Migrationskommissar Magnus Brunner (ÖVP) wird am Dienstag in Straßburg seinen Vorschlag für ein neues EU-Rückführungsgesetz vorlegen. Es soll deutlich strengere Regeln als bisher enthalten. So sollen Abschiebungen von illegal Einreisenden in Zukunft einfacher und schneller gehen. Auch Einreiseverbote nach Abschiebungen von bis zu 20 Jahren sollen verhängt werden, kündigte Brunner an. Straffällige Rückzuführende könnten auch in Haft genommen werden.
Dies sollte für diejenigen, die eine Sicherheitsbedrohung darstellen, gelten, erklärte Brunner am Montag in Brüssel gegenüber österreichischen Journalistinnen und Journalisten. Ihm sei wichtig, dass „Menschen, die illegal in der EU sind, diese auch tatsächlich verlassen. Wir haben mehr als genug Rückführungsentscheidungen, aber zu wenige tatsächliche Rückführungen.“ Derzeit verlässt laut dem Migrationskommissar nur etwa jede fünfte Person, gegen die eine Rückkehrentscheidung ergangen ist, die EU. Das sei „nicht akzeptabel“.
Ziel ist effizientes Rückführungssystem
Er will daher ein „effizienteres, kohärenteres Rückführungssystem“ mit „in ganz Europa vereinheitlichten Regeln“ schaffen. Wichtig ist ihm daher, dass das Gesetz als EU-Verordnung und nicht als Richtlinie erlassen wird: „Dann gibt es durchgängig über alle 27 Mitgliedstaaten ähnliche Voraussetzungen und diese können schneller agieren.“ Von einem EU-Land erlassene Abschiebebescheide sollen künftig auch in den anderen Mitgliedstaaten automatisch gelten.
Eine „EU-Rückführanordnung“ soll dafür sorgen, dass aufgegriffene illegale Migranten direkt aus dem EU-Land zurückgeschickt werden können, in dem sie zuletzt aufgegriffen wurden. Dies soll die Rückführung schneller machen und verhindern, dass die Illegalen erneut „untertauchen“. Probleme bereiten hier oftmals die Definition des „sicheren Drittstaates“, in den rückgeführt werden darf, und ob dieser die Betroffenen überhaupt aufnimmt. Brunner kündigt ein EU-Konzept für sichere Drittstaaten bis Juni 2025 an.
Strikte Unterscheidung zwischen Aufenthaltsberechtigten und illegalen Eingewanderten
Brunner will strikt zwischen denen unterscheiden, die legal in Europa leben und arbeiten und jenen, die kein Recht darauf haben. Noch eine Stufe strenger soll es für jene werden, die straffällig geworden sind und ein Sicherheitsrisiko darstellen. Hier hätten viele EU-Länder „massive Maßnahmen“ gefordert, so der zuständige Kommissar. Auch die umstrittenen „Return hubs“, also Rückkehrzentren, sollen mit dem Vorschlag möglich sein. Diese würden aber nur in Fällen möglich, für die bereits ein Rückführbescheid erlassen sei. Es werde auch „Garantien für Grundrechte“ geben, geht Brunner auf die massive Kritik daran von NGOs und Menschenrechtsorganisationen ein.
Der Österreicher will „entschlossen und konsequent gegen die vorgehen, die die unser Asylsystem untergraben“. Rückzuführende sollen in Zukunft auch enger mit den Behörden kooperieren müssen. Tun sie dies nicht, droht Brunner mit harten Konsequenzen. Er will aber auch die Rahmenbedingungen für die „freiwillige Rückkehr verbessern“, dies sei „effizienter und günstiger“.
Die Rückführungsrichtlinie der EU regelt die Rückführung von Menschen aus Drittstaaten, die sich illegal in der EU aufhalten. Die derzeitige Richtlinie wurde 2008 verabschiedet. Ihre Überarbeitung ist eines der Kernprojekte der von der Leyen-Kommission, und die erste große Aufgabe für den ehemaligen österreichischen Finanzminister Brunner. „Diese Verordnung ist noch ein fehlendes Element des Pakts für Asyl und Migration“, so der Kommissar. Der Vorschlag der Kommission muss vom EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten angenommen werden, bevor er gelten kann.
Stocker: „Illegale Migranten rasch und konsequent abschieben“
„Illegale Migranten müssen rasch und konsequent abgeschoben werden. Der Vorschlag von Kommissar Magnus Brunner für eine neue Rückkehr-Verordnung ist daher ein Schritt in die richtige Richtung“, begrüßte Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) den Vorschlag. „Alle Maßnahmen, die tatsächlich wirken, um Rückführungen zu beschleunigen, und Österreich im Kampf gegen illegale Migration unterstützen, sind zu befürworten.“
Applaus bekam Brunner auch von den ÖVP-Europarlamentariern. Delegationsleiter Reinhold Lopatka verwies am Vormittag vor Journalisten auf Eurostat-Zahlen, wonach 480.000 Menschen die EU verlassen hätten sollen, aber nur 100.000 es tatsächlich getan hätten. „Wer hier behauptet, es besteht kein Handlungsbedarf, geht völlig an der Realität vorbei!“ Abgeordneter Lukas Mandl meinte später per Aussendung: „Das Tempo, mit dem die neue EU-Kommission diesen Vorschlag auf den Tisch gebracht hat, ist beachtlich. Das gehört gewürdigt.“ Die Umsetzung des Kommissionsvorschlags werde „dazu beitragen, der organisierten Kriminalität im Bereich Menschenhandel das Handwerk zu legen“, so Mandl, der schon früher im Europaparlament den Asyl- und Migrationspaket mitverhandelte und sich nun als Mitglied des Innenausschusses an den Verhandlungen zum aktuellen Vorschlag beteiligen wird.
„Alles, was die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in diesem Bereich verbessert, ist zu begrüßen“, sagte SP-Delegationsleiter Andreas Schieder am Vormittag. Ob es dazu tatsächlich einen neuen gesetzlichen Anlauf brauche, könne er nicht beurteilen. Schubhaftzentren könnten jedoch „auch grundrechtliche Problem mit sich bringen“. Deutlicher wurde Thomas Waitz von den Grünen: „Abschiebezentren in Drittstaaten sind mit den EU-Menschen- und Grundrechten nicht vereinbar! Man braucht andere Lösungen dafür - aber innerhalb der EU.“ Man brauche eine Umsetzung der bisherigen Vereinbarungen statt Showpolitik und Scheinhandlungen.
Während es Anna Stürgkh von den NEOS grundsätzlich positiv fand, dass eine gemeinsame europäische Initiative die nationalen Alleingänge ersetzen soll, fiel die Zeugnisverteilung durch Petra Steger (FPÖ) vernichtend aus: „Ich kann nur sagen: Nicht genügend, setzen! Das wird nicht für die notwendige Trendwende sorgen!“ Migranten, die sich in der EU illegal aufhielten, werden man mit dieser Verordnung „nicht aus der EU bringen“.
(Quelle: apa)