Salzburger Festspiele

Pereira gegen alle - Chronologie eines Streits

Im Wesentlichen geht es im Salzburger Festspiel-Streit um Struktur, Konzepte und vor allem um Geld.
Veröffentlicht: 22. Mai 2013 15:25 Uhr
Alexander Pereira, Intendant der Salzburger Festspiele, hatte anfangs alle Sympathien auf seiner Seite. Trotz des durchaus turbulenten Abgangs aus Zürich bezeichnete Wilhelmine Goldmann, Kuratoriumsvorsitzende im Jahr 2009, Pereira als "stabilisierenden Faktor".

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler sprach von einem "Erfolg versprechenden Konzept" und auch Heinz Schaden, Bürgermeister und Festspielkurator (S), sagte beim Amtsantritt Pereiras zum Chef des größten Klassikfestivals der Welt im Jahr 2011: "Pereira hat uns überzeugt." Von diesen Vorschusslorbeeren für den streitbaren Kulturmanager ist heute nichts mehr übrig - die Chronologie eines Dauerkonfliktes zwischen dem Intendanten und seinem Kuratorium.

Es geht vor allem um Geld

Im Wesentlichen geht es im Salzburger Festspiel-Streit um Struktur, Konzepte und vor allem um Geld. Bereits vor Pereiras erstem Festspielsommer im Juni 2012 verlangte Kurator LHStv. Wilfried Haslauer (V), Vorsitzender dieses Jahres, ein "langsameres Wachstum" der Festspiele. Konkret: Pereira hat ein Budget in der Höhe von 64 Mio. Euro vorgelegt. Das Kuratorium stieg auf die Bremse und genehmigte vorerst nur 60 Mio. Euro für 2013. Prompt drohte Pereira mit Rücktritt, sollte sein höheres Budget nachträglich nicht doch abgesegnet werden.

Pereira droht mit Rücktritt

Absolut inakzeptabel", konterte Schaden. Haslauer kommentierte Pereiras Rücktritts-Drohung als "milieubedingte Dramatisierung" und wollte sich nicht unter Druck setzen lassen. Auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) stärkte dem Kuratorium den Rücken: "Das Kuratorium nimmt seine Verantwortung wahr und handelt in dieser Sache mit Sorgfalt und in gegenseitiger Abstimmung", sagte Schmied am 12. Juni 2012 auf APA-Anfrage und forderte "verbale Abrüstung". Pereira leistete Folge und sagte im Nachrichtenmagazin "profil": "Da sind mir ein wenig die Pferde durchgegangen." Aber in der Sache setzte sich Pereira weitgehend durch.

Budgetdeckelung fällt 2013

Das Kuratorium gab im März 2013 nach. Die Budgetdeckelung fiel, die Kuratoren akzeptieren ein 64,3 Mio. Euro-Budget, das allerdings nicht aus zusätzlichen Subventionen bestehen, sondern vom Direktorium (Rabl-Stadler und Pereira) durch zusätzliche Sponsoren und Eintritte aufgebracht werden sollte. Zugleich verwiesen die Kuratoren auf das Ausnahmejahr 2013 (Jubiläen von Verdi und Wagner, Anm.) und pochten auf die bleibende Gültigkeit der 60 Mio. Euro-Grenze.

„Werden den Vertrag mit Pereira nicht verlängern“

Aber atmosphärisch schien nach diesem Kompromiss nichts mehr zu kitten: "Wir werden den Vertrag mit Pereira nicht verlängern", sagte Schaden (Pereiras Vertrag läuft bis 2016, Anm.) und fügte ein "Vertrauen zerstört" hinzu. Pereira aber konterte bereits im März 2013 mit "bin nahe dran zu gehen" und legte sich bei dieser Gelegenheit mit Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler an: "Sie fürchtet, dass sie jetzt nicht mehr so schalten und walten kann, wie sie es früher getan hat." Rabl-Stadler sei von Angst vor Verlusten getrieben. "Und diese Angst steckt alle an." Die Präsidentin, die ihrem Intendanten bis zu diesem Zeitpunkt entschlossen die Mauer gemacht hatte, antwortete darauf nicht: "Einer muss schließlich Vernunft bewahren", so Rabl-Stadler im März.

Rauer Ton im Kuratorium

Der Ton wurde zusehends rauer, auch Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (S) schaltete sich ein: "Wir haben ihn nicht geholt, damit er alle möglichen Leute beleidigt." Am Dienstag formulierte Schaden die Stimmung mit den Worten: "Ich kann mir nicht vorstellen, wie das morgige Kuratorium ohne Eklat über die Bühne gehen soll." Der Grund für diese düstere Prognose: Laut Schaden hat Pereira in seinem Entwurf für 2014 neuerlich um 1,5 Mio. Euro überzogen.

„Nebenbeschäftigung“ bei Scala

Parallel zum Streit ums Budget läuft ein Konflikt um eine mögliche "Nebenbeschäftigung" beziehungsweise vorzeitige Vertrags-Kündigung Pereiras. Der 65-jährige Wiener hat Gespräche um die Intendanz der Mailänder Scala geführt und gilt dort als einer der Favoriten für die Stephane Lissner-Nachfolge ab 2015. Laut Vertrag in Salzburg aber sind Planung und Organisation für andere Opernhäuser oder Festivals definitiv ausgeschlossen. In Mailand könnte morgen, Donnerstag, bei der Bekanntgabe des Spielplans der kommenden Saison möglicherweise auch der Name des künftigen Intendanten enthüllt werden. Genügend Stoff also für heiße Diskussionen im heutigen Kuratorium der Salzburger Festspiele. Die Sitzung begann unter dem Vorsitz von Kunst-Sektionschefin Andrea Ecker um 13 Uhr. Die Stimmung unter den Teilnehmern war erkennbar angespannt. (APA)

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(Quelle: salzburg24)

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