Der „Kurier“ ist mit einem schwerwiegenden Vorwurf aus Hollywood konfrontiert: Regisseur und Schauspieler Clint Eastwood meldete sich zu einem vor mehreren Tagen von der Tageszeitung veröffentlichten Interview zu seinem 95. Geburtstag zu Wort. Dieses sei „frei erfunden“, unterstrich er in einem Statement, das u.a. von „Deadline“ und „The Guardian“ aufgegriffen wurde.
Der „Kurier“ wies Dienstagabend die Vorwürfe zurück, beendet aber die Zusammenarbeit mit der Autorin.
Interview mit Eastwood „Best-of“ mehrerer Gesprächen
Die Zeitung hat mittlerweile Kontakt mit der Autorin aufgenommen und übermittelte danach eine Stellungnahme: „Das Interview war offensichtlich weder frei erfunden noch gefälscht.“ Die Autorin sei seit vielen Jahren in Hollywood als freie Autorin tätig, und auch der „Kurier“ habe ihr punktuell Texte abgenommen. Ihren Angaben zufolge war sie in dieser Zeit bei rund 18 Interviews mit Clint Eastwood am Tisch. Das fragliche Interview war „ein Best-of von ihren Gesprächen mit dem Star“. Sie habe leider nicht klargestellt, dass es kein aktuelles, sondern ein zusammengefasstes Interview ist. „Da das nicht den Qualitätskriterien des 'Kurier' entspricht, werden wir künftig nicht weiter mit ihr zusammenarbeiten“, so die Chefredaktion.
Die verantwortliche Journalistin Elisabeth Sereda hat sich auch selbst am Mittwoch zu Wort gemeldet. In der ORF-Sendung "Guten Morgen Österreich" verteidigte sie ihr Vorgehen und sagte, der "Kurier" habe gewusst, dass es sich um kein aktuelles Interview handelte. "Kurier"-Chefredakteur Martin Gebhart widersprach dem auf APA-Anfrage entschieden.
Der Text ist anlässlich des 95. Geburtstags von Eastwood vor mehreren Tagen im "Kurier" erschienen - in Form eines Frage-Antwort-Interviews. Dass dadurch der Anschein eines aktuellen Gesprächs erweckt wurde, zeigt nicht zuletzt, dass zahlreiche Medien Zitate aus dem Interview übernahmen. Auch die international tätige Nachrichtenagentur Reuters übersetzte viele Auszüge aus dem "Kurier"-Artikel, wodurch die Aussagen sich schnell verbreiteten. Reuters hat die Meldung mittlerweile zurückgezogen. Eastwood selbst sagte, er habe in den vergangenen Wochen keine Interviews gegeben und ihm sei auch der "Kurier" nicht bekannt, was selbst die "New York Times" zu einem ausführlichen Artikel bewegte.
Sereda: "Hätte mir mehr Loyalität erwartet"
Zuletzt habe sie "knapp vor der Pandemie" mit Eastwood in Person gesprochen. Danach habe es meist nur noch Online-Interviews gegeben. Sie hielt fest, dass weder sie noch der "Kurier" das Interview als exklusiv oder neu verkauft hätten. Die Tageszeitung habe auch gewusst, dass sie "das Interview mit Clint Eastwood nicht drei Tage vor Druckdatum bekommen" habe. "Das wussten sie", so Sereda. Daher tue es ihr auch sehr leid, dass der "Kurier" die Zusammenarbeit mit ihr als Reaktion auf die Vorwürfe Eastwoods beendet habe. "Ich hätte mir von einem Medium, für das ich so viele Jahre geschrieben habe, ein bisschen mehr Loyalität erwartet", sagte die Journalistin.
Dass Eastwood den "Kurier" nicht kenne, stimme, sagte Sereda nun im ORF. Sie habe im Laufe ihrer Karriere nämlich nicht als "Kurier"-Journalistin, sondern als Mitglied der Hollywood Foreign Press Association (HFPA) zahlreiche Interviews mit dem Schauspieler und Regisseur geführt. Dabei seien üblicherweise auch andere Journalistinnen und Journalisten anwesend, die allesamt berechtigt seien, das Gesagte für Artikel zu verwenden. Zu Anlässen wie Geburtstagen sei es üblich, ein "Best-of von mehreren Interviews" zu verwenden. "Und so war es auch hier. Ich habe die Zitate aus mehreren meiner Interviews genommen, um Eastwood und sein Leben zu feiern", so Sereda, die seit einem Jahrzehnt als freie Journalistin für den "Kurier" Interviews mit Stars führt und in der Vergangenheit etwa auch mit dem ORF oder der "Kronen Zeitung" zusammenarbeitete.
Mehrere Zitate aus dem Interview wurden in den vergangenen Tagen von verschiedenen Medien aufgegriffen, was offenbar die Aufmerksamkeit Eastwoods erregt haben dürfte. Der Oscar-Preisträger teilte mit, dass er dem „Kurier“ oder auch anderen Medien in den vergangenen Wochen kein Interview gegeben habe. „Das Interview ist frei erfunden“, so der Regisseur und Schauspieler.
Eastwood: "Leben in einer Ära der Remakes und Franchises"
Der „Kurier“ zitiert Eastwood etwa damit, dass er sich nach den „guten alten Tagen, wo Drehbuchautoren in kleinen Bungalows am Studiogelände Filme wie 'Casablanca' geschrieben haben“ sehne. „Wir leben in einer Ära der Remakes und Franchises", soll die Hollywoodlegende demnach gesagt und seine Philosophie wie folgt auf den Punkt gebracht haben: "Mach etwas Neues oder bleib zu Hause."
In der Einleitung des Interviews ist zu lesen, dass Eastwoods Film „Juror No. 2“ Ende des Jahres in die Kinos komme. Tatsächlich war der Film aber bereits vor längerer Zeit in den USA zu sehen.
(Quelle: apa)