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Diskussion um Tempo 30 für sichere Ortsgebiete

Flächendeckende Regelung in Österreich denkbar?

SB, Geschwindigkeitsbeschränkung, 30 km-h, 30 Stundenkilometer.jpg SALZBURG24/Wurzer
Die flächendeckende Einführung einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h in Ortsgebieten sorgt in Österreich für gespaltene Meinungen. (SYMBOLBILD)

Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 in Ortsgebieten soll laut Experten die Verkehrssicherheit steigern. Neu ist diese Idee nicht, einige Städte in Europa haben dies bereits umgesetzt. Seit heute gilt diese Regelung zudem im ersten EU-Land. Wäre eine solche Maßnahme auch in Österreich denkbar? Wir haben nachgefragt.

Jeder vierte tödliche Verkehrsunfall in Österreich ist im Vorjahr im Ortsgebiet passiert. 81 Menschen kamen ums Leben, die Hälfte davon war älter als 70 Jahre. Das erklärt der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) am Montag in einer Aussendung. Die Reduktion der Höchstgeschwindigkeit auf maximal 30 km/h würde die Zahl der schweren Unfälle reduzieren und besonders die Sicherheit von Kindern und Älteren steigern. VCÖ-Experte Michael Schwendinger erläutert die Regelung in Spaniens Städten und Gemeinden. Dort gilt landesweit in Ortsgebieten ab heute Tempo 30: „Steht je Fahrtrichtung nur eine Spur zur Verfügung, gilt als Höchstgeschwindigkeit 30 km/h. Auf allen Straßen mit nur einer Fahrspur für beide Richtungen gilt Tempo 20.“

 

Tempo 30 soll Unfälle im Ortsgebiet verringern

Der Verkehrsclub veranschaulicht das an einem Beispiel: Der Anhalteweg (Reaktions- plus Bremsweg) eines Autos bei Tempo 30 liege bei elf Metern. Bei Tempo 50 würde sich dieser auf 24 Meter erhöhen und wäre damit mehr als doppelt so lang. Nach elf Metern habe das Auto dann noch immer eine Geschwindigkeit von fast 50 km/h. Werde ein Fußgänger mit diesem Tempo angefahren, sei das Risiko schwerster oder sogar tödlicher Verletzungen extrem hoch. Deshalb fordert der VCÖ Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Ortsgebieten. 50 km/h sollten nur dort gelten, wo es aus Sicht der Verkehrssicherheit zu rechtfertigen sei. "Damit sind etwa Straßen außerhalb von Wohngebieten oder gewisse Aus- und Einfahrten in Stadtgebiete gemeint", stellt Pressesprecher Christian Gratzer im Interview mit SALZBURG24 klar.

 

Individuelle Bewertung der Sicherheit nötig

Der ARBÖ lehnt eine flächendeckende Einführung des 30ers in Österreich hingegen ab. Es käme mehr auf die individuelle Bewertung der Straßensituation an. „Sinn macht das überall dort, wo sich Kindergärten und Schulen befinden, wo viel Bewegung herrscht oder sich auch Radfahrer mit Autos die Straße teilen“ sagt Pressesprecherin Renate Eschenlohr im Gespräch mit S24. Das gelte auch dann, wenn Hausausfahrten direkt an die Straße grenzen würden, wie es in Salzburg zum Beispiel in der Siezenheimer Straße der Fall sei.

Problem für öffentlichen Verkehr?

An anderen Stellen sei Tempo 30 gerade für den öffentlichen Verkehr aber nicht förderlich: „Nicht überall in Salzburg gibt es eigene Busspuren. Wenn dann ein Bus hinter Autos mit 30 fahren muss, kann man schon darüber nachdenken, ob das den öffentlichen Verkehr nicht eher ausbremst.“

Schadstoff-Ausstoß steigt

Eschenlohr ergänzt, dass die Behörde außerdem ohnehin die Möglichkeit habe, die Geschwindigkeit im Ortsgebiet zugunsten der Verkehrssicherheit oder der Lärmreduktion gegebenenfalls zu reduzieren. Was das Thema Schadstoffe betrifft, so wirke sich Tempo 30 nicht automatisch positiv aus: „Wenn auf Straßen Schwellen eingebaut werden, erhöht sich der Schadstoffausstoß eher durch das ständige Bremsen und Gas geben, weil kein durchgängiger Verkehrsfluss gegeben ist.“

Auch der ÖAMTC sieht das ähnlich. Eine flächendeckende Verordnung von Tempo 30 müsse an die konkrete Situation in einer Stadt angepasst werden, erläutert Juristin Martina Schlegel-Lanz gegenüber S24. „Vor Schulen oder Bereichen, die von vielen Kindern bzw. Fußgängern genutzt werden, ist eine Temporeduktion jedenfalls sinnvoll, in reinen Wohngebieten ebenso. Öffentliche Verkehrsmittel müssen die Menschen schnell von A nach B bringen, um eine attraktive Alternative zu sein. Gleichzeitig muss aber auch ein zügiges Ein- und Ausfahren auf Hauptverkehrsadern mit dem Auto möglich sein", zieht die Juristin Bilanz.

Fehlende Akzeptanz

"Die Leute halten sich nur an Maßnahmen, wenn sie diese akzeptieren", weiß Unfallforscher Gerhard Kronreif. In einigen deutschen Städten seien etwa bereits Akzeptanzanalysen durchgeführt worden, die gezeigt hätten, dass die 30er-Regelung meist nicht gut ankomme. Neben der mangelnden Akzeptanz sieht Kronreif ein weiteres Problem: "Aus der Sicht eines Unfallforschers macht Tempo 30 in allen Orten und Städten keinen Sinn. Die meisten Ein- und Ausfahrtsschneisen sind sehr übersichtlich gestaltet. Das ist mit der Verkehrssicherheit nicht zu rechtfertigen."

Besonders Schwerfahrzeuge würden zudem bei 30 km/h mehr Emissionen erzeugen als bei 50 km/h. Grund dafür sei, dass die Motoren auf gewisse Geschwindigkeiten und Drehzahlen eingestellt seien, erklärt der Unfallforscher abschließend.

(Quelle: SALZBURG24)

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