Ukraine-Krieg, Tag 10

Russland setzt Angriffe auf Mariupol fort

Veröffentlicht: 05. März 2022 08:37 Uhr
Im Ukraine-Krieg ist am Samstag erstmals eine von beiden Seiten vereinbarte Feuerpause in Kraft getreten. Russland hat nach Angaben seines Verteidigungsministeriums humanitäre Korridore für die ukrainischen Städte Mariupol und Wolnowacha zugelassen. Laut ukrainischen Angaben hat sich die "russische Seite" nicht an die Waffenruhe gehalten. Am Abend wurden die Angriffe fortgeführt.
SALZBURG24 (tp)

Neue Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind nach Angaben aus Kiew erst für kommenden Montag geplant. Das russische Militär hat eigenen Angaben zufolge seine Angriffe auf die ukrainische Großstadt Mariupol und die Stadt Wolnowacha fortgesetzt. Die Kampfhandlungen seien um 16 Uhr (MEZ) nach einer mehrstündigen Feuerpause fortgesetzt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Samstagabend laut Agentur Interfax mit. Die Stadt Mariupol hatte Moskau zuvor Verstöße gegen die Feuerpause vorgeworfen, auf die sich Ukraine und Russland früher am Tag verständigt hatten. Russland hat ähnliche Vorwürfe gegen die Ukraine erhoben. Das ließ sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Die Einstellung des Feuers ab 8 Uhr (MEZ) sollte Zivilisten die Möglichkeit geben, die eingekesselten Städte zu verlassen. Russlands Militärsprecher Igor Konaschenkow beklagte, dass "kein einziger Zivilist" Mariupol oder Wolnowacha über die Korridore habe verlassen können. "Wegen der mangelnden Bereitschaft der ukrainischen Seite, auf die Nationalisten einzuwirken oder die Feuerpause zu verlängern, wurden die Offensivoperationen wieder aufgenommen", sagte er. Ukrainischen Angaben zufolge waren hingegen 400 Menschen aus Wolnowacha und umliegenden Dörfern in Sicherheit gebracht worden. Aufgrund von Beschuss durch russische Truppen seien aber weniger Menschen evakuiert worden als zunächst geplant, hieß es.

Vorerst keine Evakuierungen

Laut dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) werden die Evakuierungen der umkämpften Städte Mariupol und Wolnowacha nicht am Samstag beginnen. "Die Szenen in Mariupol und anderen Städten heute brechen einem das Herz", erklärt das IKRK.

Demo für Frieden in Ukraine zieht durch Salzburg

Hunderte Menschen zogen am Samstag durch die Salzburger Altstadt, um für Frieden zu protestieren und Solidarität mit der Ukraine zu zeigen. Mehrere Organisationen haben im Vorfeld zum Friedensmarsch …

Die Organisation bleibe im Kontakt mit allen Beteiligten, um einen sicheren Rückzug von Zivilisten aus verschiedenen von dem Konflikt betroffenen Städten zu ermöglichen. Das IKRK sollte nach ukrainischen Angaben die Feuerpause für die eigentlich für diesen Samstag geplanten Evakuierungen garantieren.

Israels Regierungschef nach Moskau gereist

Unterdessen wurde bekannt, dass der israelische Regierungschef Naftali Bennett als Vermittler zu einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin nach Moskau gereist. Dies wurde am Samstag zeitgleich in Jerusalem und Moskau bestätigt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte Bennett um Vermittlung gebeten.

Moskau übt scharfe Kritik an Nehammer und Co

Das russische Außenministerium hat am Samstagnachmittag in einer vor dem Ukraine-Krieg nur schwer vorstellbaren Schärfe Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander …

Israel hat gute Beziehungen zu beiden Ländern, befindet sich daher aber auch in einem Zwiespalt. Es will seinen wichtigsten Bündnispartner, die USA, nicht verärgern, ist aber gleichzeitig aus strategischen Gründen vom Wohlwollen Moskaus abhängig, unter anderem in den Konflikten mit Syrien und dem Iran.

Selenskyj ruft zur Verteidigung von Mariupol auf

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief indes zur weiteren Verteidigung von Mariupol auf. "Alle, die Hilfe brauchen, sollten die Möglichkeit bekommen, rauszukommen", sagte der Präsident in einer Videoansprache am Samstag. "Alle, die ihre Stadt verteidigen möchten, sollten den Kampf fortsetzen." Die ukrainische Seite tue alles, damit die Vereinbarungen für die humanitären Korridore hielten, sagte Selenskyj. Dann müsse man sehen, ob man im Verhandlungsprozess weiterkommen könne.

Humanitärer Korridor

Zuvor hatte der Bürgermeister von Mariupol, Wadym Boitschenko, von einer Blockade der Stadt mit 440.000 Menschen und unerbittlichen russischen Angriffen gesprochen. Der humanitäre Korridor sollte nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums für Zivilisten die Möglichkeit zur Flucht eröffnen. Nach ukrainischen Schätzungen könnten bis zu 200.000 Menschen die Stadt verlassen, also fast jeder zweite. Für Wolnowacha gingen die Behörden von 15.000 Menschen aus.

Auslands-Ukrainer schließen sich Kampf an

66.224 Ukrainer sind nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Olexii Resnikow bisher in ihre Heimat zurückgekommen, um sich dem Kampf gegen das russische Militär anzuschließen. Aus Österreich sind bisher keine entsprechenden Ausreisen weder von Ukrainern noch von Österreichern bekannt. Die Lage wird laut dem Innenministerium in Wien aber "sehr genau" beobachtet.

Schwere Kämpfe im ganzen Land

Abgesehen von der Ankündigung aus Moskau für Mariupol und Wolnowacha setzten die russischen Truppen am zehnten Tag des Krieges in der Ukraine ihre Angriffe fort. Das bestätigte das russische Verteidigungsministerium selbst im selben Atemzug: Die Offensive gehe weiter, meldete die Agentur RIA Nowosti.

Der russische Militärsprecher Igor Konaschenkow sagte, "Truppen der Volksrepublik Donezk" schlössen den Ring um Mariupol. Zudem setzten die russischen Streitkräfte die "Entmilitarisierung" der Ukraine fort. Mit Panzerabwehrraketen seien Munitionsdepots in der westukrainischen Stadt Schytomyr zerstört worden. Insgesamt habe man bisher mehr als 2.000 Objekte militärischer Infrastruktur und mehr als 700 Panzer der Ukraine vernichtet.

Neuerliche Angriffe auf Kiew

Die Angriffe konzentrierten sich nach ukrainischen Angaben darauf, die Hauptstadt Kiew und die zweitgrößte Stadt Charkiw einzukesseln. Kiew wurde erneut angegriffen, aus dem Zentrum waren Explosionen zu hören. Das ukrainische Medienunternehmen Suspilne berichtete unter Berufung auf die örtlichen Behörden, in der Stadt Sumy bestehe die Gefahr von Straßenkämpfen. Die Menschen in Sumy, das rund 300 Kilometer östlich von Kiew liegt, sollten in Schutzräumen bleiben.

Präsident Selenskyj habe bei einem Telefonat mit US-Senatoren eine "verzweifelte Bitte" um Flugzeuge vorgetragen, wie der Mehrheitsführer der Demokraten in der Kongresskammer, Chuck Schumer, in Washington erklärte. Selenskyj wolle von osteuropäischen Ländern Maschinen russischer Bauart. "Diese Flugzeuge werden sehr dringend benötigt." Er werde alles tun, um deren Verlegung zu erleichtern, erklärte Schumer.

Angaben nicht unabhängig zu überprüfen

Das russische Vorgehen ziele auch darauf ab, im Süden eine Landbrücke zur annektierten Halbinsel Krim zu schaffen, teilte der ukrainische staatliche Informationsdienst mit. Es werde "erbittert gekämpft, um ukrainische Städte von den russischen Besatzern zu befreien", hieß es am Samstag in dem in Kiew veröffentlichten Morgenbericht der Armee. Das Militär behauptete, dass russische Soldaten "demoralisiert" seien. Sie würden fliehen und ihre Waffen zurücklassen. Diese Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

ARD und ZDF berichten nicht mehr aus Moskau

Die deutschen Sender ARD und ZDF setzen die Berichterstattung aus ihren Moskauer Studios vorerst aus. Damit reagieren sie auf eine Gesetzesänderung, die das russische Parlament am Freitag …

Verlässliche Informationen zum Krieg dürften nun noch spärlicher werden. Denn in Reaktion auf ein neues Mediengesetz in Russland stellen mehrere internationale Sender und Agenturen ihre Arbeit dort ganz oder teilweise ein, darunter CNN, die BBC, der kanadische Sender CBC und Bloomberg sowie ARD und ZDF. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Freitagabend mehrere Gesetze unterzeichnet, die für "Falschinformationen" über die russischen Streitkräfte Haftstrafen androhen. Im ukrainischen Kriegsgebiet wiederum sind Journalisten in Gefahr. Viele westliche Medien haben Kiew verlassen.

Liveblog zum Nachlesen

Anzeige für den Anbieter Glomex über den Consent-Anbieter verweigert

Bildergalerien

Bildergalerien

(Quelle: apa)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken