Welt

Sasses "Werther" mit Ehrenmitgliedschaft und Wahlaufruf

Heribert Sasse rief nach seinem Auftritt zum Wählen auf
Veröffentlicht: 29. September 2015 10:17 Uhr
Professor ist Heribert Sasse seit 2005, Kammerschauspieler seit 2013. Seit gestern ist der Linzer Schauspieler und Ex-Generalintendant der Staatlichen Schauspielbühnen Berlin auch Ehrenmitglied des Wiener Theaters in der Josefstadt. Dort zeigte er an seinem 70. Geburtstag sein Soloprogramm "Die Leiden des jungen Werther", wurde mit Standing Ovations gefeiert und anschließend geehrt.

Sein Goethe-Solo hat er 1974 am Düsseldorfer Schauspielhaus herausgebracht und seither nach eigenen Angaben über 1.800 Mal gezeigt. Auch am Montagabend freute sich Sasse "wahnsinnig darüber, dass so viele Menschen zum alten Sasse kommen, um den jungen Werther zu hören".

Hinter einem mit grünem Tuch bespannten Tisch sitzend, absolviert Sasse keineswegs eine Lesung des 1774 erschienenen berühmten Briefromans, der seinerzeit ein Bestseller wurde. Er spricht frei, meist direkt ins Publikum blickend und dieses als Adressat der Briefe nehmend. Seine Fassung versucht Goethes Sprach-Duktus beizubehalten, die Dinge jedoch rascher durchzuargumentieren und auf den Punkt zu bringen. Das Buch sei "eine Auseinandersetzung mit Leben und Liebe, mit Religion und Politik", hatte Sasse im APA-Interview gesagt. "Es ist ein großes Philosophikum."

Doch rasch wird aus dem Philosophen ein Liebender, um den die Welt still steht, als er erstmals seiner Charlotte ansichtig wird, und für den die Sinnfrage ab sofort so lautet: "Was ist in unseren Herzen die Welt ohne die Liebe?" Dass der Liebende an diesem Abend 70 wird, tut der Wahrhaftigkeit der geäußerten Gefühle keinen Abbruch. Liebe ist zeit- und alterslos, diese Überzeugung vermittelt Sasse in jeder Sekunde seines zweistündigen Programms, das unnötiger Weise von einer Pause unterbrochen wurde.

Dass Werthers Liebesleid heute nicht mehr alle gleichermaßen erreicht, ist nicht Sasse vorzuwerfen. In den Reihen jener, die über den Abend wohl in der nächsten Deutschstunde zu berichten haben, herrschte bereits während der Aufführung erhöhter Diskussionsbedarf, auch hatten nicht alle Besucher Sasses Eingangs-Verweis, dass es zur Zeit der Handlung 1771/72 weder Mobiltelefonie noch SMS-Verkehr gegeben habe, beherzigt. "Gehen Sie ran, vielleicht ist Goethe dran", kommentierte der Schauspieler einen besonders dringlichen Klingelton im Publikum.

Am Ende war der junge Werther tot und der alte Sasse freute sich über lobende Worte von Josefstadt-Stiftungs-Chef Günter Rhomberg, der in Vertretung des an diesem Abend in den Kammerspielen eingesprungenen Hausherren Herbert Föttinger und in Begleitung des als Blumenjungfer agierenden kaufmännischen Geschäftsführers Alexander Götz die Ehrenmitgliedschaft des Hauses überreichte. Heribert Sasse dankte "für die hohe Ehre", freute sich darüber, dass künftig sein Name auf einer Marmortafel im Theater verewigt sein werde, und hatte abschließend einen Geburtstagswunsch, den nicht Rhomberg, "aber die Wähler" erfüllen könnten: Es gebe in diesem Land einen Menschen, "der, wie es heißt, zu seinem Wort steht. Gott beschütze uns vor diesem Menschen. Unsere Regierung tut das nicht."

(Quelle: salzburg24)

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