"Katastrophe vor Weihnachten"

Lackner für Aufnahme von Flüchtlingen aus Lesbos

Veröffentlicht: 21. Dezember 2020 07:53 Uhr
Kirchenvertreter, Hilfsorganisationen sowie Teile der Grünen und der SPÖ haben am Sonntag angesichts der immer dramatischeren Lage in den griechischen Flüchtlingslagern auf Lesbos dazu aufgerufen, dass Österreich von dort Flüchtlinge aufnimmt. Auch der Salzburger Erzbischof, Franz Lackner, ist dafür.

Der Vorsitzende der Bischofskonferenz Lackner sagte am Sonntagabend im ORF, es gelte nun vor allem Familien mit Kindern aufzunehmen. "Es ist jetzt wichtig, dass das auch von Österreich getan wird", betonte er. Hilfe sei nun "mehr als notwendig". Alle internationalen Instanzen seien aufgefordert, zu helfen. Vor Ort sei es notwendig, "dass die Flüchtlingslager von den Inseln wegkommen, aufs Festland kommen". Denn derzeit passierten dort schreckliche Dinge, Kinder würden im Schlamm leben und auch die ansässige Bevölkerung sei überfordert.

Salzburgs Erzbischof für Aufnahme von Flüchtlingen

Österreich habe zwar schon viel getan, sagte Lackner mit Blick auf die Hilfsgüter-Lieferungen im September nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager Moria Anfang September. "Jetzt scheint mir aber der Moment gekommen zu sein, wo vor allem Familien mit Kindern von dort aufgenommen werden."

Darauf angesprochen, dass sich die ÖVP als christliche Partei derzeit einer Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland verschließt, sagte Lackner, er wolle "niemandem ins Gewissen reden oder das Gewissen absprechen". Er wolle aber "bitten, auffordern, jetzt, vor Weihnachten so einen Akt zu setzen, der mehr als notwendig ist, und nicht nur ein Akt der Barmherzigkeit".

Volkshilfe-Präsident spricht von unerträglichen Zuständen

Noch schärfere Worte fand zuvor Volkshilfe-Präsident Sacher, der die Regierung zum Handeln aufforderte. Die Umstände auf den Inseln bezeichnete er als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". An Bundeskanzler Kurz appellierte er, "seine Haltung zu ändern, Menschlichkeit zu zeigen und den verzweifelten Menschen in Griechenland zu helfen." Die Zustände in den Lagern seien "unerträglich". "Welche hässlichen Bilder über die menschenunwürdigen Zustände in den Lagern müssen uns denn noch erreichen, wie viele Meldungen von vergewaltigen Dreijährigen braucht es denn noch, bis die österreichische Bundesregierung endlich handelt?", fragte er in einer Aussendung.

Regierung will Tagesbetreuung auf Lesbos

"Niemand, der ein Herz hat, kann hier länger zuschauen. Beten und das Weihnachtsfest feiern und die Menschen und die vielen Kinder dort in der Nässe und Kälte liegen lassen, das passt nicht zusammen. Da helfen auch keine Alibiaktionen", so Sacher mit Blick auf den am Vortag von der Regierung angekündigten Plan, mit dem SOS Kinderdorf eine Tagesbetreuungsstätte für rund 500 Kinder auf der griechischen Insel zu schaffen. In der Volkshilfe würden jedenfalls "viele Plätze zur Betreuung von schutzsuchenden Menschen" leerstehen, es bestehe "jede Menge Know-how und ein dichtes Netzwerk an bereitwilligen Menschen, die helfen wollen".

Salzburgs Grüne kritisieren Pläne

Harsche Kritik am Plan der Bundes-ÖVP, Hilfe ausschließlich vor Ort zu geben, kam in einer Presseaussendung auch von den Salzburger Grünen. "Die Zustände im Lager sind katastrophal", sagte Landessprecher Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn. Gemeinsam mit der Salzburger Stadträtin und Parteikollegin Martina Berthold forderte er die Aufnahme von Geflüchteten aus dem Lager Kara Tepe auf Lesbos. Sie verwiesen dabei auf 270 Grundversorgungsplätze, die in Salzburg aktuell leer stehen würden. "Bald wird die Weihnachtsgeschichte vom Neugeborenen, das auf Stroh gebettet wurde, wieder erzählt. Und gleichzeitig liegen im griechischen Lager Kara Tepe Neugeborene in den Notzelten auf dem kalten, nassen Erdboden", wird Berthold zitiert.

(Quelle: apa)

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