Investigativ-Bericht

Firma aus Israel manipuliert weltweit 27 Wahlen

Veröffentlicht: 15. Februar 2023 14:25 Uhr
27 internationale Wahlen manipuliert haben soll eine Firma aus Israel – das berichten nun Investigativ-Reporter. Für die Manipulation auf sozialen Medien sei eine eigene Plattform namens Aims entwickelt worden.
SALZBURG24 (tp)

Eine israelische Firma hat nach Angaben von investigativ arbeitenden Reportern gegen Bezahlung weltweit Wahlen manipuliert. Nach internationalen Recherchen, an denen auch der "Standard", der "Spiegel" und die "Zeit" beteiligt waren, hat das sogenannte "Team Jorge" Kunden aus Wirtschaft und Politik.

Um ihre Ziele zu erreichen, setzen die ehemaligen Militärs und Agenten laut der Recherche der Investigativredaktion Forbidden stories gezielt Fake News und Hacking-Methoden ein.

Einmischung in 33 nationale Wahlkämpfe?

Die Berichte basieren auf sechs Stunden heimlich aufgenommener Gespräche, in denen der Firmenchef Tal Hanan und sein Team drei Reportern von "Haaretz", "The Marker" und "Radio France", die sich als potenzielle Kunden ausgaben, ihren Service vorstellen. Das Team habe sich bisher in 33 nationale Wahlkämpfe und Abstimmungen eingemischt, unter anderem in Kenia, Nigeria, Indonesien und Trinidad und Tobago, hieß es. 27 der Einsätze seien erfolgreich gewesen, hört man Tal Hanan in der Aufnahme sagen. Für die Manipulation auf sozialen Medien habe das Team eine eigenen Plattform namens Aims entwickelt, mit der man verifizierte Nutzerkonten schaffen könne. Nicht alle Behauptungen könnten aber unabhängig überprüft werden, hieß es.

"Armee" mit über 30.000 Bots

Die Firma hat ihren Sitz den Reportern zufolge in der israelischen Stadt Modiin - diese liegt etwa auf halben Weg zwischen Tel Aviv und Jerusalem. Das Team kontrolliere eine "Armee" von mehr als 30.000 Bots, berichtete der britische "Guardian" am Mittwoch. Dabei handle es sich um Profile auf sozialen Medien, hinter denen keine echten Menschen stehen. Diese seien extrem raffiniert gestaltet und gleichzeitig auf verschiedenen Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube vertreten. Das Team sei nach eigenen Angaben auch in der Lage, Telegram und Gmail zu hacken. Mithilfe von Schmutzkampagnen und gestohlenen Informationen werde so die öffentliche Meinung gezielt beeinflusst.

Buchung von "Unruhen"

Man könne gewissermaßen "Unruhen" buchen, erklärte das israelische Unternehmen, schreibt der "Standard". Sechs bis 15 Millionen Dollar koste eine Kampagne auf nationaler Ebene, bezahlbar in Cash oder Bitcoin. Man bietet auch Operationen am Wahltag an, intern als "D-Day" bezeichnet; da könne man die Computersysteme von Oppositionellen angreifen oder Unregelmäßigkeiten beim Wahlgang erzeugen.

Den drei Undercover-Journalisten zeigte das "Team Jorge" etwa, wie einfach sie auf ein gehacktes Telegram-Konto eines Politikberaters in Kenia zugreifen und von dort aus selbst Nachrichten verschicken können. Offenbar vergaßen sie danach, den Chat aus dem Konto des Empfängers zu löschen, wie ein "Spiegel"-Redakteur nachweisen konnte.

"Team Jorge" im Fokus

Zahlreiche andere Behauptungen des "Team Jorge" über dessen Operationen lassen sich mit echten Ereignissen verknüpfen. So wurde etwa mit Eingriffen in Trinidad und Tobago geprahlt - und in dem karibischen Inselstaat gab es im Jahr 2013 tatsächlich einen Skandal rund um E-Mails, in denen Korruption und Überwachungsmaßnahmen besprochen wurden. Die seien allesamt gefälscht, verteidigten sich die Betroffenen damals, berichtet der "Standard" weiter.

In der Präsentation des "Team Jorge" kam auch Indonesien vor - dort gab es 2019 Cyberangriffe auf Wählerverzeichnisse. In Nigeria wurden Telefone von Oppositionellen mit Anrufen geflutet. Auch Kampagnen in den USA, wo "Team Jorge" auf nationaler Ebene laut eigenen Angaben nicht aktiv war, wurde manipuliert. Gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin und vor allem in Israel unternehme man nichts, wurde hingegen den Journalisten erläutert. "Man scheißt nicht dahin, wo man schläft", erklärte einer der Männer des Team Jorge.

Auf Anfrage des Recherchekonsortiums wiesen die Manager des Unternehmens jedwede illegale Aktivität von sich. In Sicherheitskreisen ist "Jorge" kein Unbekannter: Firmenchef Tal Hanan hatte einst Karriere beim israelischen Militär gemacht. Die Geschäfte führt offenbar dessen Bruder Zohan Hanan, er soll wiederum jahrelang im Geheimdienst aktiv gewesen sein.

(Quelle: apa)

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