Welt

Van der Bellen und Pahor kämpfen für "Renaissance der EU"

Veröffentlicht: 24. Mai 2017 15:19 Uhr
Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein slowenischer Amtskollege Borut Pahor haben sich für eine beherzte EU-Reform ausgesprochen. "Für den Wohlstand ist es wichtig, dass wir Wege für eine Renaissance der Europäischen Union finden", sagte Pahor am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz in Ljubljana. Van der Bellen äußerte die Hoffnung auf weitere Mitstreiter.

"Ich hoffe, dass wir keine Einzelkämpfer bleiben bei der Notwendigkeit einer Renaissance der Europäischen Union", sagte Van der Bellen. Der Brexit habe "sehr vielen Menschen die Augen geöffnet dafür: Es kann passieren, das Auseinanderbrechen kann passieren." Der Wahlsieg von Emmanuel Macron in Frankreich sei aber ein "gutes Zeichen für Zusammenarbeit und die notwendigen Veränderungen in der Europäischen Union" gewesen.

Van der Bellen strich in diesem Zusammenhang auch den österreichischen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr 2018 hervor. Dieser werde wegen des Abschlusses der Brexit-Verhandlungen "eine Bedeutung haben, die über das Übliche hinausgehen wird". "Inzwischen ist die Frage des Neuwahltermins geklärt. Wenigstens das ist etwas Gutes der Entwicklung der vergangenen Wochen", sagte der Bundespräsident in Anspielung darauf, dass der Ratsvorsitz jetzt nicht mit der Nationalratswahl zusammenfällt.

Pahor hofft, Grenzkontrollen "in sechs Monaten abzuschaffen"

Pahor äußerte die Hoffnung, dass die wegen der Flüchtlingskrise eingeführten österreichischen Grenzkontrollen "in sechs Monaten abgeschafft werden". "Ich muss betonen, dass Slowenien die Schengenkontrollen an seinen Grenzen sehr gewissenhaft durchführt", betonte der slowenische Präsident. Außerdem sei keine neuerliche große Flüchtlingswelle zu erwarten. Er sehe daher "keine begründeten Sorgen", die Österreich haben könnte. Eine Aufhebung der Grenzkontrollen sei auch "ein Signal, dass die Dinge in die richtige Richtung gehen und (die Flüchtlingsfrage) gelöst wird".

Van der Bellen beklagte anlässlich des Manchester-Anschlags das Versagen europäischer Staaten bei der Integration. "Der Terrorist wurde nicht aus dem Nahen Osten importiert, sondern war jemand, der hier geboren wurde", sagte er in Ljubljana. "Hier muss etwas ganz falsch gelaufen sein bei der Integration, anders kann man sich das nicht erklären."

Gemeinsame Stellungnahme zu Manchester-Anschlag

Van der Bellen und Pahor hatten bei ihrem Besuch demonstrativ eine gemeinsame Stellungnahme zum Manchester-Anschlag abgegeben. Sie sprachen von einem "barbarischen Angriff", forderten mehr Zusammenarbeit im Kampf gegen Extremismus und Terrorismus, doch sollten sich die Menschen auch "nicht einschüchtern lassen und die gewohnten Lebensweisen beibehalten".

In ihrer halbstündigen Pressekonferenz schnitten Van der Bellen und Pahor zahlreiche offene Fragen an, von der stockenden Eigentumsrückgabe an Österreicher über das Atomkraftwerk Krsko bis zur Minderheitenfrage. Man sollte aber "nicht den Eindruck bekommen, dass wir nur über strittige Fragen gesprochen haben", sagte Van der Bellen zur Erheiterung der Journalisten.

Positiv äußerten sich die Präsidenten zum Kompromiss im Streit um die Erwähnung der slowenischen Volksgruppe in der Kärntner Landesverfassung. Van der Bellen lobte diesbezüglich die "unermüdliche Geduld" von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), der zum Besuch nach Ljubljana mitgekommen war. Es sei nun eine "sehr gute Formulierung" gefunden worden, die "keinen Zweifel daran lässt, dass selbstverständlich der Artikel 7 weiterhin und immerwährend gelten wird". Pahor sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung".

Pahor nahm auch zum Dauerbrenner der slowenischen Außenpolitik gegenüber Österreich Stellung, der Notifizierung der Rechtsnachfolge Sloweniens im Staatsvertrag. Für Slowenien sei wichtig, "dass Österreich uns als Nachfolgerin einer Signatarmacht (Jugoslawien, Anm.) versteht und auch so agiert", betonte Pahor. Konkret nannte er auch die Einbindung Ljubljanas im Streit um die Kärntner Landesverfassung. Solange Österreich sein Verhalten nicht ändere, habe Slowenien auch keine Veranlassung, sich anders zu verhalten. Van der Bellen stieß ins gleiche Horn und sagte: "Die österreichische Seite versteht nicht ganz, welche Bedeutung diese Notifizierung haben sollte."

Van der Bellen warb auch dafür, dass Slowenien der altösterreichischen Minderheit im Land stärker unter die Arme greift. Es gebe zwar Projektförderungen, doch fehle es an der Basisfinanzierung und die Vereine wüssten oft nicht, wie sie Miete oder Heizung bezahlen sollten. Pahor sagte, Slowenien sei verpflichtet, die Angehörigen der deutschsprachigen Volksgruppe stärker finanziell zu unterstützen. "Wir wünschen uns, dass sie weiter besteht, weil sie integraler Bestandteil unserer Kultur ist."

Kroatien: Pahor bittet Van der Bellen um Unterstützung

Pahor bat Van der Bellen auch um Unterstützung im Grenzkonflikt mit Kroatien. Der Bundespräsident sprach sich dafür aus, dass beide Staaten den für heuer erwarteten Schiedsspruch des im Jahr 2009 eingesetzten Ad-hoc-Tribunals akzeptieren. "Österreich hat großes Interesse daran, dass die Streitfragen, was das Mittelmeer betrifft, zwischen Slowenien und Kroatien gut gelöst werden", verwies Van der Bellen auch auf die Bedeutung des slowenischen Hafens Koper für die österreichische Wirtschaft.

Pahor betonte, dass Kroatien an das Abkommen gebunden sei. "Es kann bei der Umsetzung des Schiedsspruches keinen Kompromiss geben." Das Schiedsabkommen sei bei der UNO hinterlegt und Zagreb müsse es akzeptieren. Ansonsten drohe eine Rückkehr "der Zeit der Grenzzwischenfälle und ungelösten Fragen. Das wünscht sich niemand", warnte der slowenische Präsident. Auch Van der Bellen warnte: "Wenn Kroatien den Spruch nicht anerkennt, dann beginnt alles wieder von vorne."

(APA)

(Quelle: salzburg24)

UNO
Lädt
Du hast die maximale Anzahl an Autor:innen/Themen erreicht. Um dem Thema zu folgen, entferne bitte andere Autor:innen/Themen. Themen bearbeiten

Um "meine Themen" nutzen zu können, musst Du bitte der Datenspeicherung hierfür zustimmen

Kommentare (0)
Diskussion anzeigen K Diskussion ausblenden Esc
merken
Nicht mehr merken