Welt

Nach Lkw-Anschlag in Berlin Rätselraten über Täter und Motiv

Für die Trauerfeier erleuchtet das Brandenburger Tor in den Farben Deutschlands.
Veröffentlicht: 20. Dezember 2016 19:06 Uhr
Nach dem Anschlag in Berlin gehen Ermittler und Politik von einem terroristischen Hintergrund aus, rätseln aber über Motiv und Täter. Ein unmittelbar im Anschluss an die Bluttat auf dem Weihnachtsmarkt am Montag festgenommener junger Mann - vermutlich Pakistaner - war womöglich doch nicht der gesuchte Täter.
Jacqueline Winkler

Daher sei noch offen, ob der Lastwagen-Anschlag mit mindestens zwölf Toten einen islamistischen Hintergrund hat, sagte Generalbundesanwalt Peter Frank am Dienstag. "Wir haben noch kein Bekennervideo."

Täter womöglich auf freiem Fuß

Unklar war am Nachmittag auch, ob ein Täter oder mehrere am Werk waren. Nach dem Anschlag vom Montagabend sei der Täter womöglich noch auf freiem Fuß, sagte der Präsident des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch. Aus dem Ziel und dem Vorgehen des Täters könne man auf ein islamistisches Motiv schließen, meinte Frank. Man müsse aber weiter in alle Richtungen ermitteln.

Berlins Polizeipräsident Klaus Kandt sagte, es sei möglich, dass der gefährliche Täter noch im Raum Berlin unterwegs sei. Die allgemeine Terrorgefahr sei aber Deutschland-weit nicht größer als vor der Tat.

Merkel geht von Terroranschlag aus

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ging am Dienstagvormittag "nach jetzigem Stand" von einem Terroranschlag aus und äußerte sich zutiefst erschüttert. Ein ganzes Land sei in Trauer vereint. Merkel fügte hinzu: "Wir wollen nicht damit leben, dass uns die Angst vor dem Bösen lähmt. Auch wenn es in diesen Stunden schwerfällt: Wir werden die Kraft finden für das Leben, wie wir es in Deutschland leben wollen - frei, miteinander und offen."

Blutverschmierte Kleidung im Lkw

Im Führerhaus des Lkw wurde laut Sicherheitskreisen blutverschmierte Kleidung gefunden - bei dem später in einiger Entfernung vom Tatort festgenommenen Verdächtigen dagegen nicht. Ob dies darauf hindeuten könnte, dass der Mann noch im Lkw die Kleidung gewechselt haben könnte, blieb zunächst unklar.

Bei dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt starb auch ein polnischer Lkw-Fahrer. Er lenkte nach bisherigen Erkenntnissen den Lkw, bevor dieser in die Hände des Mannes fiel, der dann mit dem Sattelschlepper in die Menschenmenge fuhr. Der Pole wurde erschossen.

De Maiziere verspricht Klarheit

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere sagte: "Die Öffentlichkeit kann sich darauf verlassen, dass die zuständigen Sicherheitsbehörden nicht rasten und nicht ruhen werden, bis vollständige Klarheit über die Hintergründe dieser Tat besteht. Und ich persönlich werde nicht ruhen, bis der oder die Täter gefunden und einer gerechten und harten Strafe zugeführt worden sind."

Merkel und der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier besuchten am Nachmittag den Ort des Anschlags auf dem Berliner Breitscheidplatz und legten dort Blumen nieder. In der Gedächtniskirche findet um 18.00 Uhr ein Gedenkgottesdienst statt, an dem neben den christlichen Kirchen auch Repräsentanten der in Deutschland lebenden Muslime und Juden teilnehmen wollten.

US-Präsident Barack Obama sprach nach Angaben des Präsidialamts am Montagabend mit Merkel. Er habe ihr Unterstützung nach "dem fürchterlichen mutmaßlichen Terrorangriff" angeboten.

Sicherheitskonzepte überdenken

Die Weihnachtsmärkte in Deutschland sollen unterdessen weiter stattfinden. Die Innenminister von Bund und Bundesländern sprachen sich am Dienstag gegen eine Absage aus, wie das deutsche Innenministerium mitteilte. Mehrere Bundesländer überdenken ihre Sicherheitskonzepte. Der Innenausschuss des Parlaments will am Mittwoch in einer Sondersitzung beraten.

Steinbarrieren für Weihnachtsmärkte

In Berlin wurden die Betreiber allerdings von den Behörden aufgefordert, die Märkte am Dienstag mit Rücksicht auf die Opfer und ihre Angehörigen geschlossen zu halten. Der direkt betroffene Weihnachtsmarkt bei der Gedächtniskirche soll auch in den nächsten Tagen nicht öffnen. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kündigte zudem an, alle Märkte der Stadt sollten mit Steinbarrieren zusätzlich gesichert werden.

Brandenburger Tor in den Landesfarben

Nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt ist das Brandenburger Tor am Dienstagabend in den Deutschlandfarben angestrahlt worden. Das Wahrzeichen der deutschen Hauptstadt solle ein Ort sein, "an dem man seine Trauer und Solidarität ausdrücken kann", sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) zuvor.

"Viel zu häufig wurde das Brandenburger Tor in den unterschiedlichsten Farben verschiedener Nationen angestrahlt, wo es auch Anschläge gegeben hat", sagte Müller. "Dieses Mal wird das Brandenburger Tor in unseren eigenen Landesfarben angestrahlt." Nach Anschlägen etwa in Frankreich und Belgien hatte das Brandenburger Tor in der Vergangenheit in den Nationalfarben der betroffenen Länder geleuchtet.

Gedenken an Opfer

Zum Gedenken an die Opfer des Anschlags hat in der Gedächtniskirche am Dienstagabend ein Trauergottesdienst stattgefunden. An dem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche unmittelbar am Anschlagsort nahmen auch jüdische und muslimische Geistliche sowie ein Vertreter der griechisch-orthodoxen Kirche teil.

Unter den Anwesenden waren auch der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. "Wir sind zusammengekommen, um vor Gott unser Erschrecken, unsere Trauer, unsere Fragen zu tragen", sagte der Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer. Der Berliner Bischof Markus Dröge rief angesichts der "Terrortat" von Berlin zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf. "Wir geben dem Terror nicht dadurch Recht, dass wir uns entzweien lassen", sagte er. "Wir lassen uns nicht zur Unmenschlichkeit verführen."

(APA)

Bildergalerien

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

30.03.2023
Mega-Sicherheitsaufgebot

Besuch von König Charles III. in Bildern

Von SALZBURG24 (tp)
Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken