Bei dem Wahlgang hatte der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen knapp gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer gesiegt. Dessen Partei setzte sich nun mit ihrer Anfechtung durch. Die Aufgaben des Bundespräsidenten übernimmt daher ab Freitag nächster Woche interimistisch das Nationalratspräsidium.
Hofer spricht von einem "kuren und knackigen Wahlkampf"
Wahlverlierer und Anfechtungssieger Hofer versprühte umgehend Optimismus und versprach einen "kurzen und knackigen Wahlkampf". Als Dritter Nationalratspräsident - und damit als interimistischer Drittelinhaber der Bundespräsidenten-Geschäfte - werde er sich nicht karenzieren lassen: "Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete."
Auch Van der Bellen zuversichtlich
Van der Bellen zeigte sich ebenso zuversichtlich. "Natürlich stelle ich mich der Wiederholung dieser Stichwahl und ich beabsichtige auch, diese zum zweiten Mal zu gewinnen", sagte er vor Journalisten. Rückwind für Hofer infolge des Entscheids sah er nicht.
Strache sieht "keinen Grund zum Jubeln"
FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sah "keinen Grund zum Jubeln", aber einen Gewinn für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Grünen-Chefin Eva Glawischnig betonte, das nun aufgehobene Stichwahlergebnis habe dem Wählerwillen entsprochen: "Eine Mehrheit hat Alexander Van der Bellen zum Bundespräsidenten gewählt."
Holzinger: 77.926 Stimmen von Unregelmäßigkeiten betroffen
Von den bei der Briefwahl festgestellten Unregelmäßigkeiten waren laut Holzinger 77.926 Stimmen betroffen. Bei einem Vorsprung Van der Bellens auf Hofer von nur 30.863 Stimmen ist damit ein Einfluss auf das Wahlergebnis denkbar. Dass nun die Wahl in ganz Österreich wiederholt werden muss, begründete Holzinger damit, dass eine Wiederholung nur in den von den Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl betroffenen Bezirken technisch nicht möglich wäre. Gegen das System der Briefwahl an sich hegt der VfGH keine Bedenken.
Die Höchstrichter haben aber noch einen zweiten Punkt festgestellt, warum die Wahl in ganz Österreich wiederholt werden muss. Die vorzeitige bundesweite Weitergabe von Teilergebnissen an Medien und Forschungsinstitute war nach Ansicht des VfGH nicht zulässig. "Diese Veröffentlichung verstößt gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl", sagte der Präsident. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Weitergabe an ausgewählte Empfänger von Einfluss auf das Ergebnis sein konnte.
Nationalratspräsidenten übernehmen Fischers Agenden
Am Freitag nächster Woche werden die Aufgaben des Staatsoberhauptes nun automatisch an die drei Nationalratspräsidenten als Kollegialorgan übergehen, weil dann die zwölfjährige Amtszeit des scheidenden Präsidenten Heinz Fischer endet. Neben Doris Bures (SPÖ) und Karlheinz Kopf (ÖVP) wird damit auch der beim nun aufgehobenen Wahlgang unterlegene FPÖ-Kandidat Norbert Hofer in seiner Funktion als Dritter Nationalratspräsident die Aufgaben des Staatsoberhauptes übernehmen. Das Nationalratspräsidium betonte, dass man die Geschäfte des Staatsoberhauptes gewissenhaft ausüben werde. So wie Bures und Kopf betonte auch Hofer, dass man sich auf die wesentlichen Aufgaben beschränken werde und dass keine Staatsbesuche stattfinden werden.
Neuer Wahltermin noch nicht fix: September oder Oktober
Wann die Stichwahl wiederholt wird, steht noch nicht fest. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte an, dass die Regierung dies nächsten Dienstag beim Ministerrat erörtern will. Sobotka kündigte auch an, dass bei der Wahlwiederholung am Sonntag noch kein vorläufiges Endergebnis geben werde. Zudem seien klassische Hochrechnungen mit vorab zur Verfügung gestellten Teilresultaten diesmal nicht möglich.
Bures setzte sich ebenso wie Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) für einen raschen Termin für die Wiederholung der Stichwahl ein. Kern wünscht sich "einen kurzen Wahlkampf, der nicht von Emotionen getragen ist". Fischer erwartet sich einen fairen zweiten Wahlgang. Nach Ansicht des Bundespräsidenten hat mit dem VfGH-Urteil "die österreichische Demokratie eine Bewährungsprobe bestanden".
Hofer geht nun von einem "kurzen und knackigen Wahlkampf" aus. Karenzieren will er sich als Dritter Nationalratspräsident nicht lassen. "Ich werde beweisen, dass ich überparteilich auftrete", kündigte er an.
Auch Alexander Van der Bellen hat sich am Freitag zuversichtlich gezeigt, bei der zweiten Bundespräsidenten-Stichwahl im Herbst noch einmal als Sieger hervorzugehen. "Um allen Spekulationen vorzubeugen: Natürlich stelle ich mich der Wiederholung dieser Stichwahl und ich beabsichtige auch, diese zum zweiten Mal zu gewinnen", sagte er in einer Pressekonferenz am Freitag.
Bislang nur zwei teilweise Wahlwiederholungen
Bisher mussten nur zwei Bundeswahlen - die Nationalratswahl von 1970 und jene von 1995 - jeweils in einzelnen Regionen wiederholt werden. In beiden Fällen hatte die FPÖ die Wiederholung beantragt, jedes Mal verlor die ÖVP ein Mandat.
Nach der NR-Wahl 1995 bat der Verfassungsgerichtshof die Gemeinde Donnerskirchen (Burgenland) und den Wahlsprengel 2 der Tiroler Gemeinde Reutte noch einmal zu den Urnen. In Reutte war eine prominente Politikerin, die ÖVP-Familienministerin Sonja Moser, Auslöserin der Wahlaufhebung. Denn sie hatte in ihrer Heimatgemeinde die Stimme abgegeben, obwohl sie dort nicht mehr wahlberechtigt war. In Donnerskirchen waren falsche Stimmzettel (die für einen anderen Regionalwahlkreis bestimmt waren) verwendet worden. Die FPÖ war nicht nur mit ihrer Anfechtung, sondern auch im Ergebnis erfolgreich: Sie bekam mit der Wiederholung ein Mandat zulasten der ÖVP dazu.
Aufhebung nur bei entscheidendem Einfluss auf Wahlergebnis
Auch 1970 hatte die FPÖ die Wahl angefochten. Der VfGH ordnete die Wiederholung in drei Wiener Wahlkreisen (neun Bezirke) an - weil die NDP Unterschriften auf Unterstützungserklärungen gefälscht hatte, die sie für die Kandidatur brauchte. Sie bekam damals 850 Stimmen, der FPÖ fehlten nur 73 auf ein weiteres Mandat. Ein solches bekam jedoch nicht die FPÖ, sondern die SPÖ (auf Kosten der ÖVP), weil es für sie im Oktober noch viel besser lief als im März. Woraus Bruno Kreisky die Lehre zog - und die nächste Wahl schon ein Jahr später, im Oktober 1971, ausrief. Die Rechnung ging auf: Die SPÖ gewann erstmals in ihrer Geschichte die absolute Mehrheit. 1970 war sie zwar erstmals Erste geworden, aber es reichte noch nicht ganz für die Alleinregierung, nur für eine von der FPÖ unterstützte Minderheitsregierung.
1970 waren ziemlich viele Wahlberechtigte - zehn Prozent - von der Wiederholung betroffen, 1995/6 nur ein sehr kleiner Teil, nämlich etwas mehr als 2.000, das waren 0,04 Prozent der Wahlberechtigten. Aber auch das reichte, um das Wahlergebnis entscheidend - um ein Mandat - zu verändern. Der VfGH darf eine Wahl laut Verfassung auch nur dann aufheben, wenn die fehlerhaft zustande gekommenen bzw. ausgezählten Stimmen von entscheidendem Einfluss auf das Wahlergebnis sind.
(APA)
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(Quelle: salzburg24)