Sportwelt

Beckenbauer weist Korruptionsvorwürfe entschieden zurück

Franz Beckenbauer ist sich keiner Schuld bewusst
Veröffentlicht: 24. November 2015 21:17 Uhr
Franz Beckenbauer hat in der Affäre um den Zuschlag für die Fußball-WM 2006 jegliche Korruptionsvorwürfe erneut entschieden zurückgewiesen. "Wenn da schwarze Kassen oder Bestechungsversuche gewesen wären, hätte ich das mitbekommen", sagte Beckenbauer in einem Interview des Pay-TV-Senders Sky, das am Montagabend ausgestrahlt wurde.

"Ich habe ein reines Gewissen", versicherte der langjährige Präsident des FC Bayern, der als Schlüsselfigur in der Affäre gilt. Vor wenigen Tagen hatte er sich bereits in der "Süddeutschen Zeitung" ähnlich geäußert.

Im Juli 2000 soll Beckenbauer in seiner Funktion als Chef des Bewerbungs-Komitees dem damaligen und mittlerweile lebenslang gesperrten FIFA-Funktionär Jack Warner Ticket-Kontingente für WM-Spiele und Entwicklungshilfe für dessen Verband von Trinidad und Tobago zugesagt haben. Kurz darauf hatte Deutschland vom Fußball-Weltverband mit 12:11 Stimmen den Zuschlag für die WM 2006 erhalten - Beckenbauer bestreitet aber einen Zusammenhang.

An Details könne er sich nicht mehr erinnern, sagte Beckenbauer und verteidigte sich gegen die Vorwürfe: "Ich weiß nicht, ob das mit Naivität zu tun hat. Ich habe Hunderte Papiere, Verträge unterschrieben, ohne dass ich eine Zeile gelesen habe." Beckenbauer betonte: "Wenn ich jemandem vertraue, dann kriegt der alles von mir."

In der Bewerbungsphase habe er alles Mögliche unterschrieben. Ob weitere fragwürdige Verträge darunter waren, wollte er selbst nicht ausschließen. "Es kann sein, dass noch irgendein Zauberer was herauszaubert aus einem Papierkorb oder aus einem Safe oder aus einem Aktenschrank, ich weiß es nicht. Aber ich glaube, langsam reicht's."

Erstmals seit der Veröffentlichung des von ihm unterzeichneten brisanten WM-Vertrages wird Beckenbauer am Dienstag wieder als Experte bei Sky im Fernsehen auftreten. Wie der Sender bestätigte, soll der "Kaiser" dann bei der Partie des FC Bayern München gegen Olympiakos Piräus zum Einsatz kommen.

Vor dem abendlichen Einsatz am Dienstag wird Beckenbauer zum zweiten Mal von der Anwaltskanzlei Freshfields zur Affäre um die Fußball-WM 2006 befragt. Der Deutsche Fußball-Bund hat die Kanzlei beauftragt, in der WM-Affäre zu ermitteln.

Beckenbauer hatte am Wochenende mit einem großen Interview in der "SZ" sein Schweigen beendet, aber keine neuen Erkenntnisse geliefert. "Ich habe immer alles einfach unterschrieben, ich habe sogar blanko unterschrieben", lautete da bereits die zentrale Aussage.

Gegenüber "Sky" zeichnete Beckenbauer noch einmal das Bild eines Vorgesetzten, der alles unterschreibt, was Vertraute ihm vorlegen. "Das offizielle Bewerbungspapier für die WM, das Bid-Buch an die FIFA, umfasste 1.212 Seiten. Ich kann Ihnen sagen: Ich habe keine einzige davon gelesen. Ich habe das nur getragen, das war schwer genug", meinte der Chef des damaligen WM-Organisationskomitees.

Neu war in dem Interview höchstens der Versuch, die WM-Bewerbung in den Kontext einer angeblich "völlig anderen Zeit" einzuordnen. "Heute gibt es andere Maßstäbe", sagte Beckenbauer. "Es gab damals noch keine Ethikkommission. Man hat damals noch die Mitglieder des Exekutivkomitees direkt kontaktieren können", meinte er. "Es war die Zeit von 1998 bis 2000. Es war kein Geld da. Die Verbände und Vereine mussten mit dem Nötigsten auskommen. Heute ist das anders. Da gibt es andere Fernsehverträge, auch die Sponsoren- und Ausrüsterverträge sind gestiegen."

Beckenbauer erzählte das, weil die ominösen 6,7 Millionen Euro seiner Schilderung nach "einzig und allein dafür da waren, um die 250 Millionen Schweizer Franken Finanzzuschuss von der FIFA zu bekommen. Um die Weltmeisterschaft überhaupt ausrichten zu können".

Die 6,7 Millionen stehen im Zentrum der gesamten Affäre. Der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwies sie im Auftrag der deutschen WM-Macher an die FIFA - und erhielt sie 2005 bewusst falsch deklariert vom Organisationskomitee zurück.

Dass das Geld nur der Sicherung des Finanzzuschusses galt, ist die Version von Beckenbauer und dem zurückgetretenen DFB-Chef Wolfgang Niersbach. "Spiegel"-Recherchen ließen gleich zu Beginn der WM-Affäre darauf schließen, dass damit womöglich vier Stimmen aus Asien für den WM-Zuschlag gekauft wurden.

Eine weitere Theorie ist, dass mit den 6,7 Millionen Euro eine schwarze Kasse beim Weltverband (FIFA) gefüllt wurde. "Ich habe sie nicht überwiesen. Ich weiß nicht, an wen sie geflossen sind", sagte Beckenbauer. "Aber ich gehe mal davon aus, dass sie an die Finanzkommission der FIFA geflossen sind, weil es ja eine Forderung der Finanzkommission war. Eine schwarze Kasse der FIFA - das weiß ich nicht, aber das kann ich mir nicht vorstellen."

Nach den Interviews von "SZ" und "Sky" ergibt sich das Bild eines WM-OK-Chefs, der nicht mehr genau weiß oder wissen will, was er damals alles unterschrieben hat. Der aber nach eigenen Angaben bereit war, alles dafür zu tun, um diese WM nach Deutschland zu holen. Und der sich dafür auch wie selbstverständlich mit einem offensichtlich korrupten System des Gebens und Nehmens eingelassen hat, das rund um die Vergabe von Weltmeisterschaften existiert.

Wenn Beckenbauer nun noch einmal vor den Freshfields-Ermittlern aussagt, dann geht es im Kern um den von ihm unterschriebenen Vertragsentwurf mit dem inzwischen lebenslang gesperrten FIFA-Funktionär Jack Warner. Dieser Vertrag ist in den Archiven des DFB aufgetaucht und auf den 2. Juli 2000 datiert - genau vier Tage vor der Entscheidung über die Vergabe der WM 2006.

"Es gibt kein Papier Jack Warner/Beckenbauer. Sondern es gibt eine Vereinbarung zwischen dem Deutschen Fußball-Bund und dem Verband CONCACAF für die Karibik, Mittelamerika und Nordamerika", sagte Beckenbauer. Das einzige, was ihn daran störe, sei das Datum. "Da könnte man den Verdacht einer Bestechung oder des Stimmenkaufs vielleicht annehmen. Aber das war nicht so. Jack Warner wurde zu unserem Freund - aber erst später. Damals hat er uns klipp und klar gesagt: Ihr kriegt meine Stimme nicht."

Der damalige WM-OK-Chef Franz Beckenbauer ist am Dienstag nach eigener Aussage "über einige Stunden" von den Ermittlern der Kanzlei Freshfields befragt worden. "Ich habe die Fragen alle beantwortet und meine Schuldigkeit getan", sagte der 70-Jährige am Dienstagabend im TV-Sender Sky. Sollte die Kanzlei, die der Deutsche Fußball-Bund mit der Untersuchung der Affäre um die Vergabe der WM 2006 beauftragt hat, noch Nachfragen haben, "werde ich die selbstverständlich beantworten, aber dann wird irgendwann einmal der Zauber vorbei sein", betonte Beckenbauer.

(Quelle: salzburg24)

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