Sein "Lebenswerk", wie er den Motorradhersteller KTM selbst sieht, hat der Stefan Pierer am Dienstag aus der Hand gegeben. Nach der Annahme des Sanierungsplans der insolventen KTM AG scheidet der Steirer nun endgültig aus dem Vorstand aus. Bei der KTM-Mutter Pierer Mobility AG wird er noch Co-CEO bleiben. Der 68-Jährige hat den Motorradhersteller groß gemacht, bevor der Absturz kam.
KTM erstmals 1991 insolvent
Nicht das erste Mal geriet KTM 2024 finanziell in der Bredouille. Schon 1991 schlitterte der Motorradhersteller mit Sitz in Mattighofen (Bezirk Braunau) in die Pleite und wurde in vier Firmen zerteilt. Pierer übernahm daraufhin die Motorrad-Produktion. 33 Jahre später musste das Unternehmen erneut Insolvenz anmelden. Pierer wollte es wieder sanieren und sagte: "Die Marke KTM ist mein Lebenswerk und dafür kämpfe ich" – wenn auch nicht mehr als Chef. Mit Gottfried Neumeister habe er "den perfekten Nachfolger" gefunden. Er sei "fest davon überzeugt, dass er das Unternehmen erfolgreich in die Zukunft führen wird", gibt sich Pierer überzeugt.
Die industrielle Motorradproduktion des Unternehmens begann 1953 als Kronreif-Trunkenpolz-Mattighofen (KTM). Bereits 1934 hatte Hans Trunkenpolz eine Spenglerei und Autowerkstatt gegründet. 1984 wird mit Heinz Kinigadner auf KTM zum ersten Mal ein Österreicher auf einem österreichischen Rennmotorrad Motocross-Weltmeister.
Aufteilung in vier Firmen
Nach der Insolvenz 1991 wurde KTM in vier Firmen zerteilt: Motorrad, Fahrrad, Kühler und Werkzeugbau. KTM-Fahrrad ging an Herman Urkauf, dessen Familie das Unternehmen noch heute führt und darauf Wert legt, nichts mit der Piererschen Motorrad-Firma KTM AG zu tun zu haben. Die Motorradproduktion übernahm 1992 Stefan Pierer mit seiner Cross Industries und der Aufstieg begann: Das erste Straßen-Motorrad wurde 1994 präsentiert.
Börsengang im Jahr 1996, erster Dakar-Sieg 2001
1996 ging das Unternehmen an die Börse. 1999 entstand ein neuer Firmenhauptsitz in Mattighofen mit vier Fertigungslinien. Der erste Rallye-Dakar-Sieg mit dem Italiener Fabrizio Meoni 2001 läutete eine 18-jährige Serie von Siegen ein.
Einstieg aus Indien und Hilfe vom Land OÖ
2007 stieg die indische Bajaj-Gruppe bei KTM ein, die heute 49,9 Prozent an der Pierer Bajaj AG hält, die wiederum mit 74,94 Prozent an der KTM-Mutter Pierer Mobility AG beteiligt ist. Der X-Bow, ein KTM-Fahrzeug auf vier Rädern, wird 2008 präsentiert, bleibt aber unter den Erwartungen. Das Land Oberösterreich griff KTM in der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 mit einer Haftung in Höhe von 33,6 Mio. Euro unter die Arme. 2013 übernahm die KTM-Gruppe die Marke Husqvarna. 2016 debütierte KTM in der MotoGP.
Wer ist Stefan Pierer?
Pierer, der sein Studium an der Montanuniversität Leoben (Betriebs- und Energiewirtschaft) abschloss und 1982 bei der HOVAL GmbH in Marchtrenk als Vertriebsassistent startete, gründete 1987 die heutige Pierer Mobility-Beteiligungsgruppe, in der er als Mehrheitsaktionär und heute noch als CO-CEO tätig ist. Seit 1992 ist er Aktionär und war bis 4. März 2025 Vorstand der nunmehr KTM AG. Pierer sitzt in den Aufsichtsräten von Pankl Racing Systems AG, SHW AG, Mercedes-Benz Group AG und ist Vorsitzender des Universitätsrates der Montanuniversität Leoben.
Von Juni 2022 bis Dezember 2024 war der Unternehmer Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, kritisiert in der Funktion die hohen Lohnnebenkosten, warnt vor der Abwanderung der Industrie und fordert eine längere Lebensarbeitszeit. Zuletzt übernahm er mit dem Robau-Konsortium aus Pierer Industrie, Mark Mateschitz Beteiligungs GmbH, Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) und Invest Unternehmensbeteiligungs AG die Mehrheitsbeteiligung am oberösterreichischen Feuerwehrausrüster Rosenbauer.
Großspenden an ÖVP und umstrittene Kulturförderung
Im Zuge der Nationalratswahl in Österreich 2017 kündigte Pierer an, alle bis Ende Juli eingehenden ÖVP-Parteispenden zu verdoppeln, wodurch er die Partei mit 436.563 Euro unterstützte und einmal mehr im Fokus von politischen Mitbewerbern der Kanzlerpartei stand. 2022 kündigte er jedoch an, nie wieder politisch etwas spenden zu wollen.
Für Schlagzeilen sorgte auch die umstrittene Kulturförderung für die KTM Motohall in Mattighofen: KTM hatte 2015 vom Land eine Subventionszusage von insgesamt 4,5 Mio. Euro für den Bau einer Ausstellungshalle erhalten. 1,8 Mio. Euro davon stammten aus dem Kulturbudget - zwei Tranchen zu je 600.000 Euro wurden beschlossen, auf eine weitere verzichtete das Unternehmen schließlich. Das Vorgehen war in die Kritik geraten, nachdem 2018 Kulturförderungen für die Freie Szene gekürzt, aber die Auszahlung einer 600.000-Euro-Rate für die als Museum titulierte Motohall beschlossen worden war. Der ehemalige Landeshauptmann und Kulturreferent Josef Pühringer (ÖVP) sah sich in der Folge sogar mit Untreue-Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft konfrontiert, die allerdings eingestellt wurden.
(Quelle: apa)