Welt

Österreich lieferte mutmaßliche Jihadisten an Frankreich aus

Die Übergabe fand unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt
Veröffentlicht: 29. Juli 2016 17:39 Uhr
Österreich hat zwei mutmaßliche Jihadisten, den Algerier Adel H. (29) und den Pakistaner Muhammad U. (35), heute, Freitag, am Flughafen Salzburg an französische Behörden übergeben. Das Duo ist am Vormittag in Frankreich eingetroffen. Ihre Auslieferung hatte ein Salzburger Gericht bewilligt. Die Beschwerde eines Beschuldigten dagegen hat das Oberlandesgericht Linz (OLG) am Mittwoch abgewiesen.

Die Justiz in Frankreich hatte die Auslieferung des Algeriers und des Pakistaners beantragt. Das Duo stehe auf Basis der monatelangen intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in dringendem Verdacht, unmittelbar Teil des Netzwerks der IS-Attentäter von Paris gewesen zu sein, hieß es. 130 Menschen wurden im November 2015 durch ein Terrorkommando getötet, Hunderte wurden bei der Serie von Selbstmordattentaten verletzt. Die nun ausgelieferten Verdächtigen hätten sich Ermittlungen zufolge an dem Terroranschlag beteiligen sollen.

Adel H. und Muhammad U. waren im Oktober 2015 als Flüchtlinge getarnt und gemeinsam mit zwei der späteren Paris-Attentäter - Ahmad al-Mohammed und Mohammad al-Mahmoud - in den Schengenraum gereist. Das Quartett gelangte mit einem Flüchtlingsboot am 3. Oktober auf die griechischen Insel Leros. Im Gegensatz zu den zwei späteren Attentätern wurden der Algerier und der Pakistaner von der griechischen Justiz wegen falscher Dokumente festgenommen.

Ende Oktober wurden Adel H. und Muhammad U. jedoch freigelassen. Als sie Ende November in Österreich landeten, waren die Pariser Anschläge schon ausgeführt. Aufgrund der in Griechenland genommenen Fingerabdrücke wurden sie in einem Salzburger Flüchtlingslager am 10. Dezember festgenommen - abermals wegen falscher Dokumente.

Die Auslieferung des Algeriers und Pakistaners an französische Behörden wurde am Freitag unter sehr hohen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt. Von österreichischer Seite standen Polizisten und Justizwachbeamte im Einsatz.

Die Staatsanwaltschaft Salzburg hat das Ermittlungsverfahren gegen die beiden wegen des Verdachtes der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung abgebrochen, "nachdem diese in Entsprechung eines europäischen Haftbefehls des Oberstaatsanwaltes beim Landgericht Paris an Frankreich ausgeliefert worden waren", informierte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Salzburg, Robert Holzleitner.

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Salzburg gegen zwei weitere IS-Verdächtige, die in Verdacht stehen, mit Adel H. und Muhammad U. in Verbindung und ebenfalls Mitglieder des "Islamischen Staates" (IS) gewesen zu sein, sind noch nicht abgeschlossen. Der 25-jährige Marokkaner und der 40-jährige Algerier wurden wenige Tage nach Adel H. und Muhammad U., und zwar am 18. Dezember, in Salzburg festgenommen. Sie sitzen derzeit in österreichischen Justizanstalten.

Salzburgs Polizei machte am Freitag erstmals Angaben zu den Hintergründen der Festnahme der zwei mutmaßlichen Jihadisten. Innerhalb von vier Stunden, nachdem nachrichtendienstliche Informationen die Landespolizeidirektion erreicht hatten, wonach sich zwei Terrorverdächtige in Österreich aufhalten könnten, sei das Duo am 10. Dezember 2015 im Salzburger Camp Asfinag aufgespürt worden.

Nachrichtendienstlichen Informationen zufolge sei vermutet worden, dass die zwei Verdächtigen in Zusammenhang mit den Terroranschlägen im November 2015 in Paris stehen könnten. Ermittler des Landesamtes Verfassungsschutz haben die beiden Männer unter 2.000 Migranten in der Salzburger Flüchtlingsunterkunft ausfindig gemacht, hieß es in einer Aussendung der Landespolizeidirektion Salzburg.

Die Festnahme sei wegen Verdachtes der Mitgliedschaft zu der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) und nicht wegen gefälschter Dokumente erfolgt, wie eine Polizei-Sprecherin gegenüber der APA erklärte. Am 12. Dezember wurde die Untersuchungshaft über den Algerier Adel H. und den Pakistaner Muhammad U. durch das Landesgericht Salzburg verhängt. "Die rasche Ausforschung und Festnahme im Fall der beiden Terrorverdächtigen wurde aufgrund der Informationsgewinnung- und Bewertung, aber auch aufgrund eines Netzwerkes von Ansprechpersonen sowie der polizeilichen Präsenz in Migrantenlagern ermöglicht", wurde in der Aussendung betont.

Salzburger Ermittler fanden laut Angaben der Landespolizeidirektion heraus, dass die Tatverdächtigen gemeinsam mit den beiden späteren Selbstmordattentätern, die sich beim Stade de France im November in die Luft sprengten, am 3. Oktober 2015 in Griechenland illegal im Migrantenstrom einreisten. "Aufgrund der fehlenden sprachlichen, geografischen und auch kulturellen Kenntnisse wurde bei diesen Screening-Methoden der Polizei auf der Insel Kos festgestellt, dass es sich nicht wie angegeben, um Syrer handelte, sondern um einen Pakistani und einen Algerier."

Durch eine gezielte internationale Zusammenarbeit der Ermittler aus Salzburg mit EU-Agenturen wie Europol und Frontex sei es ihnen gelungen, die verwendeten gefälschten syrischen Reisepässe in Griechenland "aufzuspüren", sicherzustellen und im Rechtshilfeweg in kürzester Zeit als Beweismittel nach Salzburg zu bringen.

Die beiden Verdächtigen seien in Griechenland angehalten und zu einer kurzen Gefängnisstrafe verurteilt worden, so die Polizei. "Am 28. Oktober 2015 setzten sie ihre Reise im Migrantenstrom über die Balkanroute zu ihrem Auftrags-und Bestimmungsort fort. Durch die Zeit in Haft in Griechenland gelangten die beiden Männer nicht rechtzeitig nach Frankreich, um sich aktiv am Terroranschlag zu beteiligen." Während der gesamten Reisebewegung und bis zu Letzt bei ihrer Festnahme in Salzburg seien die Männer im ständigen Kontakt zur Terrorgruppe des "Islamischen Staates" geblieben.

Die Landespolizeidirektion Salzburg hob die gute Internationale Zusammenarbeit der Salzburger "Ermittlungsgruppe Terrorismusbekämpfung" hervor. Diese Ermittlungsgruppe wurde mit Einsetzen der Migrationswelle im vergangenen Sommer von Landespolizeidirektor Franz Ruf installiert. Dabei führte er innerhalb des Landesamtes Verfassungsschutz Spezialisten aus dem Verfassungsschutz und der Kriminalpolizei zusammen.

Ein wesentliches Element dieser polizeilichen Ermittlungsarbeit bei der internationalen Terrorbekämpfung sei der rasche und direkte Informationsaustausch zwischen den Polizei- und Justizbehörden, wurde in der Aussendung vom Freitag erklärt. Bereits zwölf Stunden nach der Festnahme von Adel H. und Muhammad U. im Camp Asfinag seien französische Ermittler nach Salzburg entsandt worden. Der polizeiliche Abschlussbericht wurde am 14. Juli der Staatsanwaltschaft Salzburg übermittelt. Adel H. und Muhammad U. wurden nach Paragraf 278b (Terroristische Vereinigung) und 278e (Ausbildung für terroristische Zwecke) des Strafgesetzbuches angezeigt.

(Quelle: salzburg24)

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