"Wir haben Beweise für den Einsatz von Streubomben in der Region Odessa und im Gebiet Cherson", sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa. Unterdessen wurde erneut ein Treibstofflager von russischen Raketen getroffen.
Der Angriff sei im Gebiet Riwne in der Nordwestukraine erfolgt, teilte der Gouverneur der Region, Witalij Kowal, am Montag im Nachrichtendienst Telegram mit. Der Zivilschutz sei bereits vor Ort. Aufgrund des weiter geltenden Luftalarms sollen die Bürger jedoch weiter in den Schutzkellern bleiben. Damit sind nach Dubno, Luzk, Lwiw, Mykolajiw und mehreren Lagern bei der Hauptstadt Kiew rund ein Dutzend Kraftstofflager zumindest schwer beschädigt worden. Beobachter befürchten, dass es dem wichtigen Agrarexporteur Ukraine zu Beginn der Aussaat an Sprit mangeln könnte.
Streubomben in Kiew im Einsatz?
Streubomben verteilen Dutzende von winzigen Sprengladungen über ein Gebiet und stellen häufig für Zivilisten eine langfristige Gefahr dar. Einige der Sprengladungen explodieren nicht sofort und werden so de facto zu Landminen, die oft auch lange nach Beendigung eines Konflikts noch scharf sind und schwere Schäden verursachen können. Ein UNO-Vertrag von 1997 verbietet den Einsatz von Landminen. Wie auch die USA hat Russland diesen Vertrag allerdings nicht unterzeichnet.
Es gebe zwar Berichte über den Einsatz von Streubomben in der Hauptstadtregion Kiew, erklärte Wenediktowa. Die Untersuchung laufe dort aber noch, es gebe bisher keine konkreten Beweise. In den genannten Gebieten in der Südukraine sei der Einsatz der geächteten Munition aber nachgewiesen worden.
Russen zerstören Munitionslager
Das russische Militär berichtete unterdessen über neue Angriffe in der Ukraine. Im Gebiet Schytomyr wurden demnach durch Raketenbeschuss zwei große Munitionslager zerstört. Zudem seien drei Kampfjets abgeschossen worden. In der umkämpften Hafenstadt Mariupol sei ein Hubschrauber zerstört worden, mit dem nach Moskauer Angaben Kämpfer des ukrainischen Asow-Regiments in Sicherheit gebracht werden sollten. Überprüfbar waren die Angaben nicht.
Die russische Seite warf ukrainischen Truppen erneut vor, aus den umkämpften Städten Sumy und Saporischschja fliehende Zivilisten beschossen zu haben. Auch die Ukraine wirft russischen Truppen immer wieder vor, die Flucht von Zivilisten mit Feuer zu sabotieren. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine seien bisher 469.683 Menschen, darunter 97.345 Kinder, in Sicherheit gebracht worden. Mehr als 105.000 Menschen seien ohne Beteiligung der ukrainischen Behörden aus Mariupol herausgebracht worden. Die ukrainischen Behörden werfen dem russischen Militär vor, die Zivilisten zu verschleppen.
Ukraine will russische Angriffe stoppen
Ukrainische Streitkräfte versuchen an mehreren Orten, Angriffe russischer Einheiten abzuwehren. Man sei dabei, den russischen Vormarsch auf die Großstadt Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten des Landes sowie auf die Kleinstadt Barwinkowe im Gebiet Charkiw zu stoppen, hieß es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs, der in der Nacht auf Dienstag auf Facebook veröffentlicht wurde. Die Situation sei jedoch weiter angespannt, teilte Präsident Wolodymyr Selenskyj mit.
Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes versuche man die Eindämmung russischer Angriffe rund um die Städte Rubischne mit 60.000, Lyssytschansk mit 100.000 und Popasna mit 20.000 Einwohnern. Aus der Umgebung aller drei Städte meldete die Ukraine regelmäßige Gefechte. Damit wolle man verhindern, dass russische Truppen an ukrainischen Streitkräften vorbeiziehen.
Mariupol weiter hart umkämpft
Gleichzeitig halte die ukrainische Seite die Rundum-Verteidigung der umkämpften und belagerten Hafenstadt Mariupol aufrecht. Auch in der Region Tschernihiw im Norden des Landes sei man dabei, den russischen Vormarsch einzudämmen.
Rund um Kiew kämpften die für die Verteidigung der Hauptstadt zuständigen Kräfte weiter und kontrollierten die Situation in den Orten Motyschyn, Lisne, Kapitaniwka und Dmytrivka im Westen Kiews. Ukrainischen Angaben zufolge sind aus der Stadt Irpin im Nordwesten Kiews, die lange schwer umkämpft war, russische Einheiten zurückgeschlagen worden. Das teilten der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der Bürgermeister Oleksandr Markuschyn in zwei separaten Videobotschaften am Montag auf Telegram mit. Markuschyn bat die Einwohner allerdings, noch nicht in die Stadt zurückzukehren, da es dort noch nicht sicher sei.
Truppen von Logistik abgeschnitten
Die russischen Einheiten seien geschwächt, orientierungslos und ein großer Teil der Truppen sei von der Logistik und den Hauptstreitkräften abgeschnitten, hieß es weiter. Deswegen versuche Moskau, die sinkende Kampfkraft durch Artilleriefeuer und Raketenangriffe zu kompensieren. Die Angaben sind nicht unabhängig zu prüfen.
Ungeachtet mancher militärischer Erfolge schätzte Selenskyj die Situation in seinem Land weiter als angespannt ein. Das sagte er in seiner allabendlichen Videoansprache, die in der Nacht auf Dienstag auf Telegram veröffentlicht wurde. Die ukrainischen Verteidiger hätten russische Einheiten aus der Stadt Irpin bei Kiew zurückschlagen können, sagte er. Die Kämpfe dauerten jedoch dort und auch in anderen Landesteilen weiter an.
Selenskyj: Lage "sehr schwierig"
Russische Truppen hielten den Norden des Kiewer Gebiets unter ihrer Kontrolle, verfügten über Ressourcen und Kräfte, sagte Selenskyj. Sie versuchten, zerschlagene Einheiten wieder aufzubauen. Auch in den Gebieten Tschernihiw, Sumy, Charkiw, Donbass und im Süden der Ukraine bleibe die Lage "sehr schwierig". Am Dienstag setzen Kiew und Moskau die Verhandlungen fort.
Artikel #119140282
Erneut forderte Selenskyj schärfere Sanktionen gegen Russland. Bezüglich eines in Europa diskutierten Embargos russischer Öllieferungen sagte er, dass es nun viele Hinweise gebe, dass eine derartige Verschärfung der Sanktionen gegen Russland nur erfolgen werde, wenn Moskau Chemiewaffen einsetze. "Dafür gibt es keine Worte", sagte Selenskyj. "Denken Sie mal, wie weit es gekommen ist. Auf Chemiewaffen warten", sagte er weiter und stellte die Frage ob nicht alles, was Russland bisher getan habe, bereits ein derartiges Embargo verdiene. Details dazu, woher diese Hinweise stammten, nannte er nicht.
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(Quelle: salzburg24)