Nach dem Aufkommen von Gewaltverdachtsfällen auch am SOS-Kinderdorf-Standort im Tiroler Imst hat die Innsbrucker Staatsanwaltschaft nun offiziell ein Ermittlungsverfahren gegen vorerst unbekannte mögliche Täter eingeleitet. Dies sagte Sprecher Hansjörg Mayr am Montag zur APA und bestätigte einen Online-Bericht der "Tiroler Tageszeitung". Konkret prüfe man acht beschriebene Vorfälle auf ihre strafrechtliche Relevanz.
Es gehe um die Tatbestände der Freiheitsentziehung, Körperverletzung, Nötigung sowie Kindesmisshandlung, hieß es. Das Landeskriminalamt sei mit entsprechenden Untersuchungen beauftragt worden. Die Verdachtsfälle hätten sich aus einer vorliegenden, internen Studie des Instituts für Männer- und Geschlechterforschung ergeben.
Bereits Mitte September hatte es seitens SOS-Kinderdorf geheißen, dass im Falle von Imst fünf Fälle von Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an die Kinder- und Jugendhilfe gemeldet worden seien. Die Vorfälle betreffen demnach den Zeitraum 2017 bis 2020 und würden sich auf das Fehlverhalten zweier Führungskräfte beziehen. Damals sei es zu "Fällen von physischer und psychischer Gewalt und Fehlern in der Leitung" gekommen, räumte die Organisation ein. Details dazu könne man aus Gründen des Opferschutzes sowie Datenschutzes nicht nennen. Vier der Fälle seien bereits Ende November 2021 an die Kinder- und Jugendhilfe gemeldet worden, der fünfte Fall im August 2022. Laut Innsbrucker Staatsanwaltschaft war in der Vergangenheit in der Causa nichts anhängig gewesen.
Schwere Vorwürfe in internem Bericht
Vergangene Woche wurde dann jene vom Kinderdorf in Auftrag gegebene, aber bisher nicht veröffentlichte, interne Studie des Instituts für Männer- und Geschlechterforschung "zur Begleitung des SOS-Kinderdorfs West bei der Auseinandersetzung mit institutionellen Dynamiken im Umgang mit unterschiedlichen Formen von Gewalt im Kinderdorf Imst" bekannt. Ausschlaggebend für den Bericht sei laut den Autoren ein Vorfall am Standort Imst gewesen, der "verbal inakzeptables pädagogisches Fehlverhalten" einer Leitungsperson sichtbar gemacht und infolge des Bekanntwerdens zu deren fristloser Entlassung geführt habe.
Hinweise auf Missstände in Imst hätten ein Klima der Einschüchterung sowie des Schweigens und der Angst nahegelegt, hieß es in der Analyse. Die Gewalt habe sich gegen Mitarbeitende in Form von verbaler, psychischer, struktureller und sexualisierter Gewalt gerichtet. Sie sei durch fahrlässiges Verhalten von Leitenden, aber auch von Seiten der Kinder und Jugendlichen im Kinderdorf erfolgt. MitarbeiterInnen seien von Machtmissbrauch durch Vorgesetzte betroffen gewesen. Die Gewalt habe sich auch gegen die Kinder und Jugendlichen gerichtet. Die Studienautoren sprachen demnach von Gewalt, die struktureller, psychischer, sexualisierter und körperlicher Natur gewesen sei.
(Quelle: apa)