Der russische Angriffskrieg in der Ukraine sorgt für ein Umdenken in der Verteidigungspolitik vieler europäischer Staaten. Angriffe mit Drohnen, Flugzeugen oder ballistischen Raketen – wie sie aktuell fast täglich in der Ukraine stattfinden – führen die Bedeutung einer funktionierenden Luftverteidigung vor Augen. Die daraufhin im Sommer vergangenen Jahres von Deutschland gestartete "European Sky Shield Initiative" umfasst aktuell 17 Länder – darunter auch die neutrale Schweiz.
Sky Shield als Schutzschirm für Europa
Geplant ist, dass mit Sky Shield ein satellitengestützter Schutzschirm über die teilnehmenden Länder gelegt wird. Das System soll durch bodengestützte Raketen Schutz vor den genannten Bedrohungen bieten. Österreich plant aktuell, dieser Initiative beizutreten. Unklar ist allerdings noch, wie sich das Land einbringen wird: Zunächst will man die Teilnahme unterzeichnen, erst danach gebe es Gespräche, was Österreich zu dieser "Beschaffungsinitiative" konkret beitragen kann, heißt es aus dem Verteidigungsministerium.
Militärexperte Franz-Stefan Gady etwa erwähnte im Ö1-"Morgenjournal" Flugabwehrsysteme mittlerer Reichweite – also einer Reichweite zwischen 15 bis 50 Kilometern beziehungsweise in die Höhe bis zu 25 Kilometern. Als "wünschenswert" bezeichnete der Kommandant der Luftstreitkräfte, Gerfried Promberger, die Anschaffung von Systemen mit einer Reichweite von über 50 Kilometern zum Schutz der kritischen Infrastruktur. Im Raum stehe die Anschaffung von US-amerikanischen "Patriot"-Systemen oder dem israelischen System "Arrow 3".
Frage um Befehl zum Abschuss
Neben der gemeinsamen Beschaffung von Produkten "zu wesentlich kostengünstigeren Konditionen" gehe es bei Sky Shield aber vor allem auch um den Austausch von Radardaten. Über den Einsatz der Raketenabwehr und das Abfeuern einer Lenkwaffe entscheide man im konkreten Fall aber allein, betonte Promberger in einem Interview. "Nicht akzeptabel" wäre für das neutrale Österreich, wenn das Oberkommando für das System im NATO-Hauptquartier eingerichtet würde.
FPÖ sieht Neutralität in Gefahr
Harsche Kritik am Vorhaben, Sky Shield beizutreten, kam umgehend von der FPÖ. Parteichef Herbert Kickl etwa bezeichnete die Entscheidung dazu als "verheerende neutralitätspolitische Entscheidung". Österreich nähere sich damit "scheibchenweise" der NATO an, meint FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.
Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte hingegen, dass es Kernaufgabe Österreichs als neutraler Staat sei, eine umfassende Landesverteidigung sicherzustellen. Der Europarechtsexperte Walter Obwexer sieht eine Teilnahme Österreichs an Sky Shield nur dann als mit der Neutralität vereinbar, wenn das Kommando in Österreich bleibe. Laut Obwexer werde derzeit allerdings angedacht, dass das Kommando darüber dem NATO-Oberbefehlshaber in Brüssel unterstellt ist.
NEOS wollen Beitritt zu europäischer Verteidigungsunion
NEOS-Verteidigungssprecher Douglas Hoyos begrüßt, dass die Bundesregierung sich zur Teilnahme Österreichs an der "European Sky Shield Initiative" entschlossen hat. In einer Aussendung betont Hoyos allerdings, dass der Beitritt dazu nicht ausreiche, um Österreichs Sicherheit zu gewährleisten: "Es ist höchste Zeit für ein klares Bekenntnis zur europäischen Verteidigungsunion."
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab sich am Rande eines Pressetermins auf Nachfrage zu Sky Shield zurückhaltend. Sie wiederholte, was ihre Partei bereits mitgeteilt hatte, wonach man eine europäische Zusammenarbeit prinzipiell begrüße. Es seien aber noch "Details auszuarbeiten, um zu sehen, was das dann konkret heißt".
(Quelle: salzburg24)