Die SPÖ ist mit ihren 52 Mandataren ausreichend im Nationalrat vertreten, um ohne Unterstützung durch andere Parteien einen U-Ausschuss zu initiieren. Notwendig dafür ist ein Viertel der Stimmen der Abgeordneten, bereits 46 Stimmen reichen also aus. Nach dem (seit 2015 geltenden) Minderheitsrecht wurden bisher zwei U-Ausschüsse eingesetzt, zur Causa Hypo und zu den Eurofightern.
Jan Krainer soll Vorsitz übernehmen
Der Wille der Bundesregierung zur Aufklärung in der Causa habe bisher zu wünschen übrig gelassen, gab Kern zu verstehen. "Ich bin der Auffassung, wir können nicht zur Tagesordnung übergehen", sagte er bei der Pressekonferenz, die mit Verzögerung nach Ende der Sitzung des Nachrichtendienste-Unterausschusses des Innenausschusses begonnen hatte. Bereits entschieden ist die Frage, wer den Fraktionsvorsitz im U-Ausschuss für die SPÖ übernimmt: SP-Abgeordneter Jan Krainer.
Kern: "Reichlich unklar, was passiert ist"
Kern begründete die Entscheidung für die Einsetzung auch damit, dass es rund um die Hausdurchsuchung beim BVT "eine Reihe von Fragezeichen" gegeben habe. Es sei "reichlich unklar, was passiert ist", insbesondere auch, was den Einsatz der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) bei der Hausdurchsuchung betreffe.
Kritisch betrachtete der SP-Klubchef auch die Reden von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) im Bundes- wie Nationalrat. Dieser habe dort "Wutreden" gehalten, und "die Opposition beschimpft". "Aus unserer Sicht ist es ganz eindeutig nicht gelungen, offene Fragestellungen zu beantworten; stattdessen hat er das alles als Verschwörungstheorien bezeichnet." Auch aufseiten der ÖVP ortete Kern eine Reihe von Ungereimtheiten, so gebe es den Verdacht, dass Daten an "Kollegen im ÖVP-Parlamentsklub weitergespielt worden sind", sagte er.
U-Ausschuss kann im Mai starten
Auf heiklem Terrain wird sich der U-Ausschuss zur Causa BVT bewegen - ist das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung doch eine polizeiliche Sonderbehörde, die aus Gründen der nationalen Sicherheit zu einem guten Teil im Geheimen agiert. Akten dazu müssten dem Ausschuss nicht vorgelegt, Fragen dazu nicht beantwortet werden. Starten kann der U-Ausschuss im Mai.
BVT muss keine Auskunft über Staatsgeheimnisse geben
Staatsgeheimnisse werden im U-Ausschuss gewiss nicht gelüftet. Denn im Bundes-Verfassungsgesetz (Art. 52 und 53) sind "Auskünfte und Unterlagen, insbesondere über Quellen, deren Bekanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde" ausdrücklich von der Verpflichtung aller staatlichen Organe ausgenommen, einem U-Ausschuss Auskunft zu gewähren. Für aus Sicherheitsgründen sensible Dokumente kann auch per Klassifizierung festgelegt werden, dass sie z.B. von den Abgeordneten eingesehen werden, sie aber nichts darüber berichten dürfen. Recht häufig wird es wohl dazu kommen, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Das ist bei heiklen Aussagen von Auskunftspersonen möglich.
Sehr wohl untersuchen kann der U-Ausschuss, wie es zu den umstrittenen Hausdurchsuchungen beim BVT kam, wer politische Verantwortung für allfällige Verfehlungen trägt - oder auch, ob die Strukturen des BVT geeignet sind, um Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zu gewährleisten.
Ist U-Ausschuss überhaupt zulässig?
Sofort kann dieser allerdings nicht zu arbeiten beginnen. Zunächst muss der Geschäftsordnungsausschuss prüfen, ob das Verlangen rechtlich zulässig ist. Das kann bis zu acht Wochen dauern: Binnen vier Wochen muss der GO-Ausschuss die Beratungen aufnehmen, binnen weiterer vier Wochen muss er über die Zulässigkeit entscheiden. Sollte der Hauptausschuss zum Schluss kommen, dass das Verlangen unzulässig ist, könnten die SPÖ-Abgeordneten den Verfassungsgerichtshof anrufen.
Wird dem Verlangen (per Bericht an den Nationalrat) stattgegeben, kann es losgehen. Im GO-Ausschuss wird gleich noch festgelegt, welche Fraktion wie viele Sitze im U-Ausschuss bekommt - wobei jeder Partei mindestens ein Vertreter zusteht. Auf Vorschlag des Nationalratspräsidenten bzw. der Präsidiale wählt der Geschäftsordnungsausschuss außerdem den Verfahrensrichter und den Verfahrensanwalt.
Bures wird wohl U-Ausschuss leiten
Der Vorsitz in dem U-Ausschuss stünde kraft Gesetz dem Nationalratspräsidenten zu. Wolfgang Sobotka (ÖVP) hat allerdings schon im Vorfeld wissen lassen, dass er sich vertreten lässt - war er bis vor kurzem doch selbst Innenminister. Damit wird es wieder die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) sein, die (damals noch als Nationalratspräsidentin) schon den ersten Minderheits-U-Ausschuss zur Causa Hypo geleitet hat. Den Vorsitz im zweiten von einer Minderheit eingesetzten U-Ausschuss zu den Eurofightern hatte federführend der damals Zweite Präsident Karlheinz Kopf (ÖVP).
Im GO-Ausschuss muss noch - mehrheitlich - ein weiterer wichtiger Beschluss gefasst werden, nämlich der "grundsätzliche Beweisbeschluss". Da geht es bereits um die Frage des Quellenschutzes, denn darin wird festgelegt, welche Ministerien und andere Stellen welche Akten ans Hohe Haus zu liefern haben.
Eurofighter-Ausschuss könnte fortgesetzt werden
Ist das alles erledigt, ist der Untersuchungsausschuss "unverzüglich" zu konstituieren. Die ersten Auskunftspersonen könnten ab Mitte Mai befragt werden. Dauern darf der Ausschuss grundsätzlich 14 Monate, in Ausnahmefällen kann er aber maximal zweimal um jeweils drei Monate verlängert werden.
Sehr wahrscheinlich ist, dass neben dem BVT-U-Ausschuss auch noch ein zweiter zur Fortsetzung der Eurofighter-Untersuchung eingesetzt wird. Dafür ist aber die Zustimmung der Regierungsparteien nötig - darf ein Abgeordneter doch kein zweites Verlangen unterstützen, während ein von ihm mit-initiierter U-Ausschuss tagt. Darüber, dass der - wegen der Neuwahl vorzeitig beendete - Eurofighter-U-Ausschuss fortgesetzt werden soll, sind sich die Parteien prinzipiell einig.
Salzburg24
(APA)
(Quelle: salzburg24)