"Wir werden jeden nach Hause bringen", kündigte der britische Verkehrsminister Grant Shapps auf Twitter an. Mit deutschen Reiseveranstaltern von Thomas Cook sind derzeit 140.000 Touristen im Urlaub. Zudem seien "für Reisen mit Abreisen heute und morgen rund 21.000 Gäste gebucht", teilte die Thomas Cook GmbH in Oberursel am Montag auf Nachfrage der dpa mit.
Dritter größter Pauschalreisen-Anbieter in Österreich
In Österreich ist Thomas Cook der drittgrößte Anbieter von Pauschalreisen nach TUI und Rewe Austria Touristik, mit rund einer Viertelmillion Reisenden jährlich. Ende 2017 beteiligte sich der Konzern mit seiner Airline Condor auch im Verfahren um die insolvente Fluglinie Niki, und kooperierte später mit dem erfolgreichen Bieter Laudamotion.
Die deutsche Thomas-Cook-Tochter Condor hält den Flugbetrieb aber aufrecht.
Verhandlungen um Thomas Cook gescheitert
Zuvor waren die Bemühungen um eine Rettung des angeschlagenen Konzerns gescheitert. Die britische Regierung lehnte eine Finanzierungsbitte über 150 Mio. Pfund (knapp 170 Mio. Euro) ab. "Das ist natürlich eine Menge Steuergeld und stellt, wie die Menschen anerkennen werden, eine moralische Gefahr für den Fall dar, dass Unternehmen künftig mit solchen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert werden", sagte Johnson noch vor der Betriebseinstellung.
Die Transportgewerkschaft TSSA machte die Regierung dafür verantwortlich, dass die weltweit 21.000 Mitarbeiter, davon 9.000 in Großbritannien, ihre Jobs verlieren. "Dass sie (die Regierung) unsere Mitglieder lieber hängen lassen als Thomas Cook zu retten, ist beschämend und falsch", sagte Gewerkschaftschef Manuel Cortes einer Mitteilung zufolge.
Das Unternehmen stellte einen Insolvenzantrag, wie der zweitgrößte Reisekonzern Europas Montagfrüh auf seiner Website mitteilte. Der Flugbetrieb in Großbritannien wurde nach Angaben der britischen Luftfahrtbehörde CAA mit sofortiger Wirkung eingestellt. Peter Fankhauser, der Chef von Thomas Cook, bezeichnete das Scheitern der Bemühungen zur Rettung des Touristikkonzerns als "verheerend". Noch bis Sonntagabend war mit Investoren über eine zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Mio. Pfund verhandelt worden. Der chinesische Mehrheitseigner Fosun zeigte sich "enttäuscht".
Condor fliegt weiter
Der Ferienflieger Condor ist nicht von der Einstellung des Flugbetriebs betroffen. "Wir führen den Flugbetrieb ganz regulär fort", sagte eine Condor-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Natürlich gebe es besorgte Kunden, die sich bei dem Ferienflieger telefonisch meldeten. "Es ist toll, unseren Kunden sagen zu können, dass wir weiter fliegen und dass der Flug normal geht", sagte sie.
Die deutschen Veranstaltertöchter, zu denen Marken wie Neckermann Reisen, Bucher Last Minute, Öger Tours, Air Marin und Thomas Cook Signature gehören, haben den Verkauf von Reisen nach eigenen Angaben komplett gestoppt. Man könne nicht gewährleisten, dass gebuchte Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September stattfinden, teilte Thomas Cook GmbH in der Früh in Oberursel bei Frankfurt mit.
Die Luftfahrtbehörde CAA teilte mit, sie habe eine Flugzeugflotte bereit gestellt, um Urlauber nach Großbritannien zurückzuholen. Die britische Regierung betonte, im Zuge der "Aktion Matterhorn" würden die Maschinen Touristen ungeachtet ihrer Nationalität ausfliegen, falls sie eine Reise mit Ziel Großbritannien gebucht hätten. "Die größte Rückführungsaktion des Vereinigten Königreichs in Friedenszeiten ist angelaufen", so Transportminister Shapps. "Es ist eine riesige Aufgabe, es wird einige Verzögerungen geben, aber wir arbeiten rund um die Uhr, um alles zu tun, was wir können." Bereits in der Nacht starteten bereits erste Flugzeuge zu verschiedenen Zielen. Für Urlauber im Ausland wurde die Website thomascook.caa.co.uk geschaltet.
Für deutsche Pauschalreisende zahlt Versicherung
Während bei Pauschalreisenden aus Deutschland im Fall einer Insolvenz des Veranstalters ein Versicherer einspringt, bezahlt in Großbritannien der Staat für die Rückholung gestrandeter Urlauber aus dem Ausland.
Thomas Cook verhandelte zuletzt mit Investoren über weiteres Kapital in Höhe von rund 200 Mio. Pfund für seine Sanierungspläne. Diese kämen zu einem bereits ausgehandelten 900 Mio. Euro schweren Rettungspaket hinzu. Thomas Cook verhandelte zum einen mit dem chinesischen Mischkonzern Fosun, der den TUI-Konkurrenten übernehmen wollte, aber auch mit Banken und Anleihegläubigern.
Thomas Cook war in den vergangenen Jahren immer wieder in Schieflage geraten. Bereits im Jahr 2012 retteten mehrere Banken den Konzern mit frischem Geld nach immensen Abschreibungen auf das britische Geschäft und IT-Systeme. Auch dadurch sitzt Thomas Cook auf einem Schuldenberg in Milliardenhöhe und ächzt unter der hohen Zinslast. Der jüngste Preiskampf im Reise- und Fluggeschäft kam erschwerend hinzu, ebenso anhaltende Unsicherheit rund um den Brexit, die die Urlaubsfreude der britischen Kundschaft dämpft.
Thomas Cook wollte Fluggesellschaften verkaufen
Um dringend benötigtes Geld zu bekommen, hatte der Konzern im Februar sogar seine Fluggesellschaften samt Condor zum Verkauf gestellt. Im Juli blies er das Vorhaben wieder ab und präsentierte stattdessen einen umfangreichen Rettungsplan mit Investoren - der nun scheiterte.
Das Sommerhalbjahr bis Ende September werde deutlich schwächer als 2018, hatte Konzernchef Fankhauser Mitte Juli erklärt - und die Vorlage der Quartalszahlen abgeblasen. Dass es noch immer keine Klarheit über den Brexit gibt, dürfte die Lage noch verschärft haben. Großbritannien ist neben Deutschland der wichtigste Absatzmarkt für Thomas Cook.
(Quelle: apa)