Der Vorschlag der ÖVP wäre "ein Aus-der-Hand-Geben eines der wichtigsten sozial- und wirtschaftspolitischen Themen, die wir haben", sagte Faymann. Der SPÖ-Vorsitzende sprach sich auch gegen eine schnellere Angleichung des Pensionsalters bei den Frauen aus: "Für Dinge, die menschlich nicht in Ordnung sind, weil sie unzumutbar sind, stehen wir Sozialdemokraten nicht zur Verfügung."
In vielen europäischen Ländern sei nun "die Stunde der Nationalisten", die Politik in Europa habe in vielen Bereichen die politischen Instrumente aus der Hand gegeben, meinte Faymann. Es habe so lange gegolten "privat ist gut und Staat ist schlecht", dass es in vielen Ländern gar nicht mehr die Möglichkeit des Staates gebe, ausreichend faire Steuern einzuheben.
Die "Neoliberalen, die alles privatisieren wollen" und dann zuschauten, wie Private unkontrolliert auf Finanzmärkten in der Spekulation Milliarden versenkt hätten, hätten "lange genug die Oberhand gehabt", erklärte Faymann: Man müsse wieder dazu kommen, "dass ein sparsam agierender, effizienter Staat für die Leute da ist", dies sei allemal mehr wert als "diese Privatisiererei mit der Spekulation." In Österreich werde man sehr darauf schauen, dass "die Neoliberalisierer mit ihren flotten Sprüchen" nichts kaputt machten.
Seinen burgenländischen Parteifreunden streute der Kanzler Rosen: Es sei beeindruckend, wie die burgenländische Sozialdemokratie zusammenhalte: "Glaubt mir, ich hätte das gern in ganz Österreich so in der Sozialdemokratie."
Landeshauptmann Hans Niessl schwor in seiner Rede die burgenländischen Sozialdemokraten schon auf den kommenden Landtagswahlkampf ein. Der voraussichtlich am 31. Mai 2015 stattfindende Urnengang sei diesmal die "absolut die schwierigste Wahl", sagte Niessl. Ziel der SPÖ sei "47 plus, keine Mehrheit gegen die Sozialdemokratie im Burgenland."
Die Abschaffung des Proporzes bei der Zusammensetzung der Landesregierung ermögliche Koalitionsregierungen - bei entsprechenden Mehrheitsverhältnissen auch gegen die SPÖ. Landeshauptmannstellvertreter Franz Steindl (ÖVP) habe bereits gesagt, nicht die Wähler würden den Landeshauptmann wählen, sondern der Landtag. "Schlag nach bei (Bundeskanzler Wolfgang) Schüssel", erklärte Niessl: "Genau diese Trickserei, wie es Schüssel gemacht hat, die droht auch im Burgenland."
Deshalb appelliere er an die Sozialdemokratie, hart zu arbeiten. "Die Ausgangsposition ist gut", sagte der Landeshauptmann. Allerdings liege man in der bisher letzten Umfrage mit 47 Prozent noch unter dem Wahlergebnis von 2010: "Noch gibt es eine Mehrheit gegen die SPÖ", aber die Betonung liege auf "noch".
Politisch sei eine der wesentlichsten Herausforderungen, für mehr Gerechtigkeit und für eine Entlastung des Mittelstandes und der Klein- und Mittelbetriebe zu sorgen, so der Landeshauptmann. Die SPÖ Burgenland stehe hinter dem Weg von Bundeskanzler Faymann, sich für eine Steuerreform und konjunkturbelebende Maßnahmen einzusetzen: "Du hast unsere volle Unterstützung", versicherte Niessl dem Regierungschef.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos hält indes eine Volksbefragung über die geplante Steuerreform für denkbar. Wenn sich die beiden Koalitionsparteien nicht einigen sollten, wäre es aus seiner Sicht "durchaus empfehlenswert", das Volk zu befragen, meinte Darabos am Samstag im Ö1-"Journal zu Gast". Darabos geht aber von einer Verständigung aus, zumal er auch in der ÖVP Bewegung ortet. Darabos bekräftigte zugleich die Forderung der SPÖ nach Vermögenssteuern. In der Wortwahl will er allerdings beim Begriff "Millionärssteuer" bleiben, weil man die Häuslbauer nicht verschrecken wolle.
Darabos handelte sich damit die erwartete Kritik ein. Nicht nur der Opposition, sondern auch dem Koaltionspartner missfielen die Aussagen. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel forderte die SPÖ auf, sich an das vereinbarte Volumen für die Steuerreform von fünf Milliarden Euro zu halten. Blümel rief den Koalitionspartner auf, die Verantwortung als Regierungspartei über Parteitags-Polemik zu stellen. Im Gegensatz zur SPÖ, die den gesamten Betrag den Arbeitnehmern und Pensionisten zugute kommen lassen will, beharrt der ÖVP-Generalsekretär darauf, auch die Unternehmer und die Familien zu entlasten. Und Blümel bekräftigte auch, dass es die Steuerreform nicht auf Basis von Vermögenssteuern und auf Kosten gesunder Staatsfinanzen geben könne.
FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hielt Darabos vor, dass sich die SPÖ ihre einzige politische Forderung, die Steuerreform, "auf Punkt und Beistrich" von der Gewerkschaft einsagen habe lassen. Als einziges einendes Element der "ausgebrannten und fantasielosen" SPÖ-Spitze ortete Kickl "die Angst vor der FPÖ".
Der Grüne Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner warf Darabos vor, wenige Monate vor den vier Landtagswahlen im nächsten Jahr die Tür der SPÖ zu den Freiheitlichen "verstohlen" zu öffnen. "Das erfüllt fast schon den Tatbestand der gefährlichen Drohung - besonders für Wählerinnen und Wähler im Burgenland und in der Steiermark, wo die SPÖ offenbar aus Machtkalkül die blaue Karte spielen möchte", meinte Wallner.
Für den SPÖ-Bundesparteitag am kommenden Freitag und Samstag geht Darabos ebenso wie Klubobmann Andreas Schieder (in der "Tiroler Tageszeitung") davon aus, dass Parteivorsitzender Werner Faymann mehr als die mageren 83,4 Prozent vom letzten Mal erreichen wird. Eine konkrete Zahl nannten beide nicht. Als Motto für die Sozialdemokratie nannte Darabos jedenfalls "Zusammenrücken und Geschlossenheit zeigen". Man kämpfe jedenfalls "um jede Stimme" für Faymann. Unter seiner Führung sei die SPÖ die einzige Partei mit einem "sozialen Fußabdruck".
Den von der Sozialistischen Jugend in einem Antrag auf dem Parteitag geforderten Austritt aus der Koalition mit der ÖVP lehnt Darabos als "völlig falschen Weg" ab. Welche Belastungen eine schwarz-blaue Koalition für kleine Einkommensbezieher bringe habe man schon gesehen.
Kritische Worte gab es vom Koalitionspartner ÖVP: "Die SPÖ Burgenland übt sich im alten Klassenkampf und das noch am rechten Rand", erklärte ÖVP-Landesgeschäftsführer Christian Sagartz zum SPÖ-Landesparteitag. Das "Beschwören alter Dogmen wie Eigentumssteuern und Gesamtschule" und das "Anbiedern an die FPÖ in Sprache und aggressiver Wortwahl" habe sich am Parteitag fortgesetzt, so Sagartz.
(Quelle: salzburg24)