Wagner-Wirrwarr

Putin: Aufständische können zur Armee oder "nach Belarus"

This photograph shows Russia’s President Vladimir Putin, seen on a laptop screen, making a statement in Moscow, on June 26, 2023. (Photo by NATALIA KOLESNIKOVA / AFP)

Veröffentlicht: 27. Juni 2023 07:32 Uhr
Russlands Präsident Wladimir Putin hat sich am Montag an die Öffentlichkeit gewandt. Der Kreml-Chef erklärte, dass die aufständischen Wagner-Söldner zur russischen Armee oder nach Belarus gehen können.
SALZBURG24 (jp)

Die aufständischen Söldner der Wagner-Gruppe können nach Worten des russischen Präsidenten Wladimir Putin der russischen Armee beitreten oder "nach Belarus gehen". Er warnte Montagabend in einer öffentlichen Erklärung, dass jeder Versuch der Erpressung in Russland "zum Scheitern verurteilt" sei. Den Russ:innen dankte Putin für ihren "Patriotismus" während des abgebrochenen Aufstands der Wagner-Gruppe am Wochenende.

Putin wollte Wagner-Aufstand friedlich beenden

"Ich danke allen Soldaten, Mitarbeitern der Geheimdienste, die sich den Aufständischen in den Weg gestellt haben", sagte Putin am Montag in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede. Auf seinen Befehl hin sei alles getan worden, um Blutvergießen zu verhindern. "Das hat Zeit gebraucht", sagte Putin. "Der bewaffnete Aufstand wäre auch so zerschlagen worden."

Wenn sich Söldner und reguläre Truppen beschossen hätten, wäre dies vor allem Kiew und dem Westen zugutegekommen, erklärte Putin. Dort habe man bereits gehofft, dass sich Russland selbst zerfleische. Doch die russische Gesellschaft habe sich als geschlossen erwiesen in ihrer Ablehnung des Aufstands. Dies hätten am Ende auch die Umstürzler erkannt und aufgegeben.

Putin laut Experten "schwer beschädigt"

Der deutsche Militärexperte Nico Lange sprach Montagabend in der ZiB 2 des ORF von einem "Bandenkrieg", bei dem der vermeintlich starke russische Staat "abwesend" gewesen sei. An eine Inszenierung glaubt Lange nicht. Für den Sicherheitsexperten der Münchner Sicherheitskonferenz ist Putin "schwer beschädigt". Außerdem sei der Kremlchef das größte Sicherheitsrisiko für den Westen, sagte Lange in der ORF-Sendung.

In der Nacht auf Samstag hatte Söldnerchef Jewgeni Prigoschin schwere Vorwürfe gegen das russische Verteidigungsministerium erhoben und Minister Sergej Schoigu beschuldigt, einen Angriff auf ein Militärlager der für Moskau kämpfenden Wagner-Truppe befohlen zu haben. Anschließend hatte er die südrussische Millionenstadt Rostow am Don besetzt und einige Einheiten seiner Truppe Richtung Moskau geschickt. Ihr praktisch ungehinderter Vormarsch auf Moskau, der erst gut 200 Kilometer vor der russischen Hauptstadt stoppte, weil Prigoschin aufgegeben hatte, rief im Land Schockwellen hervor.

Prigoschin geht nach Belarus

Putin versuchte nun in seiner Rede, den Eindruck zu bewahren, dass die Macht- und Sicherheitsorgane handlungsfähig seien. So lobte er den Mut und die Selbstaufopferung russischer Piloten, die getötet worden sein, als sie sich den Umstürzlern entgegenstellten. Es war das erste Mal, dass die russische Führung damit Opfer während des Aufstands eingestand.

Der Kremlchef dankte auch dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko für die Vermittlung in dem Konflikt mit Wagner-Chef Prigoschin. Sein Ex-Vertrauter Prigoschin soll, nachdem er am Samstag den Marsch auf Moskau aufgegeben hatte, in Belarus Zuflucht finden. Das könnten auch andere Wagner-Kämpfer tun. Sein Amnestieangebot gelte, betonte Putin.

Verteidigungsminister Schoigu bleibt im Amt

Viele politische Beobachter hatten vor der Rede mit einer Entlassung des Verteidigungsministers Sergej Schoigu gerechnet, der seit Monaten wegen der Misserfolge beim Angriffskrieg gegen die Ukraine in der Kritik stand und auch dem Aufstand Prigoschins nichts entgegenzusetzen hatte. Doch Putin hielt trotz der Kritik - zumindest vorläufig - an Schoigu fest, auch weil dieser als persönlicher Vertrauter des Kremlchefs gilt.

Regierungssprecher Dmitri Peskow kündigte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax an, dass Putin die Spitzen der Sicherheitsdienste treffen werde. Zu den Teilnehmern des Treffens gehören demnach unter anderem Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Generalstaatsanwalt Igor Krasnow, der Leiter der Kreml-Verwaltung Anton Vaino, Innenminister Wladimir Kolokolzew, der Chef des Geheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, der Leiter der Nationalgarde Viktor Solotow, der Leiter des Föderalen Schutzdienstes Dmitri Kochnew und der Leiter des föderalen Ermittlungsausschusses Alexander Bastrykin.

Biden: Westen hat nichts mit Aufstand zu tun

Nach dem Aufstand der Privatarmee Wagner in Russland hat US-Präsident Joe Biden jegliche Verantwortung des Westens zurückgewiesen. "Dies war Teil eines Kampfes innerhalb des russischen Systems", sagte Biden im Weißen Haus. Er habe nach den Ereignissen am Wochenende die wichtigsten Verbündeten der USA in einer Video-Schalte versammelt, um sicherzustellen, dass sich alle einig seien. Biden äußerte sich am Montag das erste Mal öffentlich zu den Ereignissen.

Man habe sich darauf verständigt, dafür zu sorgen, Kremlchef Wladimir Putin keinen Vorwand geben, die Schuld auf den Westen oder die NATO zu schieben. "Wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht beteiligt waren. Wir hatten nichts damit zu tun", sagte Biden. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass die Verbündeten koordiniert vorgingen.

Wie geht es nach Wagner-Aufstand weiter?

Die Folgen des Aufstands in Russland sind für Biden noch offen. "Wir werden die Auswirkungen der Ereignisse dieses Wochenendes und die Folgen für Russland und die Ukraine weiter bewerten." Aber es sei noch zu früh, um eine endgültige Schlussfolgerung darüber zu ziehen, welche Folgen der Aufstand haben werde, so Biden. "Das endgültige Ergebnis von alle dem bleibt abzuwarten." Er habe sein nationales Sicherheitsteam am Wochenende angewiesen, ihn stündlich auf dem Laufenden zu halten und sich auf eine Reihe von Szenarien vorzubereiten.

Biden hatte das Wochenende in Camp David verbracht, dem Landsitz der US-Präsidenten im US-Staat Maryland. Am Wochenende war in Russland ein schwelender Machtkampf zwischen der regulären Armee und der privaten Söldnertruppe Wagner eskaliert. Unter der Führung ihres Chefs Jewgeni Prigoschin besetzten die Wagner-Söldner am Samstag die südrussische Stadt Rostow am Don und rückten in Richtung Moskau vor. Am Samstagabend dann beendete Prigoschin seinen Aufstand überraschend wieder.

(Quelle: salzburg24)

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