EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen werde bis Ende des Jahres eine Expertengruppe damit beauftragen, über das beste Vorgehen für Europa zu beraten, sagte sie in einer Rede im Europaparlament am Mittwoch in Straßburg.
"Zu meiner Zeit haben wir als Gesellschaft unseren Kindern beigebracht, dass sie bis zu einem bestimmten Alter nicht rauchen und trinken dürfen", so die Kommissionspräsidentin. "Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir das Gleiche für die sozialen Medien tun", betonte sie.
Eltern sorgten sich, wenn es um den ungehinderten Zugang ihrer Kinder zu sozialen Medien gehe. Etwa wegen der Algorithmen, die die Schwächen von Kindern ausnutzten, um sie süchtig zu machen. Sie könne diese Sorgen nachvollziehen, sagte die EU-Kommissionspräsidentin. "Wenn es um die Sicherheit unserer Kinder im Internet geht, glaubt Europa an Eltern, nicht an Gewinne."
Australien mit Vorreiterrolle bei Beschränkung
In ihrer Rede nannte von der Leyen Australien als mögliches Vorbild für die künftige europäische Politik. Das Land gilt als ein Vorreiter bei dem Thema. Dort ist es bereits beschlossene Sache, dass Jugendliche künftig erst ab 16 Jahren Plattformen wie X, TikTok, Facebook und Instagram nutzen dürfen.
Soziale Medien: Österreich will Plattformen in die Pflicht nehmen
Der für Österreich zuständige Staatssekretär Alexander Pröll (ÖVP) will die Plattformen in die Pflicht nehmen. "Soziale Medien sind heute fixer Bestandteil im Alltag junger Menschen - aber sie bergen ernste Risiken. Radikalisierung, Gewaltvideos oder extreme Inhalte erreichen Kinder, die solche Dinge nie sehen sollten. In Österreich gilt ein gesetzliches Mindestalter von 14 Jahren für die eigenständige Nutzung sozialer Netzwerke - aber in der Praxis hält sich kaum eine Plattform daran. Das ist ein eklatanter Missstand", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
Pröll fordert europäische Standards. Ein einzelnes Land könne TikTok und ähnliche Unternehmen nicht in die Schranken weisen. "Nur gemeinsam mit Brüssel können wir Wirkung erzielen", so Pröll.
Positionspapier für verpflichtende Altersverifikation
Die heimische Politik meldete sich bereits in einer Reaktion auf den Amoklauf an einer Schule in Graz zur Wort und gab an, die Plattformen zur Einhaltung ihrer Altersbeschränkungen für Social Media verpflichten zu wollen. In einem Positionspapier von Pröll wird eine verpflichtende Altersverifikation beschrieben. Zudem sollen Social-Media-Plattformen zum Dialog eingeladen werden, um im gemeinsamen Austausch zu bleiben. Außerdem soll die digitale Bildung ausgebaut und so die Medienkompetenz in allen Altersgruppen erhöht werden. Dies soll über eine digitale Grundausbildung an Schulen funktionieren ebenso wie mit Angeboten für Eltern und Förderungen für Kurse im Rahmen der Digitalen Kompetenzoffensive (DKO).
Dort, wo Plattformen ihrer Verantwortung nicht selbst ausreichend nachkommen, sollen zusätzliche Schutzmechanismen implementiert werden, heißt es in dem Papier. Zertifizierte Stellen, sogenannte Trusted-Flagger, sollen diese Aufgabe übernehmen und problematische Inhalte identifizieren und melden.
Leichtfried sieht Gefahr von Radikalisierung im Internet
Der zuständige Staatsschutz-Staatssekretär Jörg Leichtfried (SPÖ) sieht den Schutz junger Menschen vor den Gefahren von Radikalisierung im Internet als gemeinsame Aufgabe an. Den Vorstoß von der Leyens begrüßt er ausdrücklich. "Gemeinsam können wir noch besser gegen die rasant ansteigende Radikalisierung im Onlinebereich vorgehen. Denn sowohl in Österreich als auch in der EU gilt: Altersgrenzen und verlässliche Verifikationssysteme sind ein wichtiger Schritt, um unsere Kinder in den digitalen Räumen zu schützen und sie nicht schutzlos gefährlichen Algorithmen und den Fängen extremistischer Gruppen auszuliefern", hieß es gegenüber der APA in einer Stellungnahme.
EU-Kommission bereitet Verifizierungs-App vor
An den technischen Voraussetzungen für Altersbeschränkungen arbeitet die EU bereits. Denn die Europäische Kommission entwickelt eine Verifizierungs-App zum Jugendschutz. Das Ziel: verlässliche Altersnachweissysteme für Inhalte, die nicht für Kinder und Jugendliche geeignet sind. Langfristig ist geplant, die Technik in den digitalen EU-Ausweis (eID) zu integrieren - eine Art offizieller Online-Identitätsnachweis, der ab Ende 2026 verfügbar sein soll.
(Quelle: apa)