Meinungscheck

Sollten Einbürgerungen erleichtert werden?

Veröffentlicht: 12. Oktober 2022 13:37 Uhr
Bei der Bundespräsidenten-Wahl am vergangenen Sonntag war fast ein Fünftel der Bevölkerung von der Abstimmung ausgeschlossen – weil sie keine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Sollten die Hürden zur Einbürgerung erleichtert werden oder nicht? Stimmt ab im Meinungscheck!

In Österreich leben immer mehr Menschen ohne Wahlrecht. An der Präsidentenwahl konnten 1,4 Millionen der über 16-Jährigen mangels Staatsbürgerschaft nicht teilnehmen. Vor 20 Jahren wären es nur 580.000 gewesen, die Zahl hat sich seitdem also weit mehr als verdoppelt. Zudem ist die Zahl der Wahlberechtigten zuletzt gesunken. Und fast wie bestellt kommen zu jeder Wahl auf Bundesebene Diskussionen um den Zugang zur Einbürgerung in Österreich auf den Tisch. Aktuell gilt: Das Wahlrecht für Landtag und Nationalrat ist an den Status der Staatsbürgerschaft gekoppelt.

 

Besonders viele Nicht-Wahlberechtigte gibt es in den Städten und im Westen. Wie von der APA ausgewertete Daten der Statistik Austria zeigen, waren im Land Salzburg rund 30 Prozent der Bevölkerung im Wahlalter bei der BP-Wahl 2022 nicht stimmberechtigt. Wahlberechtigt waren Landesangaben zufolge heuer insgesamt 392.684 Menschen.

Wahlrecht an Wohnort koppeln?

Für den Politikwissenschafter Peter Filzmaier kann der dauerhafte Ausschluss breiter Bevölkerungskreise durchaus negative Folgen haben. Denn auch Menschen ohne Staatsbürgerschaft seien von Entscheidungen des politischen Systems betroffen, ohne aber mitentscheiden zu dürfen. Daher könnten sich möglicherweise unerwünschte Ventile für Unzufriedenheit bilden. "Da Menschen von Entscheidungen des politischen Systems an ihrem Wohnort betroffen sind, könnte man das auch statt der Staatsbürgerschaft an den Wohnort knüpfen", meinte Filzmaier im Sommer im APA-Gespräch. Freilich erst nach einer langen Zeit des Aufenthalts.

 
 

Das sind die Hürden für die Einbürgerung

Österreich hat eines der restriktivsten Einbürgerungsrechte in der EU. Die österreichische Staatsbürgerschaft ist grundlegend an die Eltern gekoppelt. Das heißt, wenn diese nicht eingebürgert wurden, ist der Nachwuchs – auch falls er in Österreich zur Welt kam – ohne rot-weiß-rote Staatsbürgerschaft. Das führt dazu, dass Erhebungen zufolge zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Kinder, die hierzulande geboren wurden, als Ausländer:innen gelten.

In Deutschland wurde dieses System längst geändert – so wie auch in anderen europäischen Ländern: Die Staatsbürgerschaft kann dort auch durch die Geburt erworben werden.

 

Dauerhafter Aufenthalt in Österreich

Eine weitere Voraussetzung für die Einbürgerung in Österreich ist ein ununterbrochener, rechtmäßiger und unbescholtener Aufenthalt im Land von mindestens zehn Jahren – in Sonderfällen geht es nach sechs Jahren. In fast der Hälfte aller Staaten der Welt genügen übrigens fünf Jahre regulärer Aufenthalt, um sich für Einbürgerung zu qualifizieren.

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Forschende weisen darauf hin, dass Menschen aus Drittstaaten oft auf unsichere und schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse angewiesen sind und es ohne österreichische Staatsbürgerschaft kaum Möglichkeiten für einen kontinuierlichen und gut bezahlten Job gibt. Vor einigen Jahren wurde zudem die sogenannte Verschuldungsklausel abgeschafft, die mildere Regelungen vorsieht, wenn jemand etwa wegen einer Behinderung in eine soziale Notlage gerät.

Staatsbürgerschaft: Es geht auch ums Geld

Auch muss ein gewisses fixes Einkommen nachgewiesen werden, um eine Chance auf Einbürgerung zu haben. Mittlerweile wird verlangt, dass eine Person zumindest 882 Euro verfügbares Einkommen hat – nach Miete und Unterhalt, falls diese 282 Euro überschreiten.

Apropos Geld: Antragsstellende müssen etwas mehr als 1.000 Euro an den Bund zahlen. Dazu kommen unterschiedlich hohe Landesabgaben, in Salzburg etwa fallen 1.079 Euro pro Erwachsenen an. Zusätzlich entstehen Kosten fürs Übersetzen der benötigten Dokumente.

Doppelstaatsbürgerschaften sind in Österreich zudem verboten – es gibt allerdings Ausnahmen, wie etwa bei Arnold Schwarzenegger. In vielen anderen Ländern hingegen ist die doppelte Staatsbürgerschaft völlig gängig.

Hinzu kommen sehr gute Deutschkenntnisse und ein erfolgreiches Absolvieren des Einbürgerungstests: 18 Fragen aus den drei Themengebieten demokratische Ordnung, Geschichte Österreichs und zum Bundesland, in dem der Wohnsitz ist, müssen beantwortet werden.

Einbürgerung kann auch schneller gehen

Wer allerdings "außerordentliche Leistungen im Interesse der Republik Österreich" nachweist, bekommt die Staatsbürgerschaft übrigens ohne die vorher genannten Punkte zu erfüllen. Das beinhaltet etwa wirtschaftliche Investitionen, wie das Schaffen von Arbeitsplätzen "im relevanten Ausmaß" – auch "Citizenship by Investment"-Programm genannt.

Allerdings sind diese Kriterien nicht konkret festgelegt. Nur die Bundesregierung kann festlegen, wer rascher eingebürgert werden kann. Wenn das der Fall ist, kann die Einbürgerung auch nach zwei Jahren erfolgen.

Was ist die "Pass Egal Wahl"?

Übrigens: Bei der von der Hilfsorganisation "SOS Mitmensch" initiierten "Pass Egal Wahl 2022" zur Bundespräsidentschaftswahl haben vergangene Woche mehr als 8.500 Menschen teilgenommen. Bei dieser symbolischen Wahl konnten Menschen unabhängig von ihrer Staatsbürgschaft mitmachen. Alexander Van der Bellen kam bei den Menschen ohne österreichischen Pass auf 73 Prozent, gefolgt von Dominik Wlazny mit 15 Prozent. Michael Brunner und Walter Rosenkranz erreichten jeweils drei Prozent, Gerald Grosz, Heinrich Staudinger und Tassilo Wallentin jeweils zwei Prozent. Die NGO betonte, dass das Ergebnis nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft sei – es gehe vielmehr darum, aktiv ein Zeichen für eine inklusive Demokratie zu setzen.

Zahlen und Fakten zur BP-Wahl 2022

Bei der offiziellen BP-Wahl 2022 setzte sich am Sonntag bekanntlich der Amtsinhaber durch: Alexander Van der Bellen ist und bleibt das achte Staatsoberhaupt seit Einführung der Direktwahl 1951. Er hat sich schon im ersten Wahlgang gegen sechs Mitbewerber durchgesetzt.

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4.148.079 der 6.363.389 Wahlberechtigten in Österreich haben ihr Stimmrecht bei der BP-Wahl 2022 genutzt, 4.056.731 Stimmen wurden gültig abgegeben.

(Quelle: salzburg24)

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