Welt

UNO-Bericht: 2015 kein gutes Jahr für Religionsfreiheit

Syrien und Saudi-Arabien besonders betroffen
Veröffentlicht: 30. Dezember 2015 12:25 Uhr
In Sachen Religionsfreiheit war 2015 kein gutes Jahr. Zu diesem Resümee kommt der UNO-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Heiner Bielefeldt, in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) laut Kathpress. In vielen Ländern der Erde beobachte er "massive Einbrüche", was ein Grund zu großer Sorge sei.

Besonders schlimm sei die Lage im Nahen Osten, insbesondere in Syrien durch den "Islamischen Staat" (IS), sowie in Saudi-Arabien, sagte der Professor für Menschenrechte und Menschenrechtspolitik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.

Auch in Indien verschärfe sich die Situation unter der neuen hindu-nationalistischen Regierung, so Bielefeldt: "Es kommt teils zu massiven Restriktionen für die Minderheiten von Christen und Muslimen." In Myanmar (Burma) wachse ebenfalls der Druck auf Minderheiten im Namen einer Nationalideologie, und zwar unter buddhistischem Vorzeichen. Und in Ägypten würden Anhänger des ehemaligen islamistischen Präsidenten Mohammad Mursi verfolgt.

Zugleich gebe es aber vielerorts neue Initiativen zur Verteidigung dieses Menschenrechts, sagte der Experte. So hätten sich 2015 etwa Parlamentarier aus allen Kontinenten zusammengeschlossen, um für die Religionsfreiheit einzutreten. Auch im EU-Parlament gebe es neues Engagement: "Das Bewusstsein für die Gefährdung ist gewachsen."

Nach Einschätzung von Bielefeldt wird Religion wieder stärker als politische Größe wahrgenommen. "Aber bei der Bewertung religiös unterbauter Konflikte sollte man die Religion nicht isoliert betrachten, sondern sie immer in gesellschaftspolitischem Kontext sehen", betonte der Menschenrechtsexperte. Ob sie dabei Konflikte verschärfe oder eher löse, hänge wesentlich davon ab, "wie die Menschen mit ihren Überzeugungen umgehen und sie interpretieren".

Deutliche Kritik übte Bielefeldt an Saudi-Arabien. "Zu den Anschlägen auf (die französische Satirezeitschrift) 'Charlie Hebdo' (im Jänner 2015) wusste man nicht viel mehr zu sagen, als dass die Opfer es ja eigentlich selbst verschuldet hätten." Der neue König Salman habe erste Reformansätze wieder zurückgenommen, beklagte der Experte. Nun gelte in dem Land sogar Atheismus als Terrorismus.

Besondere Integrationsverpflichtungen für Flüchtlinge hält der UNO-Sonderbeauftragte nicht für sinnvoll. Mentalitäten und Traditionen ließen sich nicht mit einem Federstrich verändern, sagte Bielefeldt. Das verlange langfristige Lernprozesse. Wenn der Staat von Muslimen "Sonderbekenntnisse" abverlange, schaffe das eher Misstrauen.

Nötig sei ein Wandel durch Aufklärung, "und das ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft", so Bielefeldt: "Wir müssen etwaige Probleme auf allen Ebenen von der Schule bis zum Integrationskurs offen ansprechen, angemessene Lösungen finden und sie einfordern." In jedem Falle müsse das Thema Religion bei Integrationskursen stärker in den Blick genommen werden. "Religion gehört zur Identität der Menschen, deshalb muss sie ernst genommen werden." Allerdings dürften Probleme wie die Zwangsverheiratung oder die Verneinung der Gleichberechtigung von Mann und Frau nicht einfach auf den Islam zurückgeführt werden.

Der UNO-Experte sprach sich gegen ein generelles Verbot der Vollverschleierung aus. Es biete Frauen, die sich aus engen Milieustrukturen befreien wollten, keine Hilfe. Der Staat könne aber die Vollverschleierung etwa für Lehrer, Beamte oder in Prüfungssituationen durchaus verbieten, da die Religionsfreiheit nicht absolut gelte und im Konfliktfall mit anderen Grundrechten abzuwägen sei.

(Quelle: salzburg24)

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