straftaten gegen den höchstpersönlichen Lebensbereich deutlich stärker bestraft - und bei Vermögensdelikten die (Wert)Grenze angehoben, ab der die volle Härte des Gesetzes gilt.

Neu strafbar werden u.a. Cybermobbing und die Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung. Insgesamt werden rund 200 Strafrechts-Tatbestände an die gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst. Nach Begutachtung und Expertenhearing kam es noch zu einigen kleineren Änderungen an Brandstetters Entwurf. Die darin nicht enthaltene Neuregelung der Untreue-Regelung wird mit einem SP-VP-Initiativantrag ergänzt, über den sich die Justizsprecher Hannes Jarolim (S) und Michaela Steinacker (V) in letzter Minute geeinigt haben.

Intensiv diskutiert und verhandelt - mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) - wurde auch über die erweiterten Strafen für Sexualdelikte. Brandstetter nennt die StGB-Reform einen "respektablen Erfolg der Regierungskoalition, über den ich mich sehr freue".

Die Reform des Weisungsrechts hat der Minister - früher Strafverteidiger in vielen großen Wirtschaftsverfahren und auch der Causa Aliyev - bei Amtsantritt angekündigt. Zu der von vielen - u.a. den Staatsanwälten und Richtern - erhofften Übertragung des Weisungsrechts vom Minister an ein unabhängiges Organ kommt es nicht. Eine von Brandstetter eingesetzte Expertengruppe hat stattdessen empfohlen, gesetzlich einen unabhängigen Weisungsrat zu installieren. Bestehend aus dem Generalprokurator und zwei externen Strafrechtsexperten, soll er als Kontrollorgan für Weisungsfälle und alle Fälle von besonderem öffentlichem Interesse Transparenz sicherstellen. Gleichzeitig werden die Berichtspflichten der Staatsanwaltschaften deutlich reduziert, um die Verfahrensdauer zu beschleunigen. Überdies wird mit der Novelle zum Staatsanwaltschaftsgesetz die Whistleblower-Homepage gesetzlich verankert. Brandstetter hofft, dass die Reform "das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz durch Unabhängigkeit und Transparenz weiter stärkt".

Die StGB-Reform sei angesichts der Fülle an neuen Bestimmungen "natürlich ein Kompromiss - aus Sicht der SPÖ aber ein herzeigbarer, der den Anforderungen an eine rationale, moderne Strafrechtspolitik gerecht wird", stellte Justizsprecher Jarolim in einer Aussendung fest. ÖVP-Justizsprecherin Steinacker lobte die Weisungsrechtsreform als "sehr gute Lösung" - zumal eine "unbürokratische und damit finanziell sehr günstige Lösung" gefunden worden sei, für die keine neuen Behörde geschaffen werden muss.

Die Opposition steht den beiden am Dienstag im Justizausschuss beschlossenen Reformen größtenteils kritisch gegenüber. Pro Reform konnten die Regierungsparteien jeweils nur eine Oppositionspartei zur Zustimmung bewegen: Die NEOS trugen die Strafrechtsreform mit, die FPÖ die des Weisungsrechts.

Die Grünen war mit keiner der beiden Vorlagen von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) zufrieden: Mit der StGB-Reform gelinge es nicht wirklich, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Strafen für Vermögens- und Gewaltdelikte herzustellen, merkte Justizsprecher Albert Steinhauser an. Außerdem geht ihm die Änderung des Suchtmittelgesetzes in Richtung "Therapie statt Strafe" nicht weit genug - und der (für Demonstrationen relevante) Paragraf zum Landfriedensbruch sollte aus seiner Sicht komplett gestrichen werden.

Der FPÖ sind die neuen Wertgrenzen bei Vermögensdelikten noch immer zu hoch - auch wenn letztlich schon ab 300.000 Euro (nicht wie geplant 500.000 Euro) zehn Jahre Haft auf Diebstahl, Betrug u.ä. stehen. Bisher liegt die Grenze bei 50.000 Euro. Außerdem forderte FPÖ-Abg. Gernot Darmann ein Tätigkeitsverbot für Sexualtäter in Erziehungsberufen. Das Team Stronach lehnte die Strafrechtsreform - mit Blick auf Untreue und Bilanzfälschung - als "wirtschaftsfeindlich" ab.

Nur ein "Feigenblatt" sieht Gabriela Moser in der Weisungsrechtsreform, die Grünen drängen auf Übertragung des Weisungsrechts vom Minister an einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt. Dafür wären auch die NEOS, Nikolaus Scherak nannte die Novelle einen "falschen Kompromiss". Kathrin Nachbaur (Team Stronach) hat zwar kein Problem mit dem Weisungsrat, aber ihr missfällt, dass dieser bei der Generalprokuratur angesiedelt und von deren Chef geleitet wird.

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

25.09.2025
Kultserie

"Baywatch" bekommt Neuauflage

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken