Welt

Türkei zitiert deutschen Botschafter nach Ankara wegen Fernsehsatire

Veröffentlicht: 29. März 2016 13:48 Uhr
Das türkische Außenministerium hat den deutschen Botschafter wegen eines NDR-Satirebeitrags über Präsident Recep Tayyip Erdogan zum Rapport bestellt. Dem Botschafter Martin Erdmann sei vor einer Woche der Protest Ankaras über das Spottlied "Erdowi, Erdowo, Erdogan" übermittelt worden, sagte am Dienstag ein türkischer Diplomat.
Katharina Köhn

"Wir haben verlangt, dass die Sendung gelöscht wird", so der Diplomat, der anonym bleiben wollte. Bei der Beschwerde ging es um einen knapp zweiminütige Song aus der NDR-Sendung "extra 3" vom 17. März. In der an diesem Abend in der ARD ausgestrahlten Sendung hieß es über Erdogan unter anderem: "Er lebt auf großem Fuß, der Protz vom Bosporus".

Thema der Satire: Angriffe auf Pressefreiheit in Türkei

Außerdem thematisiert das im Internet abrufbare Lied die jüngsten Angriffe auf die Pressefreiheit in der Türkei. So hieß es: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Über die diplomatischen Auswirkungen der Satire hatte am Montag zunächst "Spiegel Online" berichtet. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete die diplomatische Intervention von Erdogan gegen die NDR-Satire am Dienstag als "lächerlich". Der türkische Machthaber habe "offenbar die Bodenhaftung verloren", sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. "Wenn er wegen einer Satire den deutschen Botschafter in den Senkel stellt, haben die Macher von 'extra 3' ins Schwarze getroffen. Glückwunsch dazu!"

Erdogan zum Gespött der sozialen Netzwerke

Erdogans außenpolitische "Empörung" sei "so lächerlich, dass er sich zum Gespött der sozialen Netzwerke gemacht hat." Über das berechtigte Gelächter dürfe aber nicht übersehen werden, dass "die Verfolgung kritischer Journalisten in der Türkei bittere Realität ist", so Überall. Er hoffe, dass der deutsche Botschafter in Ankara den türkischen Präsidenten auf die Bedeutung des Grundrechts Pressefreiheit hingewiesen habe, sagte Überall.

Kritik an Erdogan wegen Umgang mit Journalisten und Medien

Kritiker im In- und Ausland werfen Erdogan und der Regierung in Ankara vor, mit immer drastischeren Mitteln gegen kritische Journalisten und Medien vorzugehen. Auch die EU beklagt einen zunehmenden Druck auf die Medien im Beitrittsbewerberland. Die türkische Regierung weist die Vorwürfe zurück. Zudem brachte Erdogan zuletzt neben Journalisten und Bloggern auch vermehrt einfache Bürger, darunter Jugendliche, wegen "Präsidentenbeleidigung" vor Gericht. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte die Einbestellung des deutschen Botschafters am Dienstag auf dpa-Anfrage nicht kommentieren.

Deutsche Fernsehsatire mit Erdogan

Im Text des Liedes mit dem Refrain "Erdowie, Erdowo, Erdowahn" heißt es zum Beispiel: "Er lebt auf großem Fuß, der Boss vom Bosporus." Dazu werden Bilder von Erdogans neuem Palast gezeigt, der wegen seiner Größe und Kosten umstritten ist. Zu Bildern von der Abführung eines Journalisten und der Erstürmung einer Redaktion lautet der Text: "Ein Journalist, der irgendwas verfasst, was Erdogan nicht passt, ist morgen schon im Knast." Bilder eines Treffens zwischen dem türkischen Präsidenten und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel, bei dem sich beide die Hände schütteln, sind unterlegt mit dem Text "Sei schön charmant, denn er hat Dich in der Hand".

(APA)

(Quelle: salzburg24)

Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken