Malmström sagte, derartige Investor-Staat-Schiedsverfahren (ISDS) aus dem ausgehandelten EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) auszunehmen, wäre "keine gute Idee": "Es wäre ein Fehler, das Abkommen wieder zu öffnen." Dies könnte dazu führen, dass das Abkommen letztlich "den Bach hinuntergeht". Die Schwedin warnte auch vor der Folgewirkung, welche ein Herausnehmen solcher Bestimmungen für die Handelsbeziehungen mit anderen Ländern hätte.
Es dürfe "keinen Missbrauch'" beim Investitionsschutz geben. Wesentlich sei vor allem Transparenz bei den Verhandlungen, sagte sie in Hinblick auf TTIP. Es dürfe keine Einigung hinter verschlossenen Türen geben. Der Inhalt der Regelung sei wichtiger als die Fristen. Bestehende Sicherheitsstandards dürfen nicht gesenkt werden. Die scheidende Innenkommissarin meinte, es gebe heute bereits Tausende derartige Bestimmungen.
Die öffentlichen Interessen dürften nicht eingeschränkt werden. "Das muss der Leitfaden für künftige Verhandlungen sein." Der Bereich Investitionsschutz sei derzeit auf Eis gelegt worden. Auch der künftige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe zuletzt klar gesagt, dass er nicht akzeptieren würde, wenn die Rechtsprechung europäischer Gerichte durch Investorenschlichtungskammern "ausgehöhlt" würde.
Eine Sprecherin Junckers hatte zuvor darauf verwiesen, dass Juncker den Investitionsschutz bei TTIP abgelehnt habe, er habe aber nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada CETA gesprochen. Die CETA-Verhandlungen wurden zuletzt zwar abgeschlossen, aber im Europaparlament gibt es mehrere Forderungen zur Nachverhandlung.
Malmström wies außerdem Vorwürfe als "Lügen" zurück, sie habe in ihrer Zeit als Innenkommissarin versucht, im Einklang mit der US-Regierung die Reform des EU-Datenschutzes zu verwässern. Nach Angaben des "Spiegel", heißt es in einer Email des US-Handelsministeriums vom 12. Jänner 2012 hervor, Malmström und die EU-Generaldirektion Inneres "haben ähnliche Bedenken wie wir".
Noch während ihrer Anhörung kam für die Liberale Unterstützung von der Europäischen Volkspartei (EVP). "Malmström hat soeben Rückgrat bewiesen. Nach den sich überschlagenden Ereignissen am vergangenen Wochenende hätten viele geschwiegen und sich bei der Anhörung im Zuspruch der Investitionsgegner gewogen", so der CDU-Abgeordnete Daniel Caspary. "Wir brauchen in der Kommission keine Marionetten und Stichwortempfänger, sondern Kommissare, die sich einer Debatte inhaltlich stellten."
SPÖ-EU-Delegationsleiter Jörg Leichtfried, vermisste bei Malmström hingegen dezidierte Aussagen: "Professionell und engagiert im Auftreten, aber schwach in den konkreten Zusagen, was die umstrittenen Schiedsgerichte anbelangt. Wenn Malmström sagt, dass sie den Missbrauch der Schiedsgerichte mithilfe von voller Transparenz in den Verfahren verhindern will, so ist mir das zu wenig."
Malmström will Folgen eines möglichen Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union nicht diskutieren. Beim Hearing im EU-Parlament in Brüssel am Montag erklärte sie auf eine entsprechende Frage eines britischen Abgeordneten nach einem allfälligen Handelskrieg, "es liegt nicht in der europäischen Tradition, Handelskriege auszufechten".
Die EU "steht eher für friedliche Konfliktbeilegung". Allerdings werde sie keinerlei Diskussion über mögliche Auswirkungen des von London angekündigten Referendums anzetteln. "Wir wissen ja gar nicht, ob das stattfindet".
Sollten sich die Briten doch dafür entscheiden, bei einem Referendum für den Austritt Großbritanniens aus der EU zu sprechen, könnte immer noch über die Folgen für den Handel geredet werden. Die Frage des britischen Mandatars, ob sie dann ein neues Handelsabkommen EU-Großbritannien unterstützen würde, beantwortete Malmström damit, dass "ich diese Frage leider höflich umgehen muss. Ich habe gar nicht die Befugnis, auf derart theoretische Fragen einzugehen. Ich hoffe, Großbritannien bleibt bei uns".
Malmström wies in der Anhörung vor den EU-Abgeordneten auch "Lügen" und "Falschmeldungen" zurück, wonach sie als bisherige EU-Innenkommissarin Bemühungen der früheren EU-Justizkommissarin Viviane Reding um ein Datenschutzabkommen mit den USA blockiert hätte. Sie habe sich immer für den Datenschutz eingesetzt, versicherte Malmström.
(Quelle: salzburg24)