Leben

Kehrtwende am österreichischen Immobilienmarkt

Veröffentlicht: 15. November 2022 11:22 Uhr
Seit Jahren sind die Immobilienpreise in Österreich stetig nach oben geklettert. Wohneigentum wurde immer teurer, das Angebot zunehmend knapper und viele junge Leute konnten sich keine eigene Immobilie leisten. Aktuell sieht jedoch alles so aus, als würde der internationale Immobilienmarkt eine Vollbremsung hinlegen. Die Zinsen klettern in die Höhe und die Hürden, die für eine Baufinanzierung überwunden werden müssen, wachsen. Die Preisanstiege stagnieren. Da bildet auch Österreich keine Ausnahme.

Mit dieser Trendwende sind einige Auswirkungen verbunden. Doch was bedeutet das genau für Kreditnehmer, Käufer und Bauinteressierte?

Trendwende am Immobilienmarkt absehbar

Im Wiener Speckgürtel werden Ende November die Doppelhaushälften in Kottingbrunn fertiggestellt und kommen zu Preisen von rund 549.000 Euro auf den Markt. Verkauft sind sie aber noch nicht, denn: Vielen Interessierten fehlt das Geld und sie bekommen keinen Kredit von der Bank. Für viele Immobilienmakler ist das eine völlig neue Situation. Normalerweise verkaufen sie derartige Immobilien sofort, doch nun bekommen sie kaum Anfragen. Die Zeiten, in denen junge Menschen zwischen 25 und 40 Jahren mit zehn Prozent Eigenkapital eine Immobilie gekauft haben, sind nämlich vorbei.

Hier bildet die Stadt Wien keine Ausnahme. Die Immobilienverkäufe sind im ersten Halbjahr 2022 in ganz Österreich teils deutlich zurückgegangen. Dazu kommt noch, dass die Immobilienpreise, die seit Jahren eigentlich stark angestiegen sind, in den letzten Monaten nur noch um etwa 0,3 Prozent nach oben geklettert sind. Zum Vergleich: Im Zeitraum von April bis Juni waren es noch 3,5 Prozent. Experten sprechen von einer „preislichen Vollbremsung“ und prophezeien eine „Zeitwende“ für den Immobilienmarkt.

Ein Blick auf den internationalen Markt scheint das zu bestätigen. So sind die Preise in den USA, in Kanada und in Neuseeland schon deutlich stärker gesunken. Ob dieser Trend sich in Österreich fortsetzt, ist noch unklar. Aber: Marktexperten rechnen zumindest auch in Österreich in einzelnen Regionen mit Preisrückgängen. Der Immobilienboom könnte also bald enden. Wir schauen uns an, was das für Kreditnehmer, Käufer, Verkäufer und Bauherren im Detail bedeuten würde.

1. Folgen für Kreditnehmer

Viele potenzielle Käufer in Österreich werden derzeit von den strengen Vorgaben der Kreditinstitute-Immobilienfinanzierung Maßnahmenverordnung (KIM-VO) ausgebremst. Diese trat im August 2022 in Kraft. Zehn Prozent Eigenkapital reicht heutzutage kaum noch aus, vielmehr müssen Kreditnehmer oft das Doppelte aufbringen. Zudem kamen durch die Verordnung neben der Beleihungsquote noch weitere Hürden auf dem Weg zum Immobilienkredit hinzu. Strengere Regeln gibt es etwa bei der Laufzeit und dem Schuldendienst. An diesen Hürden scheitern viele potenzielle Kreditnehmer.

Zwar haben die Banken für derartige Fälle Ausnahmekontingente, die aber am Markt für Wohnungsfinanzierungen für eine enorme Intransparenz gesorgt haben. Denn: Kreditsuchende können entweder angenommen oder abgelehnt werden – je nachdem, welche Bank gerade Platz in einem Ausnahmekontingent hat. Das heißt im Klartext: Mit ein- und demselben Antrag kann ein Verbraucher diesen Monat abgewiesen, im kommenden Monat aber angenommen werden.

Steigende Zinsen und Inflation belasten das Haushaltsbudget

Hat man Platz in einem Kontingent gefunden oder erfüllt die Vergaberichtlinien ohnehin, ergibt sich dann oft gleich das nächste Problem: Die Kreditkosten sind enorm gestiegen und müssen in das Haushaltsbudget integriert werden. Dieses wird aber gleichzeitig durch die hohe Inflation belastet. Der Drei-Monats-Euribor, der für die meisten variablen Kredite wichtig ist, hat seit dem Tief am Vorjahresende – als er bei minus 0,6 Prozent lag – mittlerweile eine Höhe von 1,7 Prozent erreicht. Das ist ein Zuwachs von über 2,3 Prozentpunkten.

Bis zur Jahresmitte 2023 sollen die variablen Zinsen weiterhin um ein bis 1,5 Prozent steigen. Davon gehen viele Experten aus. Wer einen 30-jährigen Kredit über 300.000 Euro abschließt, muss durch einen Zinsanstieg um 1,5 Prozentpunkte mit monatlichen Mehrkosten in Höhe von 329 Euro rechnen. Gleichzeitig steigen auch die Konditionen für fest verzinste Wohnkredite an. Ein Ende ist hier noch nicht absehbar, denn die Europäische Zentralbank kündigte schon weitere Zinserhöhungen an, um der hohen Inflation entgegenzuwirken.

Änderungen werden gefordert

Die strengen Kreditvergaberichtlinien machen also seit August vielen Menschen mit einem Traum vom eigenen Haus einen klaren Strich durch die Rechnung. Das gefällt vielen nicht. Die niederösterreichische Volkspartei fordert beispielsweise, dass die Verfügbarkeit der Immobilienkredite sich wieder verbessern soll. Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP bezeichnete die Kriterien als „überbordend“ und verlangt eine Überprüfung. Hans Seitinger, ebenfalls von der ÖVP und steirischer Wohnbaulandesrat, stimmt in diesem Punkt zu. Er sieht ein, dass der Finanzmarkt Regeln braucht, kritisiert aber, dass junge Menschen aufgrund der aktuellen KIM-Verordnung kaum Chancen haben, sich selbst durch ihre geleistete Arbeit etwas aufzubauen. Er schlägt vor, Wohnbauförderungen als Eigenmittel zu berücksichtigen.

Tatsächlich hat Finanzminister Magnus Brunner von der ÖVP die Überprüfung der KIM-VO schon angekündigt. Das Problem: Die Verordnung geht aus einer Empfehlung des Finanzmarkt-Stabilitätsgremiums hervor. Darin sitzen führende Beamte aus dem Finanzministerium. Demzufolge stammt die Verordnung aus den Reihen der ÖVP. Dazu kommt noch, dass die Banken erst seit dem 1. Oktober Daten sammeln und melden müssen. Die Überprüfung wird daher wohl erst 2023 erfolgen, damit ein Quartal lang die Auswirkungen beobachtet werden können.

2. Auswirkungen auf Käufer

Viele Verbraucher in Österreich sind seit mehreren Jahren auf der Suche nach einer Eigentumswohnung in Wien oder Salzburg. Aber die Preise, die zuletzt stark gestiegen sind, sorgen dafür, dass die meisten Interessenten doch erst einmal abgewartet haben. Jetzt gibt es für Käufer jedoch wieder Hoffnung: Da sich eine Abkühlung am Immobilienmarkt abzeichnet, hoffen viele, jetzt doch noch Eigentum kaufen zu können. Doch die Veränderung, die den Immobilienmarkt gerade durchläuft, kann aktuell noch nicht gut an Zahlen bewiesen werden. Viele Makler merken jetzt ein zögerndes Verhalten, wo es früher ein Kaufangebot gegeben hätte. Etliche Wohnungen tauchen immer wieder in den einschlägigen Immobilienportalen auf, da sich anscheinend keine Käufer finden.

Experten, die den Immobilienmarkt beobachten, sprechen von einer spürbaren Veränderung in den letzten Wochen: Das Angebot steigt, während die Anzahl an Interessenten gesunken ist. Die Vermarktungsdauer hat sich dadurch verlängert. Wer ein Kaufinteresse hat, profitiert von diesem Wandel. Denn: Wenn das Angebot zunimmt, sinken auch die Preise. Allerdings ist Euphorie hier fehl am Platz. Immobilienexperten gehen nicht davon aus, dass die Objekte auf einmal deutlich billiger werden. Vielmehr werde sich das Preiswachstum verlangsamen. Länger anhaltende oder deutliche Preiskorrekturen nach unten werden für Österreich im Allgemeinen nicht erwartet und können allenfalls bestimmte Regionen betreffen.

3. Bedeutung für Verkäufer

In den letzten Jahren war es so: Wer nicht unbedingt seine Immobilie verkaufen musste, hat das auch nicht getan. Dementsprechend war das Angebot niedrig. Möglicherweise ändert sich das jetzt. Aktuell scheint es so, dass vor allem die Erben von Immobilien ihre Objekte schnell auf den Markt bringen, damit sie bei der momentan noch ganz guten Wirtschaftslage verkaufen können. Viele wollen ihre Immobilien loswerden, bevor die Inflation zu weiteren Strapazen führt und die angespannte Wirtschaftslage zu noch stärkeren Einbrüchen bei der Nachfrage führt.

Diese Tendenz bestätigen die Immobilienmakler von city-immobilienmakler.de: „Noch nie hat City Immobilienmakler so viele Anfragen zum Hausverkauf erhalten, wie in diesem Sommer. Teilweise mussten wir schon wirklich Sonderschichten führen. Die bevorstehenden weiteren Zinserhöhungen werden weitere Impulse auf den deutschen Immobilienmarkt auslösen.“ Allerdings sind viele Immobilienmakler bei der Preisfestsetzung auch vorsichtiger geworden. Deshalb bekommen viele Verkäufer zu hören, dass der Immobilienverkauf zu deren Preisvorstellungen schwierig werden könnte. Da viele Immobilienbesitzer nicht von ihrem gewünschten Preis abweichen wollen, entscheiden sich womöglich auch einige gegen einen Verkauf. Die Hoffnung, dass sich die Lage in naher Zukunft wieder ändern könnte, bleibt bestehen. Das wirkt sich dann gegebenenfalls auch wieder auf das Angebot aus, das dann doch nicht so stark zunimmt, wie es sich viele derzeit wünschen.

Einig sind sich die Experten derzeit auch bei einem anderen Punkt: Wahrscheinlich wird die Zinswende nicht unbedingt dazu führen, dass sich viele Menschen ihren Kredit nicht mehr leisten können und ihre Immobilien verkaufen müssen. Dies war 2008 während der Finanzkrise der Fall, aber aktuell wird sich dieser Trend wahrscheinlich nicht wiederholen. Wer heute eine Immobilie in Österreich verkaufen möchte, sollte sich auf einen erfahrenen Makler verlassen, der die aktuellen Trends am Immobilienmarkt kennt. Dies empfiehlt auch das Portal heimhelden.de zum Thema Immobilienverkauf. Der Makler hat eine langjährige Expertise, die bei der Erstellung eines Exposés, der Aufnahme der Fotos und der Verkaufspreisermittlung wichtig ist.

4. Auswirkungen auf Bauherren

Wer davon träumt, sich ein Einfamilienhaus zu bauen – und diesen Traum haben viele –, wird angesichts der aktuellen Situation aber kaum einen Vorteil haben. Durch die Corona-Pandemie sind die Preise für Baustoffe und Rohstoffe stark angestiegen. Auch die Grundstückspreise sind in vielen Orten Österreichs explodiert. Dazu kommen die strengeren Richtlinien bei der Kreditvergabe. All das führt dazu, dass die Nachfrage nach Neubauprojekten seit dem Sommer eher verhalten ist.

Tatsächlich gehen Experten der Branche nicht davon aus, dass die Rohstoff- und Baustoffpreise wieder das Niveau erreichen, welches sie vor Corona gehabt haben. Allerdings sind leichtere Preissenkungen durchaus zu erwarten, sodass diese sich wieder auf einer vernünftigen Basis einpendeln können. Panik ist sicher fehl am Platz, aber es empfiehlt sich, erst einmal den Markt zu beobachten. Unterdessen könnten Bauinteressenten ihre eigenen Wohnbedürfnisse überdenken und ihr Haus vorausplanen. Irgendwann werden dann auch wieder die Zeiten kommen, in denen der Markt gute Voraussetzungen für den Hausbau bietet.

Fazit: Trendwende auf dem Immobilienmarkt bringt Vor- und Nachteile

Eine Trendwende ist auf dem österreichischen Immobilienmarkt eindeutig spürbar. Die strengeren Vorgaben für die Kreditvergabe seit dem Sommer 2022 und die steigenden Zinsen tragen dazu bei, dass sich der Immobilienmarkt in ganz Österreich spürbar abkühlt. Das zeigt sich dadurch, dass das Angebot an Eigentumswohnungen beispielsweise stark zugenommen hat, während die Nachfrage aber deutlich zurückgegangen ist. Diese Trendwende führt zu zahlreichen Nachteilen, aber auch zu einigen Vorteilen. So könnten die Preise für Eigentumswohnungen und Immobilien stagnieren oder gar sinken. Davon profitieren Kaufinteressenten zwar, gleichzeitig ist es für sie aber aufgrund der Hürden bei der Immobilienfinanzierung und der Inflation aber schwieriger, einen Kredit zu erhalten. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Trendwende des österreichischen Immobilienmarktes in der Zukunft konkret auswirken wird.

(Quelle: salzburg24)

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