Suizid nach Drohungen

Kellermayr-Prozess: Angeklagter bekennt sich nicht schuldig

Veröffentlicht: 26. März 2025 15:54 Uhr
Der Prozess gegen einen 61-Jährigen, der die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr im Internet massiv bedroht haben soll, hat am Mittwoch in Wels begonnen. Einem Gutachten zufolge sollen die Angriffe mitursächlich für den Suizid der Medizinerin gewesen sein. Der Angeklagte bekannte sich nicht schuldig.

Unter großem Medieninteresse hat am Mittwoch in Wels der Prozess gegen einen 61-jährigen Deutschen, der die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr im Internet massiv bedroht haben soll, begonnen. Gemäß forensisch-psychiatrischem Gutachten seien die Angriffe mitursächlich für den Suizid der Medizinerin im Juli 2022 gewesen. Der Angeklagte, der sich nicht selbst äußerte, gibt laut den Verteidigern zwar einen Disput mit Kellermayr zu, bekannte sich aber nicht schuldig.

Kellemayr während Pandemie massiv bedroht

Die Impfbefürworterin Kellermayr hatte während der Corona-Pandemie über Monate massive Drohungen per E-Mail und über soziale Medien - mutmaßlich aus der Impfgegnerszene - erhalten. Am 22. November 2021 hatte sie erstmals Anzeige erstattet. Im Sommer 2022 schloss sie ihre Ordination aus Sicherheitsgründen. Einige Wochen später beging sie Suizid.

Ermittlungen zu weiteren Drohnachrichten

Umfangreiche Erhebungen in Deutschland und in Österreich waren die Folge. Als ein Verfasser von Nachrichten, in denen Kellermayr u.a. angedroht wurde, sie vor ein Volkstribunal zu stellen, wurde ein 61-jähriger Deutscher ausgeforscht, der nun angeklagt ist. Allerdings laufen nach wie vor Ermittlungen hinsichtlich weiterer Drohnachrichten an Kellermayr, die zumindest von einer anderen, bisher noch unbekannten, Person geschickt worden sein dürften. Diese Mails enthalten drastisch ausformulierte Morddrohungen.

Angeklagter spricht von Streitgespräch

Der 61-Jährige will sich im Verfahren nicht äußern. Verteidigerin Sonja Fasthuber verlas stattdessen eine längere Erklärung ihres Mandanten. Er sieht demnach die Korrespondenz mit Kellermayr "als Streitgespräch in einer angespannten Zeit". Dass Millionen Menschen, die sich vor einer neuen Impfung fürchten würden, "diskriminiert" worden seien, habe er "inhuman" gefunden. Er sei damals überzeugt gewesen, dass sich Menschen, die sich öffentlich so positionieren, strafbar machen würden. Mit dem "Tribunal" sei der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag gemeint gewesen, ergänzten die Anwälte des Mannes. In Österreich liegt nichts gegen den 61-Jährigen vor, in Deutschland hat er elf Vorstrafen, davon fünf einschlägig, das meiste ist allerdings länger her. Der letzte Strafregister-Eintrag stammt aus dem Jahr 2010.

Verteidiger Martin Feigl wies in seinem Vortrag darauf hin, dass Kellermayr auf sozialen Medien mit Impfgegnern interagiert habe und dabei "resolut" aufgetreten sei. Sein Mandant habe den Suizid, den er zutiefst bedaure, nicht voraussehen können. Der Verteidiger stellte die Tat vielmehr in Zusammenhang mit Kellermayrs Krankengeschichte und den E-Mails des noch nicht ausgeforschten Darknet-Users. Sein Mandant, der unter seinem eigenen Firmenaccount agiert habe, sei also "nicht der, den man gesucht hat, aber der, den man gefunden hat".

Postings im Gericht verlesen

Im Lauf des ersten Prozesstages wurden zahlreiche Postings verlesen und mehrere Zeugen gehört. Gegenüber Kollegen und Bekannten hatte Kellermayr über die Drohungen gegen sie gesprochen. Mehrere hatten den Eindruck, dass sie "tatsächlich Angst hatte, getötet zu werden". Allerdings bezogen sich diese Einschätzungen eher auf die dem unbekannten Täter zugeordneten Nachrichten.

Drei weitere Verhandlungstage sind vorgesehen, ein Urteil ist für 9. April geplant. Im Falle seiner Verurteilung drohen dem Angeklagten ein bis zehn Jahre Gefängnis.

(Quelle: apa)

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