Janni Reisenauer, Skispringer aus Bischofshofen (Pongau), bereitet sich mit Trainer Alexander Diess in Salzburg auf seine Rückkehr in den Skisprung-Zirkus vor. Zur Trainingsgruppe gehören weitere erfolgreiche Spitzensportler wie Stefan Reiner und der ehemalige Junioren-Weltmeister Peter Resinger.
Für den dreimaligen Vierschanzentournee-Teilnehmer Reisenauer ist Skispringen magisch und mit viel Freude und Spaß verbunden, wie er im Interview mit SALZBURG24 erzählt. Dabei hilft dem 27-Jährigen auch, dass die Faszination Skispringen in der Familie liegt – sein Vater ist selbst Servicemann und Trainer und teilt die Leidenschaft für den Sport mit ihm.
Janni Reisenauer: "Man braucht eine Portion Mut"
Schon als Kind war Janni Reisenauer vom Skispringen fasziniert, seit nunmehr 21 Jahren steht er auf der Schanze. Angefangen hat es mit sechs Jahren, als er beim traditionellen Guglhupfspringen für Kinder einfach mal das Springen ausprobierte. Seitdem hat es ihn nicht mehr losgelassen. "Geholfen hat mir, dass ich von zu Hause aus auf die Schanze in Bischofshofen geschaut habe", schmunzelt der Pongauer.
Angst hat er nicht, wenn er auf dem Balken steht und nach unten schaut. Aber einen gewissen Respekt schon. "Man weiß, dass man in der Luft Geschwindigkeiten von über 100 km/h erreicht und viele Meter über dem Boden ist", erklärt er. "Da wird einem schon bewusst, dass man keinen Fehler machen darf." Denn jeder noch so kleine Fehler kann den Sprung immens beeinflussen und gefährlich werden, so dass bei jedem Sprung ein sehr hohes Maß an Konzentration von den Sportler:innen gefordert ist.
Mentale Komponente im Skispringen ausschlaggebend
Vor allem, wenn es darum geht, am Tag X ganz vorne um den Sieg mitzuspringen, ist die mentale Komponente entscheidend. Und je höher das Leistungsniveau, desto wichtiger: "Gerade im Skispringen und wenn man ganz nach oben will, spielt es eine große Rolle, mental fit zu sein."
Einen kühlen Kopf zu bewahren, wenn es um Sieg oder Niederlage geht, sei ein entscheidender Faktor – der 27-Jährige spricht von einem Prozentsatz von 90 Prozent im Vergleich zur körperlichen Fitness. Denn egal, wie es dem Athleten am Wettkampftag körperlich geht, egal, wie gut oder schlecht das Training vorher war, am Ende entscheiden nur die Wettkampfsprünge über die Platzierung. Und dabei spielen vor allem vom Kopf gesteuerte Faktoren eine Rolle, um den Bewegungsablauf zu perfektionieren: Vom perfekten Timing des Absprungs am Schanzentisch bis hin zum Abbau der Nervosität.
Diese mentale Gratwanderung ist extrem, und manchmal ist weniger sogar mehr, wie Reisenauer erklärt: "Wenn man sich zu sehr auf die Kante konzentriert und bewusst mit extremer Kraft abspringen will, funktioniert das gar nicht, weil man den Reiz nicht bewusst steuern kann. Die Devise beim Springen lautet also: Vertrauen in sich selbst."
Wie Reisenauer fit im Kopf bleibt
Um dem psychischen Druck im Wettkampf standzuhalten und ihn erfolgreich zu meistern, gibt es verschiedene Ansätze und Übungen, die er im Mentaltraining erlernt. So hat er bereits einige Methoden parat, um die Aufregung am Sprungtisch in den Griff zu bekommen, den Puls zu senken und Stress abzubauen. Da solche Prinzipien nicht von heute auf morgen erlernt werden können, sind viele Übungen inzwischen fester Bestandteil seiner täglichen Trainingsroutine, wie er erzählt.

Regelmäßiges mentales Training sei für ihn immer wichtig, aber vor allem in Verletzungsphasen, wie Reisenauer sie gerade durchlebt, ein sehr hilfreiches Werkzeug. Obwohl er derzeit wegen einer Handverletzung nicht springen kann, kann er so auch ohne aktives Training neue Reize setzen und an seinen Schwächen feilen. So lässt er immer wieder Sprünge vor seinem inneren Auge ablaufen, um sie im Kopf zu perfektionieren.
Auch in schwächeren Phasen, wenn der Erfolg ausbleibt, helfe ihm das mentale Training. "Erfolg ist der beste Trainer", erklärt er, "aber gerade wenn der Erfolg ausbleibt und es mal nicht so läuft, sind Bewältigungsstrategien sehr wichtig". Mentale Strategien können auch bei Hindernissen im Alltag hilfreich sein, erklärt er. So hat er für jede Situation verschiedene Tools parat, von Atemtechniken bis hin zum Brainspotting (Fokussierung).
"Man darf nie vergessen, warum man eigentlich angefangen hat"
Auch wenn Reisenauer schon einige Rückschläge einstecken musste und die heurige Wintersaison aufgrund einer Verletzung, die er sich Anfang Jänner zugezogen hat, abbrechen musste, bleibt er motiviert.
Denn langfristig möchte er in die Fußstapfen anderer Salzburger Skispringer wie Jan Hörl und Stefan Kraft treten und wieder ins Weltcup-Team zurückkehren. Dass er sich heuer noch gedulden muss, sieht er gelassen: "Natürlich will ich auch gewinnen, aber man darf nie vergessen, warum man eigentlich angefangen hat, dass es unheimlich viel Spaß macht." Der Spaßfaktor soll für ihn nie zu kurz kommen, auch wenn das Skispringen oft mit viel Qual, Zeitaufwand und Reisen verbunden sei.
Deshalb dürfen bei Reisenauer neben einer Kaffeemaschine auch Brett- und Kartenspiele nie im Reisegepäck zu den Wettkämpfen fehlen, denn "die sind unglaublich wichtig, damit nicht jeder nur mit seinem Handy im Zimmer sitzt", erzählt er. "Gemeinsame Aktivitäten schweißen uns zusammen, gerade wenn wir so viel unterwegs sind“, bringt er es auf den Punkt. Und vielleicht ist es genau diese Mentalität, die das Comeback des Salzburger Skispringers ausmacht: Dass der Spaß nie zu kurz kommt und immer eine gewisse Lockerheit mitschwingt.
(Quelle: salzburg24)