Welt

Weniger Ankünfte von Flüchtlingen in Österreich

Veröffentlicht: 29. September 2015 16:54 Uhr
Die Flüchtlingssituation hat sich am Dienstag zumindest vorübergehend etwas entspannt. In der Nacht auf Dienstag kamen deutlich weniger als in den vergangenen Tagen über die ungarische Grenze im Burgenland an. Unklarheit herrscht unterdessen weiter darüber, wie lange es noch Sonderzüge für Flüchtlinge Richtung Deutschland geben wird.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wollte am Dienstag keine Auskunft darüber geben. Österreich sei mit den deutschen Behörden in engem Kontakt, versicherte sie vor dem Ministerrat. Darüber hinaus wollte die Ministerin das Thema Sonderzüge nicht öffentlich kommentieren. Dass das Thema die Bevölkerung interessiere, speziell jene Menschen, die nahe der Grenze wohnen, quittierte Mikl-Leitner mit der Aussage: "Das interessiert nicht nur die Bevölkerung, sondern vor allem auch die Schlepper."

Wenn es zu einem Rückstau an der Grenze komme, dann habe man nur eine Chance, nämlich die Grenzen ganz dicht zu machen, warnte die Innenministerin und stellte auch einen Gewalteinsatz in den Raum. "Man muss sich bewusst sein, wenn es keine internationale Lösung gibt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Vorgangsweise wie bisher oder dann eben ein strenges Vorgehen an den Grenzen, das heißt auch mit Gewalteinsatz. Dann entstehen Bilder so wie in Mazedonien, das muss sich jeder bewusst sein."

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) stellte am Dienstagnachmittag klar, dass es mit Sicherheit keinen Einsatz von Gewalt gegen Flüchtlinge an Österreichs Grenzen geben wird. Angesprochen auf Aussagen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), die dies nicht ausgeschlossen hatte, meinte der ÖVP-Chef: "Das kann maximal ein Missverständnis sein." Worum es bei dieser Sache gehe, sei, dass eine weitere Grenzschließung in Deutschland einen gewissen Rückstau in Österreich bringen könnte. Dann müsste man auch hierzulande die Registriertätigkeit erhöhen, so der Vizekanzler.

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) zeigte sich am Dienstag zuversichtlich, dass Deutschland weiterhin syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aufnehmen werde. Einen Plan B für den Fall deutscher Grenzschließungen wollte daher nicht skizzieren. Stärkere Grenzkontrollen in Deutschland könnten zu einem Rückstau an Flüchtlingen und damit zu "größeren Problemen" in Österreich führen, räumte er ein. Grundsätzlich funktioniere die Abstimmung mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel aber, sodass Deutschland Kontrollen durchführen könne, gleichzeitig aber der Rückstau in Österreich bewältigbar bleibe. Tatsächlich seien von bisher 167.000 Flüchtlingen im September mehr als 90 Prozent nach Deutschland und Skandinavien weitergereist.

Das deutsche Innenministerium hat die Befürchtung aus Österreich zurückgewiesen, dass Deutschland seine Grenzen schließen könnte. "Es gibt keine derartigen Planungen", sagte Ministeriums-Sprecher Tobias Plate am Dienstag auf Anfrage. Das Ministerium ließ weiterhin offen, wie lange Deutschland weiter über Sonderzüge aus Österreich Flüchtlinge aufnehmen will. Berlin habe ein großes Interesse daran, dass die Menschen aus dem Nachbarland in einem geordneten und transparenten Verfahren nach Deutschland kämen, sagte der Ressortsprecher Johannes Dimroth. Auf diese Weise könne auf deutscher Seite entsprechende Vorsorge getroffen werden, indem etwa Aufnahmeplätzen bereitgehalten würden.

Der starke Andrang von Flüchtlingen nach Deutschland hält unterdessen an. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen wurden am Dienstag allein im Raum Passau mehr als 10.000 Asylbewerber erwartet. An den Übergangsstellen Passau und Rosenheim meldete die deutsche Bundespolizei den Angaben zufolge einen "Rückstau" von 4.500 Menschen. Bayern sprach in einer Telefonkonferenz der Länder mit dem Bund von "dramatischen Zuständen". Auf der Balkan-Route herrsche ein ungebrochener Zuzug.

Auch die Flüchtlingszahlen in Österreich sind nach wie vor hoch, auch wenn die Zahl der Ankünfte zuletzt etwas nachgelassen hat. So bestätigte die Innenministerin, dass die neu geschaffenen Verteilerzentren in den Bundesländern alle überbelegt sind. 2.000 Asylantragsteller seien derzeit vorübergehend in Transitquartieren untergebracht, weil es zu wenig Plätze in der Grundversorgung gebe. Mikl-Leitner hoffte der Schaffung von Quartieren auf das Durchgriffsrecht des Bundes, das demnächst in Kraft tritt.

In der Nacht auf Dienstag übernachteten erneut 8.000 Menschen in Österreich in betreuten Quartieren, weitere 1.000 wurden in Einrichtungen von Hilfsorganisationen in den Bahnhöfen versorgt. Für die kommenden Tage rechnete das Rote Kreuz mit einem Rückgang an Flüchtlingen. Die Lage in den österreichischen Quartieren dürfte sich entspannen, da der Abstrom nach Deutschland derzeit größer sei als der Zuzug, meinte der Bundesrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) Gerry Foitik. Für das Wochenende rechnete Foitik aber mit einem neuerlichen Anstieg an Flüchtlingen.

Auch in Wien entspannte sich die Situation deutlich. In der Nacht auf Dienstag übernachteten rund 4.000 Menschen in den Notunterkünften. Das teilte ein Sprecher des Fonds Soziales Wien (FSW) mit. Die Zahl liegt damit deutlich unter den zuletzt registrierten Höchstständen von bis zu 7.000 Flüchtlingen.

Am burgenländischen Grenzübergang Nickelsdorf trafen von Mitternacht bis in der Früh rund 2.800 Flüchtlinge ein. In Heiligenkreuz gab es indes keine Neuankünfte von Asylwerbern. Am Montag waren insgesamt 3.700 Flüchtlinge in Nickelsdorf und rund 200 in Heiligenkreuz angekommen, die allesamt großteils mit Bussen weitergereist sind.

Auch in den kommenden Tagen dürften weniger Flüchtlinge ankommen, denn auch im Nachbarland Ungarn geht die Zahl der Ankommenden seit Sonntag zurück. Am Montag kamen insgesamt 5.335 Menschen im Land an, teilte die ungarische Polizei am Dienstag mit. Fast alle davon kamen über Kroatien ins Land. In der vergangenen Woche waren täglich mehr als 8.000 Menschen gezählt worden. Von der ungarischen Südgrenze werden die ankommenden Flüchtlinge weiterhin in den Westen des Landes in die Nähe der österreichischen Grenze gebracht.

In Kroatien kamen am Montag 5.800 an. Seitdem Ungarn vor knapp zwei Wochen seine Grenze zu Serbien für Flüchtlinge dicht gemacht hat, sind fast 85.000 Menschen durch das Land Richtung Ungarn gereist, wie das Innenministerium mitteilte. Eine serbische Tagzeitung warf der kroatischen Regierung am Dienstag vor, das diese stark übertrieben sei.

In Serbien selbst kamen am Montag erneut rund 7.000 Flüchtlinge an, wie die NGO Zentrums für Asyl-Hilfe mitteilte. In der serbischen Hauptstadt würden Flüchtlinge trotz niedriger Temperaturen weiterhin in zwei Parkanlagen unweit des Busbahnhofes übernachten. Die NGO kritisierte die dort herrschenden Verhältnisse und forderte die Behörden auf, an der durch Belgrad führenden Autobahn ein Camp zu errichten. Das derzeitige im Vorort Krnjaca würde weit weg von Flüchtlingswegen liegen, weshalb es von Flüchtlinge seit Monaten meistens vermieden wird.

(Quelle: salzburg24)

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