Prozess in Tirol

Seniorin (84) verdurstet: Tochter und Enkel zu bedingter Haft verurteilt

Wegen fahrlässiger Tötung einer 84-Jährigen in Dölsach mussten sich am Dienstag die Tochter und der Enkel der Verstorbenen verantworten. Im Bild: Das Landesgericht Innsbruck. (SYMBOLBILD)
Veröffentlicht: 04. November 2025 15:03 Uhr
Nach dem tragischen Tod einer 84-jährigen Frau in Dölsach wurden ihre Tochter und ihr Enkel am Landesgericht Innsbruck wegen grob fahrlässiger Tötung zu je fünf Monaten bedingter Haft verurteilt. Die Seniorin war nach einem Sturz nicht mehr in der Lage, aufzustehen, und verstarb eine Woche später an Dehydrierung.

Nach dem Tod einer 84-jährigen Frau im Osttiroler Dölsach im Mai aufgrund von Dehydrierung sind am Dienstag ihre 59-jährige Tochter sowie der 31-jährige Enkel am Landesgericht Innsbruck wegen grob fahrlässiger Tötung zu je fünf Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Die Seniorin hatte im Mai nach einem Sturz in der gemeinsamen Wohnung nicht mehr aufstehen können und war eine Woche lang auf dem Küchenboden in ihren Exkrementen gelegen und dann gestorben.

Urteile gegen Tochter und Enkel von Verstorbener nicht rechtskräftig

Die Urteile waren vorerst nicht rechtskräftig. Ursprünglich waren Mutter und Sohn wegen Vernachlässigung oder Quälens angeklagt gewesen. Letztlich kam es aber zu der Verteilung wegen grob fahrlässiger Tötung, also eines anderen Straftatbestandes. Die 59-Jährige wurde zudem zu 960 Euro unbedingter Geldstrafe verurteilt, der Sohn zu 1.200 Euro.

Die beiden hatten sich im Prozess "nicht schuldig" bekannt. Sie habe zu ihm gesagt "sie möchte nicht mehr aufstehen", erklärte der zweitangeklagte Enkel bei seiner Einvernahme zu Beginn der Verhandlung vor Richter Paul Menardi und den Schöffen. Auch habe sie nach dem Sturz nicht akut über Schmerzen geklagt, berichtete er weiters. Sein Eindruck sei außerdem gewesen, dass sie "keinen Lebenswillen mehr hat", verantwortete sich der 31-Jährige. Davor hatte er die Situation kurz beschrieben. "Ich hörte einen Rumpler aus der Küche und bin dann hin", erzählte der Enkel. Dort sei seine Oma schließlich auf dem Küchenboden gelegen. "Wir haben dann versucht, sie auf den Diwan zu legen, schafften das aber nicht". Schließlich habe seine Mutter eine Matratze geholt, auf der die 84-Jährige dann auch lange gelegen sei.

59-Jährige bekennt sich "nicht schuldig"

Die erstangeklagte Mutter bekannte sich im Anschluss ebenfalls "nicht schuldig". "Sie hat gesagt, dass sie bald wieder rausgehen möchte", erklärte diese. Ihr sei zudem nicht vorgekommen, dass der "Lebensmut" der 84-Jährigen gedämpft gewesen sei. "Ich fragte meine Mutter nach dem Sturz, ob sie weh hätte, aber sie verneinte", berichtete die Erstangeklagte. Die angebotene Hilfe "durch die Rettung" sei von ihr ebenfalls abgelehnt worden. Als sie sie auf die Matratze gelegen habe, habe die Mutter angegeben, dass sie "einfach schlafen will" und man sie "in Ruhe lassen" solle. "Ich habe ihr stets etwas zu trinken gegeben und sie versorgt", beteuerte die 59-Jährige. Natürlich habe ihre Mutter aber "weniger als zuvor gegessen und getrunken", gestand die Angeklagte ein.

"Hygienischer Zustand war extrem"

Die Staatsanwältin hatte zuvor in ihrem Eröffnungsplädoyer die Situation aus ihrer Sicht geschildert. "Die Frau lag zuerst auf eine Matratze, dann später nur mehr auf dem Küchenboden", führte sie aus. Die 84-jährige Frau habe schließlich ihre Notdurft auf dem Boden verrichten müssen: "Der hygienische Zustand war extrem." Die Frau habe "Kotbehaftungen an Körper und Händen gehabt", skizzierte die öffentliche Anklägerin die Umstände. Dass die Flüssigkeitszufuhr, die ihr die Tochter und Erstangeklagte zukommen ließ, nicht ausreichte, sei außerdem augenscheinlich: "Die Frau starb schließlich an Dehydrierung."

Im Anschluss sprach die Verteidigerin für die Angeklagten und plädierte im Vorfeld von deren Aussagen für beide auf "nicht schuldig". "Sie haben die Mutter bestmöglich versorgt", erklärte die Anwältin. Darüber hinaus habe man wert darauf gelegt, "ihre Wünsche bestmögliche zu erfüllen". Auch sei es jedenfalls der Fall gewesen, dass sich die 84-jährige Frau zuvor "selbst versorgt hat".

Die Staatsanwaltschaft hatte nach dem Vorfall Anklage wegen des Quälens oder der Vernachlässigung einer unmündigen oder wehrlosen Person erhoben. Den beiden Angeklagten drohten, da die mutmaßliche Tat den Tod des Opfers nach sich zog, im Fall eines Schuldspruchs zwischen einem und zehn Jahren Haft.

(Quelle: apa)

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