Schulz kritisierte insbesondere den griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis: "Ein Finanzminister, der wenige Tage, nachdem er mit 18 seiner Kollegen eine Einigung erzielt hat, diese wieder infrage stellt oder neue Forderungen ins Spiel bringt, schafft kein Vertrauen", sagte der EU-Politiker. Im Gegenteil: Er verspiele es.
Der "Schlingerkurs der griechischen Regierung" sei unnötig und bringe niemanden voran, sagte Schulz. Die kommenden vier Monate seien für das vom Bankrott bedrohte Land nun entscheidend. Es sei an Griechenland, die getroffene Vereinbarung und die angekündigten Maßnahmen umzusetzen.
Varoufakis bekräftigte am Freitag, Athen wolle eine neues Abkommen über seine hohen Schulden. Griechenland und die Europartner würden künftig über eine Umstrukturierung der griechischen Schulden reden, sagte Varoufakis am Freitag im griechischen Fernsehen Antenna. "Noch ist nichts zu Ende. Uns steht ein Berg so groß wie Everest bevor."
Der Grund, weswegen Athen eine viermonatige Verlängerung des Sparprogramms gewollt habe, sei, dass eine "Neuverhandlung über die Schulden beginnt", sagte Varoufakis. Griechenland habe versprochen, alle seine Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern zu erfüllen, so wie sie vereinbart worden seien.
Varoufakis wiederholte seinen Vorschlag, die Rückzahlung der griechischen Schulden an das Wirtschaftswachstum des Eurolandes zu koppen. Die Europäer müssten umdenken. "Wir müssen aufhören als Deutsche oder Griechen zu denken", sagte Varoufakis.
Trotz vieler Zweifel am Reformwillen der griechischen Regierung stimmte der Deutsche Bundestag der Verlängerung des Hilfsprogramms der Eurozone mit überwältigender Mehrheit zu. 542 Abgeordnete aus allen vier Fraktionen billigten heue, Freitag, den Aufschub um vier Monate, 32 stimmten dagegen, 13 enthielten sich.
Die neue Regierung in Athen habe "sehr viel Vertrauen zerstört", sagte Finanzminister Wolfgang Schäuble. Schließlich habe sie sich aber "ohne jede Einschränkung" zum Reformprogramm bekannt.
EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici wandte sich unterdessen gegen einen Schuldenschnitt für Griechenland. "Schulden sind da, um zurückgezahlt zu werden", sagte der französische sozialistische Politiker am Freitag im Deutschlandfunk. Allerdings räumte er auch ein, dass in Griechenland "ein Haushaltsüberschuss und Wachstum erzielt werden" müssten, damit die Verbindlichkeiten beglichen werden könnten.
Der frühere italienische Ministerpräsident und ehemalige EU-Kommissionschef Romano Prodi kritisierte indes die gegenwärtige Politik in der Eurozone. "Der Euro bleibt ohne die Finanz- und Wirtschaftspolitik, die ihn begleiten müsste", sagte der Sozialdemokrat im Deutschlandfunk. Stattdessen werde "mit Aufschüben und Kompromissen" gearbeitet. Prodi forderte weniger Spar- und mehr Wachstumsmaßnahmen. "Ohne Wachstum bekommt man die Kosten nicht in den Griff", sagte er.
In Athen folgten unterdessen nach Angaben der griechischen Polizei am Donnerstagabend etwa 200 Menschen dem Aufruf einer kleinen antikapitalistischen Partei, gegen die Einigung der griechischen Regierung mit der Eurogruppe über eine Verlängerung des Hilfsprogramms zu protestieren. Außerdem schlossen sich demnach etwa 300 schwarzgekleidete Linksautonome der Demonstration an. Die Menge zog unter anderem zum Parlament. Es kam zu Ausschreitungen, bei denen Autos angezündet und Schaufenster eingeschlagen wurden.
(Quelle: salzburg24)