"Kunststücke" spielt in der Welt der Clowns. "Clown zu sein ist ganz toll. Wenn jemand zu mir sagt, ich sei ein Clown, dann ist das ein Kompliment für mich", stellte Villazon klar und gab mit einer heftig gestikulierend vorgetragenen Schilderung des morgendlichen Feueralarms in seinem Hotel gleich eine Kostprobe seines komödiantischen Talents. Er bewundere Schauspieler wie Robin Williams, Roberto Benigni oder Rowan Atkinson ("Mr. Bean"), die viel vom Wesen des Clowns in ihre Rollen einbezogen hätten, sehe den Clown jedoch in jedem Menschen: "Er ist ein Teil von uns. Er ist ein Spiegel unserer Seele. Er ist der König des Chaos. Wir wohnen im Chaos und versuchen ihm, Regeln zu geben. Aber es bleibt Chaos. Der Clown hat vor diesem Chaos keine Angst."
Der Clown sei "ein Symbol von Freiheit und des Preises der Freiheit", seine Philosophie könne "neue Antworten auf die alten und existenziellen Fragen" bieten. Das Buch, das von der existenziellen künstlerischen Krise des jungen Clowns Macolieta erzählt, der sich ein erfolgreiches Alter Ego, den Clown Balancin, erfindet, sei nicht mehr autobiografisch als jeder andere Roman auch, beteuerte der in seiner Karriere von Stimmproblemen und einer Stimmband-Zyste heimgesuchte 42-jährige Sänger mit österreichischen Wurzeln. Er habe damit keine therapeutische Absicht verfolgt und das Buchprojekt auch vor seinen eigenen Krisen begonnen, als er sich nach neuen künstlerischen Aufgaben umsah und dabei auch die Opernregie für sich entdeckte.
Das Buch beschäftige sich mit existenziellen Dingen wie Liebe und Freundschaft, Tod und Schmerz, aber auch mit der Frage, warum es für uns heute so wichtig sei, berühmt zu sein. "Früher brauchte man dazu Talent, heute reicht es, auf der richtigen Party zu sein und die richtige Dummheit zu machen." Seine eigenen Probleme seien kein Vergleich mit jenen echten Tragödien, von denen man täglich in der Zeitung lesen könne, betonte Villazon im Gespräch.
In der Wiener Staatsoper gebe es "leider" in dieser Saison keinen Auftritt von ihm, für 2015/16 aber "viele schöne Projekte", sagte Villazon, der am 20. Oktober gemeinsam mit der jungen südafrikanische Sopranistin Pumeza Matshikiza im Wiener Konzerthaus ein Galakonzert geben wird. Gleich drei Mal wird der Sänger jedoch in dieser Saison inszenieren: An der Wiener Volksoper setzt er Donizettis Oper "Viva la Mamma" in Szene ("Ich glaube, das wird viel Spaß machen", Premiere: 17. Jänner 2015), an der Deutschen Oper Berlin Puccinis "La Rondine" (Premiere: 8. März 2015), und im Festspielhaus Baden-Baden widmet er sich jenem Werk, mit dem er einst an der Seite von Anna Netrebko den Durchbruch schaffte: Verdis "La Traviata" (Premiere: 22. Mai 2015).
Was für ihn das Wichtigste bei Opernregie sei, wollte Moderator Sichrovsky von ihm wissen. "Er muss konsequente, klare Regeln aufstellen. Dabei muss er nicht unbedingt der Musik folgen. Man kann auch gegen die Musik inszenieren - manchmal passiert dann was ganz Tolles, manchmal was ganz Furchtbares. Man kann alles machen in der Kunst. Wir dürfen nicht Grenzen bauen, und wir dürfen auch nicht nur das machen, von dem wir glauben, dass es die Leute sehen wollen."
INFO: Rolando Villazon: "Kunststücke", Aus dem Spanischen von Willi Zurbrüggen, Rowohlt, 20,60 Euro, 268 S.
(Quelle: salzburg24)