Nach der Nationalratswahl sind die Gespräche der Parteivorsitzenden mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Freitag gestartet. Den Anfang machte FPÖ-Chef Herbert Kickl, dessen Partei am meisten Stimmen erreichen konnte.
„Vertrauen und Misstrauen“ seien neu verteilt worden, sagt Kickl in einem Statement am Samstag sechs Tage nach der Wahl. Die Deutlichkeit des Ergebnisses könne man nicht ignorieren, wenn man für sich in Anspruch nehme, ein guter Demokrat sein zu wollen. Kickl sieht einen eindeutigen Auftrag der Wähler:innen an die FPÖ, die neue Regierung anzuführen.
Kickl im Zwiespalt
Mit Kritik an den Mitbewerbenden sparte er wie gewohnt nicht. “Keine Einsicht, keine Demut, keine Läuterung. 'Wir machen, was wir wollen – egal, was ihr gewählt habt'“, sei der Eindruck, der von den anderen Parteien vermittelt werde. Er betonte dennoch, dass die FPÖ das Miteinander suche. Um die Probleme in Österreich zu lösen, brauche es einen Partner mit größtmöglicher Übereinstimmung in den Themen. Eine konkrete Partei nannte er nicht. Die größten Schnittmengen gibt es aber wohl mit der ÖVP. Deren Chef Karl Nehammer hat allerdings eine Regierungszusammenarbeit mit Kickl ausgeschlossen.
Gesprächsatmosphäre mit VdB "angenehm"
Auch wenn er mit dem Bundespräsidenten öfter unterschiedlicher Meinung sei, habe er immer offen und direkt mit ihm kommuniziert - so auch gestern. In Erinnerung bleibt in dieser Hinsicht, dass Kickl den Bundespräsidenten eins als "senil" und als "Mumie" bezeichnet hat.
Erstmals sei er aber als Sprachrohr von über 1,4 Millionen Wählerinnen und Wählern in die Hofburg gekommen. Kickl habe Van der Bellen gesagt, dass eine künftige Regierung stabil sein müsse. Bilden sollen diese zwei Parteien mit deutlichem Mandatsüberhang. Er habe nicht verschwiegen, dass er eine "Koalition der Verlierer" für einen "Schlag ins Gesicht" der Wählerinnen und Wähler halte. Die Gesprächsatmosphäre sei angenehm und offen gewesen. Van der Bellen wisse nun aus erster Hand, dass die FPÖ die Regierung mit Kickl als Bundeskanzler anführen wolle.
Die FPÖ beschrieb Kickl als frische patriotische Kraft, die Zuversicht, Sicherheit und Chancen für die Bevölkerung bringen werde. Eine Regierung mit ihr an der Spitze würde sich als "Werkzeug des Volkes" verstehen. Die FPÖ wolle die Probleme, vor denen Österreich stehe, anpacken, sagte er und nannte etwa die Rezession, die "ungelöste Problematik der illegalen Zuwanderung", eine "Kaskade der Gewalt" und ein angeschlagenes Gesundheits- und Pflegesystem. Fragen der Journalist:innen beantwortete Kickl nicht.
Bundespräsident "jetzt am Zug"
Van der Bellen werde sich nach der Gesprächsrunde mit allen Parteiobleuten an die Öffentlichkeit wenden, sagte Kickl, "jetzt ist also er am Zug". Weiterhin unbeantwortet ist die Frage, ob der Bundespräsident den FPÖ-Obmann mit dem Regierungsbildungsauftrag ausstatten wird, der üblicherweise an den Chef der stimmenstärksten Partei geht. In der Vergangenheit hatte Van der Bellen verlauten lassen, Kickl den Auftrag im Falle eines Wahlsiegs der FPÖ nicht automatisch zu erteilen.
SPÖ warnt vor Regierung mit Kickl
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim warnte indes vor einer Regierung mit dem derzeitigen FPÖ-Chef. "Kickl hat heute alle wissen lassen, dass er für eine Koalition mit der ÖVP ist. Jetzt liegt es an der ÖVP, einen Bundeskanzler Kickl und eine Regierung der Spaltung zu verhindern", schrieb er in einer Aussendung.
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(Quelle: salzburg24)