Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hält die Unterbringung von Asylwerbern in Zelten neben Oberösterreich und Kärnten auch in weiteren Bundesländern für wahrscheinlich. "Es kann gut sein, dass das auch in anderen Bundesländern sein wird", antwortete Karner am Dienstag auf die Frage, wie der Plan für Tirol und Vorarlberg aussehe, und verwies auf die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU), der in Abstimmung mit den Ländern die genaue Planung obliege.
Karner trifft Mitarakis zu Gespräch
Die Zelte werden laut Karner auf Grundstücken des Innenministeriums, beispielsweise bei Landespolizeidirektionen, aufgestellt, um zu verhindern, dass sich Asylwerber zum Beispiel vor Schulen aufhalten, erklärte Karner am Dienstag nach einem Arbeitsgespräch mit Griechenlands Migrationsminister Notis Mitarakis im Innenministerium in Wien. Jene, die kaum eine Chance auf Asyl hätten, wie jene aus Indien, Marokko und Tunesien, würden dort untergebracht. Es könne "gut sein", dass es auch in anderen Bundesländern Zelte geben wird, meinte Karner nach dem Plan für Tirol und Vorarlberg gefragt.
Tirol stellt Unterkünfte in Aussicht
In Tirol hatten die Verantwortlichen bereits am Montag weitere Unterkünfte in Aussicht gestellt. Man erwäge auch die Anmietung von Containern sowie den Aufbau von Holzbauten. Das Land sei bereits vergangene Woche proaktiv an den Bund herangetreten, um Alternativen zu Zeltaufbauten aufzuzeigen, wurde betont. Am Dienstag wurde gegenüber der APA erneut auf eine weitere Tagung der Taskforce Migration noch im Laufe dieser Woche verwiesen. Sobald es konkrete Unterbringungsplätze und -möglichkeiten gibt, würden diese kommuniziert. Scharfe Kritik an Karners Aussagen kam indes von Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger. "Der ÖVP-Zeltwahnsinn hat bei uns ebenso keinen Platz wie die Scheinasylanten und Wirtschaftsflüchtlinge. Es braucht jetzt einen Schulterschluss aller Tiroler Parteien gegen den Wiener Irrsinn", so Abwerzger in einer Aussendung.
Vorarlberg will keine Zelte
Auch in Vorarlberg war man bemüht, das Aufstellen von Zelten zu vermeiden. Das Land will noch in dieser Woche - durch intensive Anstrengungen seitens der Caritas - 70 zusätzliche Plätze für Flüchtlinge bereitstellen, wie Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) ankündigte. Auch eine Container-Lösung werde geprüft. Wallner sprach von einem ersten Schritt, dem weitere folgen würden. "Die Zelte brauchen wir nicht", betonte der Landeshauptmann in Richtung des Bundes. Nachlässigkeit wollte er sich auch nicht nachsagen lassen: "Wir können nur so viele unterbringen, wie es möglich ist." Er verwies vielmehr auf Versäumnisse von anderer Seite: "Wo bleibt der effektive Schutz der EU-Außengrenze?"
Kritik kam indes von der SPÖ. Das Aufstellen von Zelten für Asylwerbende sei der Ausdruck des Versagens des Innenministeriums und der türkis-grünen Regierung, meinte Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner in einer Aussendung. Anstatt mit den Bundesländern rechtzeitig zu reden und Lösungen zu erarbeiten, betreibe die ÖVP ein perfides Spiel mit Symbolpolitik auf dem Rücken der Bevölkerung und der flüchtenden Menschen.
"Dramatische" Lage im Burgenland
In Oberösterreich wird indes der Versuch, leichter Großquartiere für Flüchtlinge zu schaffen, von der SPÖ bekämpft. Laut Klubobmann Michael Lindner sei in der entsprechenden Novelle, die am Donnerstag im Landtagsausschuss beschlossen werden soll, die bisher enthaltene Obergrenze von 100 Personen pro Quartier gestrichen worden. Die SPÖ kritisiert ein "Drüberfahren" über die Städte und Gemeinden und forderte die ÖVP auf, den Gesetzesvorschlag zurückzuziehen.
"Dramatisch" sei die Lage mittlerweile an der österreichisch-ungarischen Grenze, warnte unterdessen die SPÖ Burgenland. Das Land fühle sich von der Bundesregierung alleine gelassen, meinte Landesrat Heinrich Dorner (SPÖ) bei einer Pressekonferenz mit Lokalpolitikern aus den Grenzgemeinden im Bezirk Oberpullendorf. Während sich die Situation "von Tag zu Tag" verschlimmere, gebe es weiterhin "keine zielführenden Maßnahmen" des Bundes.
Grüne verteidigen Bund
Die ÖVP Burgenland sieht hingegen die Bundes-SPÖ gefordert, "eine Kurskorrektur ihrer Willkommenspolitik auf nationaler und internationaler Ebene vorzunehmen", betonte Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas. Am effektivsten wären aus seiner Sicht rasche Asylverfahren außerhalb der EU. Diese würden aber "von einer linken Mehrheit in Europa verhindert".
Die Grünen betonten in einer Aussendung, dass vonseiten des Bundes sehr wohl etwas gemacht werde. Es sei eine Besichtigung an der Grenze mit dem Grünen Sicherheits- und Asylsprecher Georg Bürstmayr geplant, bei der auch Gespräche mit Landespolizeidirektion und Bundesheer geführt werden sollen.
Zahl der Flüchtlinge steigt
Der burgenländische FPÖ-Obmann Alexander Petschnig sah zwar wie die Roten Karner "überfordert", doch auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sei gefragt, hielt er fest. Sein niederösterreichischer Kollege Udo Landbauer forderte Karner überhaupt zum Rücktritt auf und pochte auf einen "Asylstopp".
Die Statistik zeigt jedenfalls, dass die Zahl der in der Grundversorgung betreuten Flüchtlinge im September einen Höchststand erreicht hat. Mit 89.520 Menschen waren es bereits wesentlich mehr als in den Jahren der Flüchtlingskrise 2016 und 2017, damals wurden jeweils knapp 80.000 Menschen betreut, geht aus den Zahlen des Innenministeriums hervor. Von den Anfang September in der Grundversorgung befindlichen Menschen wurden 82.965 von den Ländern betreut, 6.550 befanden sich in der Obhut des Bundes. Die Top-Herkunftsländer waren Ukraine (57.610), Syrien (12.561) und Afghanistan (5.321).
(Quelle: apa)