Künftiger Kanzler?

ÖVP-Chef Christian Stocker im Porträt

ÖVP-Chef Christian Stocker am Samstag während eines Statements nach einem Treffen mit Bundespräsident Van der Bellen in der Präsidentschaftskanzlei in Wien. 
Veröffentlicht: 27. Februar 2025 09:39 Uhr
Österreichs künftiger Bundeskanzler könnte Christian Stocker heißen. Doch wer ist der Neo-ÖVP-Chef, der die Partei nach den geplatzten Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und NEOS im Jänner übernommen hatte?

Von der Verlegenheitslösung als ÖVP-Chef zum Bundeskanzler der Republik Österreich. Der Christian Stocker bevorstehende Karriere-Schritt ist dann doch eher ungewöhnlich, das umso mehr, als sich der Rechtsanwalt gar nicht so sehr darum gerissen hat, kurz vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters karrieretechnisch abzuheben wie eine Rakete. Aber wenn Stocker für etwas steht, dann für Stabilität. Das dürfte in der volatilen Dreier-Koalition von Nutzen sein.

Ein Strahlemann, wie es etwa Sebastian Kurz (ÖVP) war, ist Stocker nicht, eher der klassische Mann im Hintergrund, dem persönliche Eitelkeit fremd scheint oder der sie sich zumindest nicht anmerken lässt. Sein größter Ehrgeiz soll gewesen sein, das Bürgermeister-Amt seiner Heimatstadt Wiener Neustadt einzunehmen. Als dieses dann der ÖVP tatsächlich zufiel, musste er als Stadtparteichef zur Seite treten und VP-Landtagsklubchef Klaus Schneeberger das Amt überlassen. Großes Murren darüber ist nicht überliefert.

Die Politik war Stocker in die Wiege gelegt. Schon sein Vater Franz Stocker, ein Christgewerkschafter, saß im Nationalrat, davor im Bundesrat. Stocker junior studierte Jus und baute sich eine Anwaltskanzlei auf, in der heute sein Sohn tätig ist. Auch die Tochter des VP-Chefs ist Juristin.

Nebenbei engagierte er sich in der Kommunalpolitik. 1990 zog er in den Wiener Neustädter Gemeinderat ein, später wurde er Klubobmann, Stadtrat und Erster Vizebürgermeister. Stocker wirkt zwar korrekt bis steif, sucht aber durchaus die Volksnähe. Jahr für Jahr zieht er mit der Aktion "Fassl fürs Gassl" durch seine Heimatstadt.

Stocker seit 2019 im Nationalrat

In den Nationalrat schaffte es Stocker erst 2019. Drei Jahre später machte Nehammer ihn zum Generalsekretär, nachdem er sich quasi als Pflichtverteidiger der eigenen Partei im Untersuchungsausschuss bewährt hatte und man nach der auffälligen Laura Sachslehner wieder eine stabilere Positionierung in der Parteizentrale wünschte.

Stocker stand weiter seinen Mann, organisierte recht erfolgreiche Wahlkämpfe und vertrat unerschütterlich das damalige Partei-Mantra "Nicht mit Kickl". Dass just er nach dem Scheitern der Dreier-Verhandlungen und dem Rückzug Karl Nehammers plötzlich die Führung übernahm und mit der FPÖ zu verhandeln begann, brachte ihm einiges an Häme ein. Sogar daheim musste er sich erklären, wie Stocker in Interviews kundtat.

Stocker nutzt zweite Chance mit SPÖ und NEOS

Letztlich hätte er sich die Runden mit den Freiheitlichen sparen können. Die von der Härte des FPÖ-Chefs überraschte ÖVP verlor recht rasch die Freude an der Vizekanzlerschaft und schielte wieder in Richtung Ballhausplatz. Stocker selbst sagten die Freiheitlichen kein böses Wort nach. Selbst war er ohnehin zu kurz im Amt, als dass er im Alleingang in der Partei etwas bestimmen hätte können.

Nun ergriff Stocker die zweite Chance und verhandelte sich recht flott mit SPÖ und NEOS in Richtung Regierungszusammenarbeit. Damit blüht ihm wenige Tage vor Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters die Rolle, die eigentlich seinem Vorgänger Nehammer zugedacht war. Stocker würde sie wohl weniger aus Eitelkeit als Partei und Staat zuliebe übernehmen. Zeit für seine Hobbys Golf, Fliegenfischen und Tenorsaxofon wird er in näherer Zukunft so wohl noch weniger finden.

Zur Person: Christian Stocker, geboren am 20. März 1960 in Wiener Neustadt, Volksschule und Gymnasium ebenda, Jus-Studium in Wien, Anwaltskanzlei in der Heimatstadt. Ab 2000 Stadtparteiobmann und Vizebürgermeister.

(Quelle: apa)

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