Denn obgleich die Zahlen im Ganzen eine relativ stabile Situation im EU-Raum zeigten, sah EMCDDA-Direktor Wolfgang Götz "eine besorgniserregende Entwicklung in einzelnen Mitgliedsstaaten", die als scharfer Kontrast zu den allgemein doch rückgängigen Trends beim Konsum bei Opioiden steht. Ebenso wurde festgestellt, dass der Mischkonsum von Drogen mit all seinen negativen Folgen zur Norm wurde. "Konsumenten wissen oft gar nicht mehr, was sie eigentlich konsumieren", sagte Paul Griffiths, wissenschaftlicher EMCDDA-Leiter.
6.100 Personen starben 2012 im EU-Raum, nach 6.500 im Jahr 2011 oder 7.100 im Jahr 2009. Im Durchschnitt starben daher nach den aktuellen Zahlen rund 17 Menschen je einer Million Einwohner zwischen 15 und 64 Jahren direkt oder indirekt aufgrund ihres Drogenkonsums - mehrheitlich durch Opioide wie Heroin, nicht zuletzt aber auch durch synthetische Ersatzstoffe. Fünf EU-Staaten überstiegen bei den letalen Fällen den Wert aber um das Dreifache: Estland (191 Fälle pro einer Million Einwohner), Norwegen (76), Irland (70), Schweden (63) und Finnland (58) - Österreich lag mit 28 Fällen ebenfalls über dem Schnitt. Die hohen Todesfallzahlen infolge von Überdosierung werden im Fall von Estland dem Konsum von Fentanylen zugeschrieben, einer Familie sehr starker synthetischer Opioide.
Die Heroinproduktion ist insgesamt rückläufig, doch gibt es in Europa weiterhin rund 1,3 Millionen Personen mit problematischem Opioidkonsum, viele davon aber "Altkonsumenten" aus den Heroinwellen in den 80er- und 90er-Jahren. Wobei eine Ablösung von Heroin durch andere Substanzen, wie etwa synthetische Opioide, beobachtet wurde. Neben illegal hergestellten Produkten handelt es sich dabei auch um aus medizinischen Quellen abgezweigte Substanzen. Dazu zählen etwa die hochpotenten Fentanyle und bei der Substitutionsbehandlung eingesetzte Substanzen (Methadon, Buprenorphin). Insgesamt 17 Länder meldeten 2012, dass über zehn Prozent der Opioid-Erstpatienten, die eine spezialisierte Behandlung aufnahmen, andere Opioide als Heroin konsumierten.
Ein weiteren, jedoch leichten Anstieg gab es bei HIV-Neudiagnosen, 2012 wurden 1.788 neue Fälle gemeldet (1.732 im Jahr 2011), was 3,1 je einer Million Einwohnern in der EU sowie Norwegen und der Türkei entspricht. Estland behielt seine hohe Rate mit 54 Fällen bei, während diese in Lettland weiter von 34 im Jahr 2009 auf 46 im Jahr 2012 stieg.
Ein wachsender Handlungsbedarf in der Drogenproblematik besteht in Zusammenhang mit den neuen psychoaktiven Substanzen (NPS). Inzwischen ist man hier bei 350 verschiedenen Produkten angelangt, 81 Neumeldungen gab es im Jahr 2013, 2014 hatte die EMCDDA bisher Kenntnis von 37 neuen NPS. "Die neuen Substanzen ersetzen immer mehr die herkömmlichen Drogen", bemerkte EMCDDA-Direktor Götz.
Es gebe mehrere Gründe, angefangen vom billigen Preis bis zum Verkauf dieser Drogen als vermeintlich legale Alternativen ("Legal Highs") sowie der Wunsch der Konsumenten nach einem neuen Kick. "Ich stelle fest, dass das europäische Frühwarnsystem, unsere erste Abwehrlinie gegen neue Drogen, durch die weiterhin stark ansteigende Anzahl und Vielfalt der Substanzen zunehmend unter Druck gerät", kommentierte die EU-Kommissarin für Inneres, Cecilia Malmström, die sich zuspitzende Lage.
"Bei den Stimulanzien hat man einerseits das Kokain, wo der Konsum relativ stabil ist. Bei den Amphetaminen und bei den NPS ist die Situation sehr unübersichtlich. Die Leute kaufen sich eine Pille mit Logo und wissen nicht, was dann darin ist. Es werden typischerweise mehrere Mittel konsumiert, drei bis fünf, auch Alkohol", beschrieb Götz der APA das problematische Verhalten der Konsumenten. Eine solche Vielzahl an Substanzen finde sich regelmäßig bei Drogentoten.
Cannabis blieb wenig überraschend auch die am weitesten verbreitete verbotene Droge. 18,1 Millionen - 5,3 Prozent - der Erwachsenen (im Alter zwischen 15 und 64 Jahren) haben im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert. 14,6 Millionen - 11,2 Prozent - sind es bei den jungen Erwachsenen bis 34 Jahren.
Bei den Stimulanzien blieben Konsum von Kokain (0,9 Prozent Erwachsene - 1,7 Prozent Junge) und Amphetamine (0,4 Prozent Erwachsene - 0,9 Prozent Junge) relativ stabil, in der Verteilung wurde weiterhin ein West-Ostgefälle beobachtet. Metamphetamine, einst nur in Tschechien und der Slowakei verbreitet, nehmen in Europa zu: "Es hat angefangen, dass es nach Bayern, Sachsen und Österreich importiert wurde. Inzwischen gibt es in Litauen oder Griechenland ebenfalls Labore. Es ist schwierig zu sagen, wo das hingeht", so Götz. Es sei zwar noch ein kleines, aber schnell wachsendes Problem.
"Weniger Drogentote sind zwar positiv", schloss der EMCDDA-Direktor seine Bilanz zum Drogenbericht. "Die Selbstmordrate ist unter Heroinabhängigen aber extrem hoch, vielleicht gibt es noch 20.000 mehr, aber hier ist die Zahl nicht so genau zu ermitteln."
(Quelle: salzburg24)