Hauptstadt blockiert

Schwere Kämpfe im Großraum Kiew

Kiew am zweiten Tag des Krieges in der Ukraine.
Veröffentlicht: 25. Februar 2022 07:12 Uhr
Die russischen Truppen haben bei ihrem Angriff auf die Ukraine nach eigenen Angaben die ukrainische Hauptstadt von Westen her blockiert. Der strategisch wichtige Flugplatz Hostomel nordwestlich von Kiew sei eingenommen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitag der Agentur TASS zufolge mit. Indes ruft Putin die ukrainische Armee zur Machtübernahme in Kiew auf.

Bei den Kämpfen um den Flughafen Hostomel seien 200 Ukrainer "neutralisiert" worden. Eigene Verluste gebe es nicht, behauptete das Ministerium.

Kämpfe um Flughafen Hostomel

Von ukrainischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung. Zuletzt hatte die Führung in Kiew mitgeteilt, Angriffe auf Hostomel zurückgeschlagen zu haben. Dabei hätten die russischen Truppen schwere Verluste erlitten. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit, bisher seien insgesamt mehr als Tausend russische Soldaten in Kämpfen in der Ukraine getötet worden.

Detonationen in Kiew

In Kiew ist es laut Bürgermeister Vitali Klitschko nahe eines Kraftwerks zu fünf Detonationen gekommen. Diese hätten sich im Abstand von drei bis fünf Minuten im Norden der Stadt ereignet. Näheres sei bisher nicht bekannt. In der Hauptstadt stünden Brücken unter besondere Bewachung, sagt Klitschko. An strategischen Objekten würden Kontrollpunkte eingerichtet. "Die Lage ist jetzt - ohne Übertreibung - bedrohlich für Kiew. Die Nacht, kurz vor Tagesanbruch, wird sehr schwierig."

Es gebe Checkpoints nicht nur an den Stadtgrenzen. "Ich danke den Einwohnern der Stadt für ihre Bereitschaft, die Hauptstadt und das Land (...) zu verteidigen", sagte Klitschko.

Berichte über Raketenangriffe auf ukrainische Hauptstadt

Zuvor hatte es geheißen, die russische Armee sei bei ihrem Angriffskrieg auf die Ukraine bis in die Hauptstadt Kiew vorgedrungen. Das ukrainische Verteidigungsministerium meldete am Freitag russische "Saboteure" im nördlichen Stadtbezirk Obolon. Außenminister Dmytro Kuleba berichtete zudem von "schrecklichen russischen Raketenangriffen" auf die Millionenstadt. Seit Beginn der groß angelegten Invasion am Donnerstag wurden auf ukrainischer Seite nach offiziellen Angaben mehr als 130 Soldaten getötet.

Blockade der Stadt Tschernihiw

Den russischen Angaben zufolge blockieren russische Truppen zudem die Stadt Tschernihiw unweit der Grenze zu Belarus. "Zum jetzigen Zeitpunkt haben die Einheiten der Streitkräfte der Russischen Föderation die Blockade der Stadt Tschernihiw abgeschlossen", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. Er versicherte zudem, Russland werde keine Wohngebiete in Kiew angreifen. "Russische Soldaten unternehmen alle Maßnahmen, um Verluste in der Zivilbevölkerung zu verhindern."

Ukrainische Truppen wollen Kiew verteidigen

Ukrainische Truppen rückten mit schwerer Militärtechnik unterdessen in Kiew ein, um die Hauptstadt zu verteidigen. "Die Stadt ist im Verteidigungsmodus", sagte Bürgermeister Vitali Klitschko UNIAN zufolge. Schüsse und Explosionen in einigen Gegenden bedeuteten, dass russische "Saboteure" ausgeschaltet würden. "Die Situation ist schwierig, aber wir glauben an unsere Streitkräfte und unterstützen sie", sagte Klitschko. Die Stadtverwaltung rief die Einwohner auf, Überwachungskameras auszuschalten und abzuhängen, damit russische Truppen dadurch keinen Einblick in ukrainische Stellungen erhielten.

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Putin ruft ukrainische Armee zur Machtübernahme auf

Wladimir Putin hat die ukrainische Armee aufgefordert, die Macht in Kiew zu übernehmen und Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein Umfeld zu stürzen. "Nehmt die Macht in Eure Hände. Mir scheint, Verhandlungen zwischen euch und uns wären einfacher", sagte Putin am Freitag in einer an die ukrainischen Streitkräfte gerichteten Rede, die im russischen Fernsehen übertragen wurde.

Die Mitglieder der ukrainischen Regierung bezeichnete Putin als "Bande von Drogenabhängigen und Neonazis" und "Terroristen".

Putin zu Verhandlungen mit Ukraine bereit

Russland ist nach Kreml-Angaben bereit zu Friedensverhandlungen mit der Ukraine. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte …

Angriffe auf Hafenstadt Mariupol

Bei Angriffen auf die südukrainische Stadt Mariupol sind nach offiziellen Angaben 35 Zivilisten verletzt worden. Es gebe neun schwer und 26 mittelschwer Verletzte, sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko am Freitag der ukrainischen Agentur UNIAN zufolge. Er warf Kämpfern der prorussischen Separatisten vor, zivile Gebäude zu beschießen. Die Situation in der Hafenstadt sei unter Kontrolle, es gebe Wasser und Strom. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk. Die Stadt hat strategisch enorme Bedeutung. Die Regierung in Kiew hatte mitgeteilt, dass ukrainische Truppen einen Vormarsch auf die Stadt verhinderten. Athen plant, Angehörige der griechischen Minderheit in der Ukraine, die großteils in Mariupol leben (über 20.000 Menschen) zu evakuieren.

Berichte über Beschuss von Wohnvierteln

In der Stadt Charkiw waren am späten Donnerstagnachmittag Zeugen zufolge Explosionen zu hören. Die Menschen werden aufgefordert, in U-Bahn-Stationen Schutz zu suchen. Die Stadt Lwiw im Westen des Landes erlässt einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax Ukraine eine Ausgangssperre. Die russische Regierung hatte betont, ihre Streitkräfte würden nicht auf zivile Gebäude zielen. Aus mehreren ukrainischen Städten wurde allerdings Beschuss von Wohnvierteln gemeldet. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba warf Russland vor, einen Kindergarten und ein Waisenhaus attackiert zu haben. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

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Selenskyj ruft zu Generalmobilmachung auf

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat ein Dekret zur Generalmobilmachung unterschrieben, meldete UNIAN unter Berufung auf das Präsidialamt in Kiew. Die Anordnung gilt demnach 90 Tage und sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor. "Wir müssen operativ die Armee und andere militärische Formationen auffüllen", begründete Selenskyj eine Entscheidung. Bei den Territorialeinheiten werde es zudem Wehrübungen geben. Nach ukrainischen Behördenangaben dürfen zudem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Später rief Selenskyj auch Europäer mit Kampferfahrung auf, sein Land bei der Abwehr des russischen Großangriffs zu unterstützten. "Wenn Sie über Kampferfahrung in Europa verfügen und sich nicht mit der Unentschlossenheit der Politiker abfinden wollen, können Sie in unser Land kommen und sich uns anschließen, um Europa zu verteidigen", erklärte Selenskyj am Freitag.

Unterschiedliche Angaben über Verluste

Die ukrainischen Streitkräfte haben Russland nach eigenen Angaben schwere Verluste zugefügt. Bisher hätten die einrückenden Truppen 2.800 Soldaten "verloren", teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Freitagnachmittag mit. Dabei war unklar, ob es sich um getötete, verwundete oder gefangene Soldaten handeln soll. Außerdem seien schätzungsweise bis zu 80 Panzer, mehr als 500 weitere Militärfahrzeuge sowie 10 Flugzeuge und 7 Hubschrauber zerstört worden. Die Angaben können derzeit nicht unabhängig überprüft werden. Zuvor hatten die Streitkräfte mitgeteilt, es seien mehr als 1.000 russische Angreifer getötet worden. "Wir sind stark! Der Sieg wird unser sein!", betonte das Ministerium. Russland hat nach eigenen Angaben keine nennenswerten Verluste erlitten.

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(Quelle: apa)

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