Warum wurde nicht reagiert?

Fall Teichtmeister: Burgtheater nimmt Stellung

Florian Teichtmeister am 26. Oktober 2021 im Rahmen eines Interviews mit der Austria Presse Agentur (APA) in Wien. 
Veröffentlicht: 14. Jänner 2023 12:57 Uhr
Die Gerüchte rund um "Die Toten von Salzburg"-Star Florian Teichtmeister dürfen wohl schon länger in der Szene bekannt gewesen sein, berichten heimische Medien. Die Frage, warum die Kultur-Branche erst gestern reagiert hat, bleibt unbeantwortet. Indes ordnete Kulturstaatssekretärin Mayer eine Prüfung des Falls an und das Burgtheater nahm in einem APA-Interview erstmals Stellung.
SALZBURG24 (nic)

Am Tag, nachdem bekannt wurde, dass Schauspieler Florian Teichtmeister sich am 8. Februar wegen des Besitzes von 58.000 kinderpornografischer Dateien vor Gericht verantworten muss, fokussieren die heimischen Medien in ihrer Berichterstattung nicht zuletzt darauf, dass es seit längerem Gerüchte zur Causa in der Branche gegeben habe. Zugleich macht man sich Gedanken zu den Auswirkungen auf die Chancen des Auslandsoscar-Kandidaten "Corsage", in dem Teichtmeister zu sehen ist.

Florian Teichtmeister wegen Kinderpornos vor Gericht

Schwere Vorwürfe gegen "Die Toten von Salzburg"-Star Florian Teichtmeister: Medienberichten zufolge wurden bei dem 43-Jährigen über 50.000 Kinderporno-Dateien gefunden. Der ORF zeigt als erste …

Warum hat Kultur-Branche nicht reagiert?

So referenziert die "Kronen Zeitung" auf eigene, frühe Berichte: "Bereits im Oktober 2021 berichtete die 'Krone', dass gegen einen preisgekrönten Schauspieler u.a. wegen Körperverletzung, Drogenmissbrauch und des Besitzes von Kinderpornos ermittelt wird." Auch der "Kurier" schlägt in dieselbe Kerbe: "Schon lange kursierten Gerüchte um Teichtmeister, Konsequenzen gab es jedoch keine. [...] Die Frage, wie das Burgtheater, der ORF und die gesamte Kulturbranche auf die bisherigen Gerüchte um Teichtmeister hätte reagieren sollen oder können, wird erwartungsgemäß noch Thema sein und werden." Und auch "Österreich" schreibt: "Die Spatzen pfiffen es schon seit mehr als einem Jahr von den Dächern, nun wird die Ekel-Affäre um einen heimischen Schauspielstar von seinen eigenen Anwälten und der Justiz bestätigt."

Florian Teichtmeister NEUMAYR
Schauspieler Florian Teichtmeister beim Dreh von "Die Toten von Salzburg" im Juni 2017 in der Stadt Salzburg. (ARCHIVBILD)

Mayer will Vorkommnisse prüfen lassen

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) kündigte indes am Samstag eine detaillierte Prüfung zu den Vorkommnissen an. "Das BMKÖS hat gestern umgehend die Bundestheater-Holding mit der Erstellung einer umfassenden Chronologie der Informationsflüsse im Konzern beauftragt, um sicherzustellen, ob hier auf allen Ebenen korrekt und mit der nötigen Sorgfalt gehandelt wurde. Diese Prozesse werden auch einer Prüfung durch einen externen Gutachter unterzogen." Sie selbst sei zutiefst erschüttert angesichts der Ermittlungsergebnisse und des anstehenden Strafverfahrens gegen Florian Teichtmeister. "Derartiges Verhalten hat in den Bundestheatern keinen Platz, genauso wenig wie in Kunst und Kultur allgemein sowie in allen anderen Gesellschaftsbereichen", so Mayer in einer Aussendung.

Eine Reaktion kam am Samstag auch vom Burgtheater. Burgtheater-Direktor Martin Kušej beantwortete der APA nun einige Fragen. Das Interview ist unten im Text komplett angeführt. Demnach wurde Teichtmeister bereits 2021 von der Direktion mit den Vorwürfen konfrontiert. Er soll diese allesamt glaubhaft bis zuletzt bestitten haben.

FPÖ erkennt "Mantel des Schweigens"

Die Wiener FPÖ nutzte die Causa zu einem Rundumschlag. "Der Umgang mit der Causa Teichtmeister ist bezeichnend für die Doppelzüngigkeit und Verlogenheit der linken Kulturschickeria", betonten am Samstag in einer Aussendung Klubobmann Maximilian Krauss und Kultursprecher Stefan Berger: "Obwohl der Vorwurf des Besitzes von zigtausenden kinderpornografischen Dokumenten gegen den Schauspieler dem Vernehmen nach seit eineinhalb Jahren bei den Arbeitgebern Burgtheater und ORF bekannt gewesen sein soll, hat man einen Mantel des Schweigens über diesen Skandal gehüllt. [...] Abseits der strafrechtlichen Komponente gibt es eine moralische Verantwortung für die Mitwisser aus ORF und der Wiener Theaterlandschaft.

Teichtmeisters Schauspielkarriere zu Ende

Einig sind sich die meisten medialen Kommentatoren darin, dass mit Bekanntwerden der Affäre die Schauspielkarriere von Florian Teichtmeister ihr Ende gefunden hat. "Wie auch immer die Gerichtsverhandlung ausgeht, die steile Bühnen-, TV- und Filmkarriere des Wieners ist vorbei", prognostiziert die "Kronen Zeitung". "Bisher galt der Wiener Schauspieler Florian Teichtmeister als Publikumsliebling - mehr als 20 Jahre lang konnte man ihn auf Bühnen oder im Fernsehen sehen, nun wird sich vieles ändern", ist sich auch "Die Presse" sicher. Und in der "Kleinen Zeitung" macht Kulturchefin Ute Baumhackl in einem Kommentar in Richtung Florian Teichtmeister deutlich: "Tragbar ist er auf der Bühne nicht mehr. Detto im TV."

Oscar-Chancen für Kreutzers "Corsage" gemindert

Nicht zuletzt sehen die Tageszeitungen massive Auswirkungen der Causa auf die Oscar-Chancen von Marie Kreutzers Sisi-Drama "Corsage". Hier hatte der zuständige Fachverband am Freitagabend gegenüber der APA betont, dass man das weitere Vorgehen über das Wochenende besprechen werde. "Die Chance, am 24. Jänner bei den Oscars unter die Top 5 der besten ausländischen Filme zu kommen, ist dahin", ist sich die "Kronen Zeitung" diesbezüglich bereits sicher. "Auch international droht ein Desaster. Die Sisi-Parabel 'Corsage' von Marie Kreutzer, die als Favorit auf der Shortlist für den Auslands-Oscar steht, ist damit so gut wie aus dem Rennen", bläst "Österreich" ins gleiche Horn.

"Die Anklage gegen Teichtmeister macht auch wohl die besten Chancen auf eine Oscar-Nominierung zunichte, die Österreich seit Langem hatte", gibt sich der "Kurier" noch etwas vorsichtiger. "Auch für den internationalen Höhenflug von Kreutzers Historiendrama 'Corsage', das es zuletzt auf die Shortliste von insgesamt fünfzehn Kandidaten in der Kategorie International Feature Film der Oscars schaffte, wird das Bekanntwerden der Causa wenig förderlich sein", zeigt sich auch "Der Standard" zurückhaltend. Konjunktivisch beurteilen auch die "Oberösterreichischen Nachrichten" die Lage: "Dass die Anklage von Teichtmeister eine Nominierung verhindern könnte, ist denkbar."

Kušej: Hat "Vorwürfe vehement bestritten"

APA: Welche Umstände/Vorwürfe waren dem Burgtheater bereits vor dem offiziellen Bekanntwerden der Causa am Freitag bekannt?

Martin Kušej: Wir hatten vom "Standard" im September 2021 von den Vorwürfen gegen einen Burgtheaterschauspieler erfahren. Sobald wir wussten, dass es sich bei dem in den Artikeln von "Kronen Zeitung" und "Standard" genannten Schauspieler um Florian Teichtmeister handelt, haben wir diesen zu einem Gespräch einbestellt. Wir nehmen derartige Vorwürfe sehr ernst und haben daher umgehend Erhebungen bei uns durchgeführt. Diese Erhebungen umfassten Gespräche mit Florian Teichtmeister, der Ensemblevertretung und anderen Mitgliedern des Ensembles. Diese Gespräche haben aber zu keinen Anhaltspunkten für die nunmehr gestandenen Taten geführt.

Teichtmeister wurde von der Direktion mit den Vorwürfen konfrontiert und hat diese allesamt glaubhaft bestritten. Florian Teichtmeister erklärte mir und meiner Stellvertreterin gegenüber, dass es sich bei der Anzeige gegen ihn um einen Racheakt seiner ehemaligen Partnerin handeln würde. Um diese Vorwürfe zu entkräften, wurde von ihm erklärt: Er hätte der Polizei freiwillig und, ohne dass eine Aufforderung dazu erfolgt wäre, alle Computer, Datenträger und Handy ausgehändigt, auf denen nichts zu finden sei. Was daher den Vorwurf zu Kinderpornografie sehr bald völlig entkräften würde. Es gäbe keine Anklage, kein laufendes Ermittlungsverfahren. Er hat sich auf unsere Nachfrage nicht geständig gezeigt und die Vorwürfe vehement bestritten.

Für uns gab es also die Informationen aus der Presse und dagegen die von Florian Teichtmeister uns als Arbeitgeber gegenüber getätigter Aussage, er sei völlig unschuldig, die Vorwürfe der Gewalt gegen seine Partnerin, des Drogenmissbrauchs und des Besitzes von Kinderpornografie seien haltlos. Er führte dabei weiter aus, dass er dabei sei, sich mit seiner Ex-Partnerin wieder anzunähern.

Es wurde verabredet, dass jede weitere Entwicklung, jeder weitere Vorwurf, jede weitere Anzeige und insbesondere eine Anklage dem Burgtheater zu melden sei. Dies wurde von Florian Teichtmeister zugesichert. Die Direktion hat sich in regelmäßigen Abständen bei ihm erkundigt, ob es neue Entwicklungen in dem Fall gibt. Florian Teichtmeister berichtete später, dass seine Ex-Partnerin die Anzeige zurückziehen wolle, das nicht möglich wäre. Er bekräftigte erneut und auch später wiederholt, dass die Untersuchungen sicher bald eingestellt würden. Auch der Ensemblevertretung waren keine Anhaltspunkte für die Vorwürfe bekannt.

Hat man mit Herrn Teichtmeister versucht, bis zur Klärung der Vorwürfe eine Freistellung oder ähnliches auszuverhandeln?

Nein. Im September 2021 waren wir mit Gerüchten über Verfehlungen von Florian Teichtmeister aus seinem Privatleben konfrontiert. Die Direktion ist diesen Gerüchten im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nachgegangen, konnte diese aber nicht erhärten. Für arbeitsrechtliche Schritte gegen Florian Teichtmeister im Sinne einer vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses hat es keine Grundlage gegeben. Eben so wenig für eine Dienstfreistellung. Das ergaben alle Beratungen mit den Rechtsanwälten. Als Dienstgeber konnte das Burgtheater nur von erwiesenen Fakten oder erhärteten Gerüchten ausgehen und nicht von unbegründbaren Gerüchten. Wir hatten keine Indizien auf das in "Krone" und "Standard" geschilderte Verhalten, nichts Derartiges ist für uns feststellbar gewesen, nichts dergleichen wurde je an uns herangetragen. Gestern lag aufgrund der konkreten Medienberichterstattung über die Anklage und aufgrund der Aussagen seiner eigenen Anwälte die arbeitsrechtliche Grundlage für eine Entlassung vor, die vom Burgtheater am 13.01.2023 sofort ausgesprochen wurde.

Welche rechtlichen Möglichkeiten hätte man als Arbeitgeber gehabt, auch ohne einen Konsens von sich aus Schritte zu setzen?

Nachdem wir vom "Standard" im September 2021 erfahren hatten, dass es sich bei den Vorwürfen um ein Burgtheaterschauspieler handeln soll, haben wir uns von einer Anwältin beraten lassen. Auch haben wir die Bundestheater-Holding informiert und uns durch den Rechtsbeistand der Bundestheater Auskunft darüber geben lassen, ab wann wir arbeitsrechtliche Schritte setzen dürfen und müssen. Dass sich die gestandenen Taten auf ein privates, nicht berufs- bzw. tätigkeitsbezogenes Verhalten des Arbeitnehmers beziehen, das außerhalb des Eingriffssphäre der Arbeitgeberin liegt, bedeutet zwar nicht, dass das private Verhalten für uns als Arbeitgeber irrelevant ist, aber es beschränkt die Möglichkeiten der Arbeitgeberin, Untersuchungen durchzuführen: Als Dienstgeber können wir keine Überprüfungen der privaten Datenträger des Arbeitnehmers oder eine Hausdurchsuchung beim Arbeitnehmer durchführen.

Überall dort, wo ein vorerst undurchsichtiger, zweifelhafter Sachverhalt vorliegt, den die Arbeitgeberin mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zunächst gar nicht aufklären kann, muss dieser das Recht zugebilligt werden, bis zur einwandfreien Klarstellung aller wesentlichen Tatumstände in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durch die hierfür zuständige Behörde mit der Entlassung zuzuwarten. Arbeitsrechtliche Schritte wie eine Dienstfreistellung werden nicht auf Basis unbestätigter Gerüchte gesetzt. Es wurden umgehend interne Untersuchungen durchgeführt. Da diese keine Anhaltspunkte zu den Vorwürfen geliefert haben, bestand keine rechtliche Grundlage für die Dienstfreistellung.

Herr Teichtmeister war zuletzt mit Hauptrollen in "Bunbury" respektive "Nebenan" sehr prominent auf den Burgtheaterbühnen präsent. Weshalb ist man dieses Risiko angesichts des Damoklesschwertes einer Verurteilung eingegangen?

Wir wussten von der Anzeige und dass nach Florian Teichtmeister Aussage gegen Aussage steht; es galt für uns die Unschuldsvermutung. Nach den zwei Artikeln im September 2021 gab es keine Berichterstattung mehr darüber. Niemand ist mit einer persönlichen und konkreten Wahrnehmung zu den Vorwürfen an uns herangetreten. Bis heute sind wir dazu weder polizeilich, fremdanwaltlich oder gerichtlich kontaktiert worden. Wir sind davon ausgegangen, dass sich die Gerüchte und Vorwürfe als haltlos herausgestellt hätten. Von seinen Taten, seiner Kooperation mit den Ermittlern und seinem Schuldeingeständnis haben wir erst am 13.01.2023 aus den Medien erfahren.

(Quelle: apa)

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Von SALZBURG24 (alb)
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