"Kurz die Errichtung eines KZs vorzuwerfen, ist historisch bedingt völlig jenseitig und vollkommen fehl am Platz", erklärte Karas. "Pittella muss sich umgehend entschuldigen. Denn selbst wenn man unterschiedlicher Meinung ist, muss ein Restanstand gewahrt bleiben." Der italienische Sozialdemokrat hatte unter anderem getwittert: "Das ist nicht das Europa, für das wir uns einsetzen."
Am Donnerstag hatte Kurz bei seinem italienischen Amtskollegen Angelino Alfano darauf gepocht, illegal in Italien via Mittelmeer eingetroffene Migranten nicht mehr von Inseln auf das Festland zu lassen. Er habe Alfano gesagt, dass "wir uns erwarten, dass der Fährenverkehr für illegale Migranten zwischen den italienischen Inseln wie Lampedusa und dem italienischen Festland eingestellt wird", sagte Kurz nach dem Gespräch.
Kurz' Aussagen stoßen in Italien auf viel Kritik
Die Aussagen des österreichischen Außenministers stoßen in Italien generell auf viel Kritik. "Von benachbarten und befreundeten Ländern erwarten wir uns Solidarität und Hilfe, nicht Drohungen. Lampedusa ist italienisches Gebiet, Österreich darf sich nicht in das einmischen, was wir bei uns zu Hause tun", kommentierte die Präsidentin von Kärntens Nachbarregion Friaul-Julisch Venetien, Debora Serracchiani.
"Italien ist allein mit den Migrationsströmen aus Nordafrika konfrontiert. Von Kurz fordern wir zumindest Respekt für unsere Bemühungen. Wir arbeiten schließlich auch im Interesse seines Landes", so Serracchiani.
Martello: "Derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi erwartet"
Der Bürgermeister der italienischen Insel Lampedusa, Salvatore Martello, kommentierte die Kurz-Botschaft auch äußerst deftig: "Eine derartige Aussage hätte ich mir von einem Neonazi, nicht von einem Vertreter eines EU-Landes erwartet. Offenkundig weiß Kurz nicht, wie groß Lampedusa ist. Er vergisst, dass hier 6.000 Einwohner leben, die sich als Europäer fühlen", so Martello laut ANSA.
"Aus Kurz ' Worten entnehme ich, dass er nicht weiß, wie Landungen von Flüchtlingsschiffen erfolgen und wie Migranten behandelt werden, die auf Lampedusa eintreffen. Er weiß nicht, welchen Einsatz diese Insel und ihre Einwohner für die Versorgung der Migranten leisten", so Martello.
Der am 11. Juni gewählte Martello hatte die Kommunalwahl gegen die Bürgermeisterin der süditalienischen Insel, Giuseppina Nicolini, gewonnen, die wegen ihres Einsatzes für Flüchtlinge im April mit dem UNESCO-Friedenspreis ausgezeichnet worden war. Nicolini verfehlte überraschend die Wiederwahl.
Lunacek fordert Beweise für Kurz' Anschuldung
Die Grünen-Spitzenkandidatin bei der Nationalratswahl, Ulrike Lunacek, verlangte unterdessen von Kurz Beweise für dessen Anschuldigung verlangt, wonach einige NGOs, die im Mittelmeer Bootsflüchtlinge retten, mit Schleppern zusammenarbeiten. Der Verteidigungsausschuss des italienischen Parlaments komme nämlich in einem Bericht zum Schluss, dass es solche Beweise nicht gibt.
Nachdem Kurz seine Vorwürfe "mittlerweile schon fast täglich wiederholt", solle er dies belegen, forderte Lunacek am Freitag in einer Aussendung. Mit Schleppern zusammenzuarbeiten, sei in Italien ein Strafrechtsdelikt.
"Geht in Richtung Verleumdung"
"Umso unerträglicher ist es, dass er (Kurz) seine wiederkehrenden Anschuldigungen ohne jegliche Beweise verbreitet, aber die Antwort auf die Frage schuldig bleibt, welche NGOs er denn nun meine", kritisierte die Vizepräsidentin des Europaparlaments. Dies "geht in Richtung Verleumdung". "Eine derartige Vorgangsweise ist eines Ministers unwürdig und auch durch wahltaktische Überlegungen nicht zu rechtfertigen."
Kurz hatte nach einem Treffen mit dem italienischen Außenminister Angelino Alfano am gestrigen Donnerstag in Wien einen von Italien geplanten Verhaltenskodex für NGOs, die Flüchtlinge und Migranten aus dem Mittelmeer retten, gelobt. Namen von Hilfsorganisationen, denen er etwa vorwirft, bereits in libyschen Gewässern zu operieren oder mit Schleppern zusammenarbeiten, blieb der Minister auf eine Journalistenfrage schuldig.
(APA)
(Quelle: salzburg24)