Die neue Bundesregierung ist am Montagvormittag in der Wiener Hofburg von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt worden. ÖVP-Obmann Christian Stocker leitet die erste aus Volkspartei, SPÖ und NEOS gebildete Bundesregierung. Sie hat 14 Mitglieder, dazu gibt es sieben Staatssekretariate.
Internationale Medien schreiben am Dienstag über die Angelobung der neuen österreichischen Bundesregierung:
„EFE“ (spanische Nachrichtenagentur):
„Die jahrzehntelange Machtausübung der ÖVP hat eine fast symbiotische Beziehung zwischen der Partei und der öffentlichen Verwaltung in einigen konservativ geführten Ministerien und Abteilungen geschaffen, die ihren Einfluss auf die staatlichen Strukturen vertieft hat. Dieses System hat das geschaffen, was einige Kritiker als ‚tiefen Staat‘ bezeichnen, in dem mit der ÖVP verbundene Beamte sicherstellen, dass die Interessen der Partei unabhängig von politischen Veränderungen an der Spitze des Staates berücksichtigt werden.
Für die Kritiker, darunter auch Stimmen aus der SPÖ und den Liberalen, ihren neuen Regierungspartnern, besteht die einzige Ideologie der ÖVP darin, an der Macht zu bleiben, weil nur so die Einheit einer Partei mit so unterschiedlichen Interessen gewährleistet werden kann. Deshalb, so die Kritiker, ist eine Oppositionsrolle für die ‚Volkspartei‘ keine Option, weil sie das große Interessengeflecht, das ihre Macht stützt, gefährden würde.“
„Süddeutsche Zeitung“ (München):
„Andere Länder mögen unregierbar werden, du, glückliches Österreich, rede! (...) Das war immer schon das Prinzip der österreichischen Kompromissfindung: Unterschiedliche Interessen werden von unterschiedlichen Leuten vertreten. Weshalb man in Wien gerade wieder einen alten Witz hört: Wie viele Leute braucht man in Österreich, um eine Stelle zu besetzen? Drei – einen Schwarzen, einen Roten und einen, der die Arbeit macht. Mit den NEOS könnte diese Zahl auf vier anwachsen.
Die größte Herausforderung für Schwarz-Rot-Pink wird es also sein, nicht in die Muster der Vergangenheit zurückzufallen. Als die beiden Volksparteien das Land mehr oder weniger in zwei Hälften aufteilten und sich alle, die hier etwas werden wollten, festlegen mussten, welcher sie zuneigen. Strukturen wie diese haben seit Ende der 1980er dazu geführt, dass die Rechtspopulisten immer stärker geworden sind. Die FPÖ verdankte ihre Erfolge immer auch dem Versprechen, dieses System zu zerstören.“
„tageszeitung“ (Berlin):
„Die neue Regierung verfolgt augenscheinlich einen ähnlichen Ansatz wie zuletzt das schwarz-grüne Bündnis: Jede Partei erhält einen abgesteckten Bereich, in dem sie relativ frei agieren kann. (...) Die geplanten Vorhaben sind genau austariert. Große Würfe sind nicht dabei, aber jede Partei kann ihre Klientel bedienen. (...)
Die ersten Streitigkeiten werden indes nicht lange auf sich warten lassen. Zwar wollen sich alle Parteien 'stärker in Europa einbringen'. Was heißt das aber genau? An dieser Stelle muss über den sinnbildlichen Elefanten im Raum gesprochen werden: die Neutralität. Sie ist eine Lebenslüge Österreichs und nicht mehr zeitgemäß. Für Sicherheit hat sie, anders als behauptet, ohnehin nie gesorgt.“
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“:
„Österreich steckt in der tiefsten Rezession seit Jahrzehnten, und doch hat es quälend lange fünf Monate seit der Parlamentswahl gedauert, bis die Parteien eine Regierung geformt haben. Die konservative ÖVP, die Sozialdemokraten von der SPÖ und die liberalen NEOS haben das nicht aus Überzeugung getan, sondern aus Furcht vor dem Wähler. (...)
Die Bildung der Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS trägt Züge einer Flucht nach vorn. Immerhin kommt so bis auf Weiteres kein FPÖ-Kanzler an die Macht, mit nationaler Stimmungsmache, ausländerfeindlichen Tiraden, Liebedienerei Richtung Moskau, illiberalen Vorhaben nicht nur in der Medienpolitik und dem Einprügeln auf die EU. Das verhindert zu haben, reicht allerdings als Basis für viereinhalb Regierungsjahre nicht aus.
'Jetzt das Richtige tun' deklamiert die Überschrift auf der ersten Seite des Regierungsprogramms. Allerdings lassen die auf 210 Seiten folgenden Inhalte das Deckblatt oft wie ein Feigenblatt aussehen.“
(Quelle: apa)