"Im Vergleich zum Vorjahr mussten Frauen heuer einen Tag länger gratis arbeiten", kritisierte AK-Präsidentin Renate Anderl. Die Einkommens-Situation habe sich also "wieder verschlechtert". Wie auch die Gleichbehandlungsanwaltschaft forderte sie mehr Einkommenstransparenz.
Equal Pay Day beschreibt Einkommensschere
Diese Transparenz sei zur Schließung der Einkommensschere notwendig, betonte die Arbeiterkammer in einer Aussendung. Sandra Konstatzky, Leiterin der Gleichbehandlungsanwaltschaft, sah darin am Mittwoch ebenfalls einen wichtigen Schritt: "Wir wissen aus unserer Beratungserfahrung, dass vielen Arbeitgeber:innen oft nicht bewusst ist, wo bei ihrem Entlohnsystem Diskriminierungspotenzial liegt." Deswegen fordere man eine Verbesserung des gesetzlichen Rahmens für Lohntransparenz.
Weitere Maßnahmen gegen Einkommensdiskriminierung sieht die AK im Ausbau der Kinderbetreuung, notwendig sei auch eine Qualifizierungsoffensive für Frauen und finanzielle Anreize zur Aufteilung der Erziehung zwischen beiden Elternteilen.
13 Prozent Unterschied beim Gehalt
Die AK verwies auf die grundsätzlich "gute Nachricht", dass laut Statistik Austria die Bruttobezüge aller lohnsteuerpflichtigen Personen in Österreich noch nie so hoch waren wie im Jahr 2021. Allerdings hätten Frauen von diesem Aufwärtstrend "kaum profitieren" können: Männer machten zwar nur die Hälfte dieser Gruppe aus, erhielten aber knapp über 60 Prozent der Bezüge. Denn mit der Höhe der Gehaltsklasse steige auch der Anteil der Männer. In der untersten Gehaltsklasse würden sich hingegen doppelt so viele Frauen (14,9 Prozent) wie Männer (7,6 Prozent) befinden, hieß es in der Aussendung der AK.
Laut dem Momentum Institut beläuft sich die Einkommensschere aktuell auf 13 Prozent. Werden alle Teilzeitbeschäftigten eingerechnet, betrage die Differenz 36 Prozent. Laut dem internationalen Frauennetzwerk "Business and Professional Women" (BPW) verdienen Frauen, die Vollzeit arbeiten, jährlich um ungefähr 6.000 Euro weniger als Männer. Einbußen von durchschnittlich 700 Euro bei den Pensionen seien die Folge, hieß es in einer Aussendung des Netzwerks vom Mittwoch. Auf regionaler Ebene zeigen sich demnach große Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während die Einkommensdifferenz in Wien mit drei Prozent verhältnismäßig klein ausfällt, ist sie in Vorarlberg mit 22 Prozent wesentlich höher.
Pensionsansprüche verändern?
FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker sieht in der Lohnschere ein "Armutszeugnis" und forderte in einer Aussendung am Mittwoch, die Pensionsansprüche für Frauen zu verändern. Zeiten für Pflege und Kinderbetreuung müssten für die Pension anrechenbar werden - und erwerbstätige Frauen sollten Anspruch auf eine Mindestpension haben, nicht nur gemeinsam mit ihrem Ehemann. Die Diskussion über die Kürzung von Sozial- und Familienleistungen bei Teilzeitarbeit, die von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) angestoßen worden war, bezeichnete Ecker als "komplett verfehlt", da sich überwiegend Frauen in Teilzeitarbeit befinden.
Klaudia Frieben vom Österreichischen Frauenring findet Kochers Vorstoß ebenfalls fehl am Platz. "Statt endlich zu handeln, beginnt eine skandalöse Diskussion innerhalb der Regierung rund um die Streichung von Sozialleistungen bei Teilzeit, eine Diskussion die mehr als unangebracht ist", betonte Frieben in einer Aussendung. Der Österreichische Frauenring fordert ein Lohntransparenzgesetz, Sanktionen bei Einkommensdiskriminierung, einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr, den Ausbau der Ganztagsschulen und die Weiterentwicklung der Einkommensberichte.
Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen
Die NEOS pochen anlässlich des "Equal Pay Day" auf den raschen Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Für Frauen brauche es "echte Wahlfreiheit", wenn es um die Vereinbarung von Beruf, Betreuung und Kindererziehung geht, betonte Frauensprecherin Henrike Brandstötter in einer Aussendung. Ein Mangel an Betreuungsplätzen dürfe Frauen nicht von Karriere und Vollzeitarbeit abhalten. Auch flexiblere Arbeitszeiten, mehr Väterbeteiligung und ein automatisches Pensionssplitting würden zu mehr Einkommensgerechtigkeit beitragen.
Wie die NEOS sehen auch die Grünen den Schlüssel zu mehr Einkommensgerechtigkeit in verpflichtender Lohntransparenz und ausreichend Kinderbetreuungsangeboten. "Wir benötigen einen Rechtsanspruch auf eine ganztägige Kinderbetreuung ab dem 1. Lebensjahr, damit Frauen selbst das Ausmaß ihrer Erwerbstätigkeit frei entscheiden können", sagte Frauensprecherin Meri Disoski in einer Aussendung. Es gelte auch traditionelle Rollenbilder in Familien aufzubrechen.
Ruf nach mehr Lohngerechtigkeit
Die Bundesleiterin der ÖVP-Frauen Juliane Bogner-Strauß und ÖAAB-Bundesfrauenvorsitzende Gertraud Salzmann sehen Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gefordert, um Lohngerechtigkeit zu erzielen. Einkommenstransparenz sei wichtig und auch Frauenquoten dürften kein Tabu sein, um Frauen in Führungspositionen zu bringen. "Das erhöht den Unternehmenserfolg und fördert die Gleichstellung der Geschlechter", hieß es in einer Presseaussendung.
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft betonte, dass es neben der schlechteren Bezahlung gleichwertiger Arbeit auch weitere Ursachen für das Lohngefälle gibt - etwa die hohe Teilzeitquote von Frauen, die "gläserne Decke", die Teilung des Arbeitsmarktes in geschlechtsspezifische Branchen und die ungleiche Verteilung von Sorge- und Hausarbeit. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen werde die Einkommensgleichstellung in Österreich erst im Jahr 2076 erreicht, merkte die Gleichbehandlungsanwaltschaft an.
Kommentare
Stimme_des_Volkes
Ganz kurz ein paar Sachen, die mich bei dieser Thematik stören: 1. "Frauen in Führungspositionen": Die Frauenquote ist scheinbar nur dort interessant, wo gutes Geld zu verdienen ist. Ich hab noch nie gehört dass jemand für die Frauenquote auf dem Bau oder bei sehr schweren Arbeiten (Bergbau, Militär, Müllabfuhr, ...) einsetzt. 2. "Die Frauenquote": Ich finde, dass die Qualifikation eines Menschen MIT ABSTAND das größte Kriterium sein soll, wenn es um die Besetzung eines Jobs geht. Teilweise werden Abstriche in der Qualifikation gemacht, um sich mit einer guten "Frauenquote" brüsten zu können. 3. Das Geschlecht sollte egal sein, nur die Qualifikation zählt in meinen Augen!
Maria_75720
Zum letzten Absatz: Hauptsache das Pensionsantrittsalter der Grauen wird angeglichen und erhöht, ich hatte mein ganzes Berufsleben Nachteile gegenüber den männlichen Kollegen….
Ein_Salzburger
Dem Problem kann ich zustimmen, denn es ist nicht in Ordnung, dass Frauen bei gleicher Leistung mehr verdienen. Der Pay-Gap gehört abgeschafft! Problematisch finde ich nur dass dieser Tag zwei mal im Jahr "gefeiert" wird. Im Frühling (bis dort hin wurde geatis gearbeitet) und im Herbst (ab hier wurde gratis gearbeitet) das klingt als würde man Äpfel mit Birnen mischen, weil sonst die Schlagzeilen ausgehen.