Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) spricht sich anlässlich des Falls Teichtmeister für höhere Strafen aus. Der Strafrahmen für den Besitz von sexuellen Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger sei etwa im Vergleich zu Deutschland "unangemessen niedrig". Zudem hätten sich im digitalen Zeitalter die Möglichkeiten, an derartige "widerliche" Bilder und Videos zu gelangen, "massiv verändert". "Es schadet daher nicht, sich den Strafrahmen anzusehen", so Raab gegenüber der APA.
Kinderrechte in den Fokus
Darauf festlegen, wie hoch die Strafen künftig ausfallen sollen, wollte sich Raab nicht. Die Entscheidung darüber liegt bei Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Mit dieser stehe sie "im laufenden Austausch". "Ich kann mir vorstellen, dass der Schutz von Kindern ganz oben auf der Agenda der Justizministerin steht", so Raab, die auch für Kinderrechte zuständig ist. Derzeit drohen für den Besitz von Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger in Österreich bis zu zwei Jahre Haft.
Verhöhnung der Opfer
Raab tritt dafür ein, die Causa nicht zu verharmlosen. Es sei eine Verhöhnung der Opfer, wenn von einem "digitalem Delikt" die Rede sei. "Das raubt mir den Atem. Es handelt sich um Kinder, die missbraucht werden", so die Ministerin. Als Konsument derartiger Bilder könne man die Verantwortung nicht von sich weisen, da die Fotos letztlich entstehen, weil es einen Markt dafür gebe.
Klare Stimme für härte Strafen auch aus Salzburg
„Digitaler Kindesmissbrauch nimmt zu. Der Schutz für Kinder reicht nicht aus. Die Strafen für Täter sind lächerlich. Die derzeit höchstmögliche Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren ist zu wenig. Eine Verfünffachung wäre angemessen. Denn Kinderschutz muss in Österreich oberste Priorität bekommen. Wir sollten den Fall Teichtmeister zum Anlass nehmen, endlich die Gesetze zu verschärfen und mehr Maßnahmen einzuleiten um Kinder zu schützen“, Salzburgs Stadträtin Anja Hagenauer (SPÖ) in einem Statement am Dienstag.
Begleiteter Prozess für besseren Schutz der Kinder
Hagenauer verweist damit auf den kürzlich veröffentlichten Aufruf der Stadt an Jugendeinrichtungen sich für den Prozess von fünf Risikoanalysen zu bewerben. Die Idee dazu entstand bei der Zukunftswerkstatt „Kinderschutzschirm“ im Vorjahr. Einrichtungen können sich noch bis 10. Februar für einen solchen begleiteten Workshop bewerben.
(Online)-Kindesmissbrauch enttabuisieren
„Wer sagt, das ist eh alles nicht so schlimm, weil das sind ja nur Bilder, die sich jemand ansieht, der irrt: Die Konsumation bzw. Besitz dieser Bilder ist eine kriminelle Handlung, so sieht das auch das geltende Recht“, so Hagenauer. Für Opfer von sexuellem Missbrauch ist die Verbreitung des Materials der Handlung doppelt schlimm, es ist zusätzlich traumatisierend, berichten Opferschutzeinrichtungen.
Hagenauer fordert neben der Verschärfung der Gesetze, einen viel breiteren gesellschaftlichen Diskurs. „Nur wenn wir uns eingestehen, dass diese abscheulichen Dinge passieren und offen darüber reden, wird sich hier etwas ändern“, argumentiert die Stadträtin. Die Stadt tue in ihrem Wirkungsbereich bereits, was sie kann, es brauche aber zusätzliche Ressourcen für die Sensibilisierung.
Kulturszene fordert Differenzierung
Die Kulturszene mahnt indes in einem Offenen Brief zur Differenzierung. Man verurteile in jeglicher Form den Missbrauch von Kindern, und nichts dürfe hier beschönigt oder relativiert werden. Der Umgang mit Werken, an denen Täter mitgewirkt haben, sei dennoch differenziert zu betrachten.
"Es ist eine Gratwanderung, die Opfer zu schützen, die Täter nicht zu schonen und dennoch die Arbeit vieler Unbeteiligter nicht in Kollektivhaftung zu nehmen", heißt es in dem Offenen Brief, der am Dienstag veröffentlicht wurde. "Vehement verwehren wir uns gegen den diffamierenden Vorwurf, alle hätten alles gewusst", unterstreichen die Proponenten und springen dabei vor allem Marie Kreutzers "Corsage", Österreichs heurigem Oscar-Kandidaten, zur Seite: "Wir sind erschüttert, dass ein feministischer Film, der Machtverhältnisse und Rollenbilder hinterfragt, der international für seine visuelle Kraft und seinen Inhalt gewürdigt wird, wegen der Taten eines Mannes aus dem Kinoprogramm genommen und dadurch dem Täter eine Macht gegeben wird, die ihm nicht zusteht."
Insofern erkläre man sich solidarisch mit den Filmemachern in ihrem Bestreben, den Film von den strafbaren und zutiefst zu verurteilenden Handlungen eines Darstellers zu trennen. Zu den Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern der Solidaritätsadresse zählen neben dem Verband Filmregie etwa die Regisseurinnen Ruth Beckermann, Veronika Franz, ihre männlichen Kollegen Adrian Goiginger und Arman T. Riahi, die Schriftsteller Franzobel, Arno Geiger und ihre Kolleginnen Elfriede Jelinek und Eva Menasse, Theatermann Paulus Manker, Komponist HK Gruber oder TV-Mastermind David Schalko.
Zadic äußert sich zum Fall Teichtmeister
Gesprächsbereit über die Strafhöhe zeigt sich die zuständige Justizministerin Alma Zadic (Grüne), sie will aber gleichzeitig Kinderschutzkonzepte ausgebaut wissen, wie sie in einer Stellungnahme gegenüber der APA erklärte."Wir brauchen österreichweite vorbeugende Kinderschutzkonzepte, die unsere Kinder wirksam vor Tätern schützen", betonte Zadic, die auf seit Juni auf dem Tisch liegende Vorschläge verweist. Diese müssten jetzt endlich umgesetzt werden, hofft Zadic auf die Zustimmung der Familienministerin. Denn nur so könnten Kinder vor Tätern geschützt und Straftaten verhindert werden, "bevor sie passieren".
Selbstverständlich können höhere Strafen "ein wichtiger Baustein" sein, alleine ausreichen werden sie aber nicht, so Zadic: "Wir werden uns anschauen, wo Straferhöhungen sinnvoll sein können." Die Justizministerin verwies auch darauf, dass alle Kinder, die in irgendeiner Form sexuelle Gewalt erfahren mussten, von der Justiz durch eine kostenlose juristische und psychosoziale Prozessbegleitung während der Ermittlungen und der Gerichtsverhandlung unterstützt werden. Es sei wichtig, "dass sie in dieser schwierigen Situation nicht allein gelassen werden".
"Strengste" Strafen bei Kindesmissbrauch
Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach sich in einer Aussendung dafür aus, Kindesmissbrauch "aufs Strengste" zu ahnden. Im Rahmen einer Kriminaldienstreform werde derzeit die Bekämpfung derartiger schwerwiegender Delikte intensiviert. Im Fokus stehe dabei vor allem der Ausbau der Cyber-Ermittlungen in den Landeskriminalämtern und in Schwerpunktdienststellen in den Regionen. Auch werde eine spezielle Software implementiert, die automatischen Bildabgleich ermöglichen und dadurch die Ermittlungen vereinfachen solle, hieß es.
SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner forderte per Aussendung eine bessere Ausstattung des Büros Sittlichkeit und Kinderpornografie im Bundeskriminalamt. "Im Bundeskriminalamt herrscht offenbar eine schwierige Situation im Bereich der Aufklärung von Kindesmissbrauch. Ich habe Verständnis dafür, dass es herausfordernd ist, für diesen Bereich Personal zu finden und zu halten, daran muss gearbeitet werden", meinte er und kündigte eine parlamentarische Anfrage zur Situation des Büros an.
(Quelle: apa)