Welt

Menschenrechtslage im Iran unter Rohani verschlechtert

Veröffentlicht: 27. Juli 2015 11:37 Uhr
Eigentlich hat der als moderat geltende iranische Präsident Hassan Rohani bei seiner Wahl im Juni 2013 versprochen, eine Bürgerrechtscharta einzuführen und die Menschenrechtslage in der Islamischen Republik zu verbessern. Doch die unter Rohanis Vorgänger Mahmoud Ahmadinejad ohnehin katastrophale Menschenrechtssituation hat sich noch verschlimmert.

Restriktionen und Menschenrechtsverletzungen prägen den Alltag des schiitischen Gottesstaates. Allein im ersten Halbjahr 2015 hat die iranische Justiz laut Amnesty International rund 700 Menschen hinrichten lassen. 694 Todesurteile seien zwischen Jänner und Mitte Juli vollstreckt worden, meldete Amnesty unter Berufung auf "glaubwürdige Berichte". Dies sei ein "beispielloser Anstieg". Die Behörden sprechen von offiziell 246 Hinrichtungen bis 15. Juli, zumeist wegen Drogendelikten. 2014 sind laut dem Iran 289 Menschen hingerichtet worden, Amnesty geht aber von mindestens 743 vollstreckten Todesurteilen aus.

Die Menschenrechtsverletzungen im Iran waren in der Vergangenheit sehr vielfältig. Frauen, die die islamischen Kleidungsvorschriften nicht ernst genug nahmen, wurde ein Sack mit lebenden Kakerlaken über den Kopf gestülpt. Wie in Saudi Arabien gibt es auch immer wieder Fälle, wo Frauen laut Menschenrechtsorganisationen heiße Bügeleisen auf den Rücken aufgedrückt bekommen. Besonders gefährlich leben auch Schwule. Viele von ihnen wurden gehängt, weil Homosexualität als große Sünde gilt.

Zudem gingen letztes Jahr Berichte von Säureangriffen auf iranische Frauen um die Welt, die die strengen Bekleidungsvorschriften "zu locker" genommen hätten. Rohani hatte die Taten damals als "abscheulich" bezeichnet und eine Aufklärung der Ereignisse in der Stadt Isfahan verlangt, doch eine baldige Bestrafung der Täter und eine Änderung der Lage ist unwahrscheinlich. Im Iran müssen alle Frauen in der Öffentlichkeit lange Mäntel und Schleier tragen, um Körper und Haare zu bedecken.

Im Juni wurden außerdem "westliche" Haarstylings für Männer von der Zensurbehörde verboten. Friseure, die sich dieser Bestimmung widersetzen, verlieren ihre Lizenz. Ein eigener islamischer Haarkodex mit ver- und gebotenen Haarschnitten muss in jedem Salon vorhanden sein.

Tatsächlich hat es Rohani zwar geschafft, dass der Iran international wieder aus seiner Isolation herausgekommen ist, doch die Liste der nicht eingehaltenen Wahlversprechen ist lang: Im Iran gibt es nach wie vor keine Bürgerrechtscharta und die Sittenwächter strafen, schlagen und foltern nach wie vor. Massenverhaftungen von Journalisten und politischen Oppositionellen sowie Großrazzien der gefürchteten Sittenwächter prägen wieder die Straßenbilder. Rohani, der sich auf dem internationalen Parkett sehr moderat gibt, konnte seine Ankündigung, "innere versperrte Riegel zur Freiheit" öffnen zu wollen, bisher in keiner Weise einlösen.

Kritiker werden zunehmend enttäuscht und ungeduldig mit Rohani und werfen ihm vor, "bei aller Euphorie, die er bei seinem Kuschelkurs mit dem Westen investiert, auf das eigene Land zu vergessen". Andere beklagen, dass er sein gesamtes politisches Kapital in der Außenpolitik verbraucht habe. Derzeit sitzen in iranischen Gefängnissen Tausende junge Menschen, weil sie homosexuell sind, weil sie sich politisch kritisch geäußert oder weil sie sich vorschriftswidrig gekleidet haben.

Die jüngste Amnestie für elf politische Gefangene ist da nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein. Rohani muss nach Ansicht seiner Anhänger, wenn er seine Glaubwürdigkeit nicht verlieren will, schleunigst etwas gegen die sich rasend verschlechternde katastrophale Menschenrechtssituation tun, die Hinrichtungen unterbinden und die Hoffnungen der überwiegend jungen Bevölkerung auf ein restriktionsfreies Alltagsleben mittels Bürgerrechtscharta erfüllen.

Ob die Hardliner, die in der Justiz, der Zensurbehörde und den Revolutionsgarden die Mehrheit stellen und Rohanis prowestlichem Kurs nichts abgewinnen können, dies zulassen werden, ist mehr als fraglich. Und auch der Oberste Geistliche Führer Ayatollah Ali Khamenei, der in allen Belangen das letzte Wort hat, ist kein Freund einer Lockerung der Zensurpolitik.

(Quelle: salzburg24)

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