Finanzskandal

Ein Jahr Finanzskandal: Rathgeber legte Verteidigungsschrift vor

Monika Rathgeber lässt in ihrem Buch kein gutes Haar an ihren ehemaligen Kollegen.
Veröffentlicht: 26. November 2013 16:51 Uhr
Am 6. Dezember 2012 platzte in Salzburg eine Bombe. In einer Pressekonferenz berichtete der damalige LHStv. David Brenner (SPÖ) von eigenmächtigen riskanten Finanzgeschäften einer Referatsleiterin der Finanzabteilung.
Lilli Zeilinger

Der Schaden: bis zu 340 Mio. Euro. Das folgende politische Erdbeben führte zum Regierungswechsel in Salzburg, viele der Protagonisten von damals sind heute nicht mehr im Amt.

Rathgeber „Am System zerbrochen"

Kurz vor dem Jahrestag hat die angesprochene Referatsleiterin Monika Rathgeber nun ein Buch vorgelegt, in dem sie sich als Sündenbock für Vorgänge präsentiert, die sie mit allen Mitteln abzuwenden versuchte. "Am System zerbrochen" ist ein sehr persönliches Werk geworden, das vor allem Rathgebers Ohnmacht und Hilflosigkeit zeigen soll, nachdem sie ab dem Frühjahr 2012 sukzessive entmachtet wurde.

Das Buch erlaubt auch einen Blick auf die Arbeit und das Arbeitsverständnis der ehemaligen Referatsleiterin - und damit auf ihre Psyche. Von unzähligen unbezahlten Überstunden und verfallenen Urlaubsansprüchen ist da die Rede. Von einer Frau, die sich lieber anrufen ließ, als selbst anzurufen, um Telefonkosten zu sparen. Von einer Mitarbeiterin, die für das Land 180 Mio. Euro erwirtschaftet haben will, aber auf Prämien verzichtete: die im Buch Dutzende Male das Missachten von Dienstanweisungen verteidigt und schreibt, das Wohl des Landes sei stets über ihrem eigenen gelegen.

Keine Angst vor Risiken

Keine Frage, Rathgeber verstand etwas von ihrem Handwerk, vom Jonglieren mit Millionen. Ein kritischer Blick auf das Spekulieren mit Steuergeld aber unterbleibt, vielleicht weil gelegentlich ihre narzisstische Ader durchzuscheinen scheint: "Ich kannte alle Positionen in- und auswendig. Ich spürte jede Marktbewegung geradezu und auch den Einfluss, den sie auf das Portfolio nahm", schreibt sie. Vielleicht ist das die zentrale Erkenntnis über ihr Denken: Wer sich in der Welt komplexer Finanzgeschäfte auskennt, braucht die Risiken nicht zu fürchten.

Dass der Wiener Finanzexperte Willi Hemetsberger die Derivat- und Wertpapiergeschäfte des Landes später einmal als "ambitioniertes Portfolio mit deutlichen Risiken" und für eine Gebietskörperschaft als "zu groß und riskant" bezeichnet hat, spielt im Buch keine Rolle. Der Fixzinssatz wird zum Gottseibeiuns von Rathgebers Finanzstrategie erhoben, die Gefahren von Derivat- und Swap-Geschäften klammert sie aus. Selbstkritik ist dem Buch in dieser Hinsicht fremd. Kein Wort über die Turbulenzen der Finanzkrise 2008, kein Wort über offenbar nicht verbuchte Geschäfte in dreistelliger Millionenhöhe, kein Wort über Kritik von Landesrechnungshof und Landesbuchhaltung.

Blick auf Strukturen im Hintergrund

Dennoch hat das Buch Stärken. Es erlaubt einen Blick auf die Strukturen im Hintergrund. Da klingt Kritik am Duckmäusertum der Beamten durch, an der starren Landesverwaltung, an der Ausdünnung der Landesbuchhaltung, während andere Bereiche aufgebläht worden seien. Und einmal mehr schreckt die Erkenntnis, dass - laut Buch - in Führungspositionen Menschen sitzen, die von der Materie keine Ahnung haben. Was etwa der Ex-Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, selbst einmal freimütig zugegeben hat.

Was Rathgeber nicht fragt: Wie konnte sie bar jeder Kontrolle arbeiten? Und wie konnte es passieren, dass sich in einem derart zentralen Bereich wie dem Finanzmanagement außer ihr niemand wirklich ausgekannt hat. Zumindest seit Erträge direkt in den Landeshaushalt flossen - immerhin 12 bis 17 Mio. Euro jährlich - hätten auch die Abgeordneten von den riskanten Geschäften wissen können.

Paulus nahm Linzer Swap-Deal zum Anlass nachzufragen

Der Schwerpunkt ihrer Schilderung liegt auf der Zeit ab dem Frühjahr 2012. Damals erkundigte sich Paulus über den laufenden Rechtsstreit zwischen der Stadt Linz und einer Bank um einen verlustreichen Swap. "Ganz offensichtlich machte ihn die Affäre in Linz nervös", so Rathgeber. Damit wurde alles anders, obwohl die Geschäfte in Salzburg gar nicht riskant gewesen seien. "Die Politiker suchten offenbar nach einer Möglichkeit, sich im Bedarfsfall aus der Verantwortung zu stehlen."

Detailliert schildert Rathgeber, warum sie sich in der Folge nicht an Dienstanweisungen hielt, die Auflösung eines unerlaubt getätigten Geschäfts rückgängig machte, wie ihr in der Folge der Computer gesperrt und das Diensthandy entzogen wurden, wie sie zwei Monate gegen ihren Willen auf Urlaub geschickt wurde - offiziell dargestellt als "Burn Out". Wie sie nach ihrer Rückkehr entmachtet blieb, jegliche Strategie im Finanzmanagement gefehlt habe, wie Einnahmen ohne Veranlagung liegen blieben, wie schließlich 255 angeblich unbekannte Geschäfte panikartig aufgelöst wurden. Entwicklungen, die in der Pressekonferenz am 6. Dezember 2012 gipfelten: "Sie hatten mich hingerichtet! Und das in aller Öffentlichkeit. Ich war völlig fassungslos. Sie hatten mir tatsächlich jene Verluste untergeschoben, die sie selbst verursacht hatten."

Andere kommen in Rathgebers Buch schlecht weg

An den Protagonisten lässt Rathgeber dabei kein gutes Haar. Paulus wird als entscheidungsschwach, mit schlechtem Führungsstil und als Mobber dargestellt. Brenner sei vor allem bedacht darauf gewesen, in der Öffentlichkeit gut dazustehen und habe keine Sparanstrengungen unternommen. Ihm sei, schreibt Rathgeber, egal gewesen, dass die Empfehlungen des Finanzbeirates für das Land einen finanziellen Schaden bedeuteten. Vor dem "Fire Sale" von Derivat-Geschäften nach einer Landtagsanfrage im Oktober 2012 sei er in Panik verfallen. "Er wollte ein möglichst lupenreines Portfolio melden. Es musste alles nur möglichst schnell gehen."

Noch ist unklar, ob die ehemalige Referatsleiterin kriminell gehandelt hat oder nicht, die Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt noch. Rathgeber ist sich hingegen sicher: "Irgendwann wird die Wahrheit ans Licht kommen. Das weiß ich ganz bestimmt. Es wird sich herausstellen, dass ich keine Einzeltäterin war und bin." (APA/Fritz Neumüller)

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(Quelle: salzburg24)

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