Bei der Premierenfeier des "Jedermann" hat sich am Samstagabend in Stiegls Brauwelt etwas Wehmut breitgemacht. Es war die elfte und letzte Premiere in der Inszenierung von Christian Stückl. Für "Buhlschaft" Birgit Minichmayr war es nicht so schlimm, "ich bin sehr gut im Loslassen".
"Tod" Ben Becker tröstete seine Fans, er versprach, im nächsten Sommer wiederzukommen. Ob als Darsteller oder privat, das verriet er nicht. Und "Jedermann" Nicholas Ofczarek machte keinen Hehl daraus, dass er gerne bei den Salzburger Festspielen auftritt. Für den neuen Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf gab es keinen Zweifel: "Stückls Jedermann war der beste Jedermann überhaupt." Die tiefliegenden Wolken über dem Domplatz verhießen am Nachmittag nichts Gutes, deshalb ging die Premiere im Großen Festspielhaus über die Bühne. "Für uns ist es einfach schöner auf dem Domplatz", gestand Ben Becker ein. "Was willst du gegen das Wetter machen? Aber wir haben heute sehr gut gespielt", lobte Ofzcarek die ganze "Jedermann"-Familie. Mittlerweile ist die Schauspieltruppe ein eingespieltes Team geworden. Zur Premiere des Jedermann bei den
Salzbruger Festspielen kamen weniger Prominente als sonst. Eineinhalb Stunden warteten rund zwei Dutzend Journalisten, Kameraleute und Fotografen in der Hofstallgasse auf Vertreter der High Society, auf der gegenüberliegenden Seite drängten sich rund 1.000 Schaulustige. Erspäht wurde schließlich der deutsche Verleger Florian Langenscheidt mit Ehefrau Miriam. Die Reportermeute stürzte sich auf das Paar, das im September kirchlich heiraten will. Vor allem Miriam hat das Rampenlicht sichtlich genossen. Sonst war weit und breit kein "Promi" zu erspähen. "Jedermann" war das ganz egal: "Ob Salzburger, Inder, Chinese: mir ist das wurscht. Wenn du die Leute erreichst, die du erreichen sollst, ist das okay", sagte Ofczarek. Auch wenn der Abschied von der "Jedermann"-Bühne einige Darsteller leicht sentimental stimmte, so sei es doch "Zeit für etwas Neues", betonte Regisseur Stückl. "Es war meine Entscheidung zu sagen, nach zehn Jahren 'Jedermann' soll das wer Neuer machen. Das ist ganz wichtig für das Theater, dass es lebendig bleibt. Natürlich würde es mich freuen, im nächsten Jahr in Salzburg etwas zu machen, das ist aber die Entscheidung des Intendanten." Der "Tod" war "ein bisschen traurig. Niemand wird uns das nehmen, was wir in den letzten drei Jahren gemacht haben. Ich glaube aber, dass der neue 'Jedermann' ganz anders wird", so Becker. Für Ofczarek ist es "ein gewöhnlicher Vorgang beim Theater, dass man die Rolle dann nicht mehr spielt - ich bin nicht wehmütiger als sonst. Ich bin eine Kitschnudel. Es ist möglich, dass ich bei den
Salzburger Festspielen wieder als Schauspieler auftrete, das würde ich auch wollen." Becker eilte in seiner Lederhose zur Premierenfeier. Er wusste aber offenbar anfangs nicht, wohin. Um die Adresse der Brauwelt zu erfahren, rief er Ofczarek an, der schon in der Brauwelt eingetroffen war und gerade ein Interview gab. Den traditionellen Bieranstich durfte der "Chef" der Riederinger Kinder, Georg Staber, absolvieren. Fünfmal schlug der 23-Jährige den Bierhahn ins Fass, drei Schläge hätten schon ausgereicht, sagte Stiegl-Braumeister Christian Pöpperl. Aus Angst, wie im Jahr 2010 mit Bier voll gespritzt zu werden, verschanzte sich Minichmayr hinter Stückl und Bechtolf. Diesmal blieb ihr Kleid trocken. Bechtolf sagte durchs Mikrofon, er sei "tief bewegt von der 601. Vorstellung des 'Jedermann' und der 115. von
Christian Stückl. Er hat damit Festspielgeschichte geschrieben. Ich war heute sehr berührt von der Leidenschaft der Schauspieler." Wie bei jeder "Jedermann"-Premierenfeier wurde im Small-talk einiges ausgeplaudert. Ofczarek erzählte, dass er nicht geizig und geldgierig, aber manchmal böse wie jeder andere Mensch auch sein könne. Er gab noch ein kleines Geheimnis preis: "Franzis Fischsuppe" in dem bei Schauspielern und Adabeis beliebten Gasthaus "Triangel" habe er noch nie gegessen, widersprach er den Angaben von Wirt Franz Gensbichler. "Aber ich glaube, dass sie sehr gut ist." Wenn der "Jedermann" durch die Straßen der Stadt Salzburg spaziert, bekommt er manchmal etwas von den Passanten geschenkt, beispielsweise eingelegte Melanzani, "und das freut mich auch", schmunzelte Ofczarek. Ben Becker gab preis, dass er lieber Weißwein trinkt, auch wenn das Stiegl-Bier "ganz in Ordnung" sei. Er freute sich schon auf seinen Freund Sido, den er nächste Woche in Salzburg treffen wird. Ob einer der Schauspieler des diesjährigen "Jedermann" auch 2013 wieder auf der Bühne stehen wird, ist noch nicht bekannt. Minichmayr sagte, es habe keine Gespräche mit ihr gegeben. Becker, Ofczarek und "Teufel" Peter Jordan machten aber kein Hehl daraus, dass sie gerne wieder mit dabei wären. (APA)