Die Suche nach Projekten der freien Szene, die vom Grundkonzept her eigentlich in jeder Saison Projekte am Haus machen sollte, gestalte sich dabei überraschend schwierig. "Außer Walter Kobera will eigentlich niemand hier spielen", bedauerte Geyer. Deshalb realisiert Kobera mit seiner Neuen Oper Wien erneut eine Produktion in der Kammeroper (Schostakowitschs "Die Nase"). Ein Problem sei die geforderte lange Vorplanung, die von den meisten freien Gruppen nicht zu leisten sei. Das zweite Hindernis sei die Guckkastenbühne, die bei wenigen aus der Szene auf Interesse stoße, die lieber ungewohnte Orte bespielten.
Deshalb findet sich mit Joseph Haydns "Orlando Paladino" der Ad libitum Konzertwerkstatt/Projekt Purpur erstmals ein Gastspiel am Haus. Dieses System werde man allerdings nicht ausweiten, unterstrich Geyer: "Ich habe kein Interesse, das Haus zum Gastspielhaus zu machen." Da aber alle Mitglieder des Jungen Ensembles (JET) im Theater an der Wien in der "Poppea" verpflichtet sind, habe sich eine mögliche Lücke ergeben. "Es gibt eine intensive künstlerische Vervollständigung zwischen den zwei Häusern", freute sich Geyer.
Ein Hauptaugenmerk liegt dabei aber naturgemäß auf den Eigenproduktionen mit dem JET. Mit Tommaso Traettas "Antigone" blickt man im November auf die Reformoper an der Schnittstelle zwischen Barock und Klassik zurück. Im März folgt Georges Bizets "Carmen" in einem Arrangement von Tscho Theissing für Akkordeon, Violine und Kontrabass. "Wir haben uns gedacht, dass in der Kammeroper vielleicht ein intimerer Blick auf das Werk möglich ist als an den großen Häusern", so deren künstlerischer Leiter Sebastian Schwarz: "Es soll eine Art Jazzversion der 'Carmen' werden."
Den Abschluss bildet im Mai Humperdincks "Hänsel und Gretel", wofür erneut Christiane Lutz nach ihrer fulminanten "Rinaldo"-Inszenierung ans Haus zurückkehrt. Sie werde die sozialkritischen Aspekte herausarbeiten, versprach Schwarz: "Ich glaube, dass dieses Werk erwachsenentauglich ist." Auch hier gibt es eine Redimensionierung auf 13 Instrumente inklusive Hackbrett. Hinzu kommen in der Saison noch die traditionellen Porträtkonzerte der Ensemblemitglieder, Schulvorstellungen und das Silvesterkonzert "The Flying Schnörtzenbrekkers".
Das JET verstehe sich dabei nicht als Opernschule, unterstrich Schwarz. Man suche keine Studenten, sondern Sänger, die bereits zwei Schritte weiter seien: "Ich wünsche mir eigentlich Sänger, die schon einmal von einem Dirigenten zusammengeschrien wurden." Denn notwendig seien Künstler, die bereits Überlebensstrategien entwickelt hätten. Zugleich geht das JET mit der "Semiramide" und dem "Rinaldo" selbst auf Tournee zu den Händel-Festspielen in Halle respektive ans Bolschoi.
Mit den Zahlen zeigte sich Geschäftsführerin Renate Futterknecht zufrieden: 91 Prozent Auslastung in der laufenden Saison und 620 Abonnements. Für die kommende Saison werden nun 13.000 Karten aufgelegt, wobei die Preise gleich bleiben. Klar ist derzeit, dass jene, die bis September Karten für kommendes Jahr kaufen, noch die Mehrwertsteuer in Höhe von 10 Prozent zahlen. Intendant Geyer zeigte sich dabei mit der Steueranhebung wenig glücklich: "Ich teile nicht die Meinung, dass wir froh sein sollten, dass es 'nur' 13 statt 20 Prozent geworden sind."
Das Programm in der Kammeroper Wien in der Saison 2015/16:
(S E R V I C E -)
(Quelle: salzburg24)